07. März 2024 | Blog | Christine Rühling

Ergebnisse unseres NS-Raubgutprojekts da!

Wir haben unsere Nachforschungen zur Herkunft der 28 Handzeichnungen, die unter NS-Raubgutverdacht stehen, beendet. Die Zeichnungen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, zum Teil prominenten Künstlern zugeschrieben, waren zum Ende des Zweiten Weltkriegs ins Haus gekommen und gehören der Bibliothek nicht. Schon 1945 meldete der kommissarische Leiter der Bibliothek, Alfred Bergmann (1887-1975), die Zeichnungen als Verdachtsfälle an die Britische Militärregierung. Die Kunstwerke wurden seinerzeit in der Obhut der Bibliothek gelassen, bis sich ein rechtmäßiger Besitzer meldete oder ermitteln ließe. In einem vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten und von der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW) begleiteten Projekt konnten wir im vergangenen Jahr die Provenienz, also die Herkunft der Bilder, erforschen. Mehr zum Projekt: hier.

Nun liegen die Ergebnisse zu unserem Projekt vor. In mühsamer Detektivarbeit wertete Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin Isabelle Christiani lokale und überregionale Quellen und Archivbestände aus. Sie identifizierte Sammlerstempel auf zwei Zeichnungen: der eine verrät den Dresdner Christian Gotthold Crusius (1717-1783) als Besitzer. Im 19. Jahrhundert war das zweite Bild Teil der Sammlung der Pariser Kunstliebhaber Charles und Amédée-Paul-Émile Gasc. Am 14. März 1905 wurden alle Detmolder Bilder zusammen bei einer Auktion im Auktionshaus Rudolph Lepke in Berlin versteigert. Sie wurden von einer Person oder einer Institution namens „Greve“ gekauft; der Käufer ließ sich bisher nicht ermitteln. Sicher ist jedoch, dass die Zeichnungen seit 1905 bis 1945 zusammenblieben. Die Bilder müssen sich auch schon damals in den gleichen Passepartouts befunden haben, denn die Nummern im Auktionskatalog der Lepke-Versteigerung finden sich noch heute auf den Kartonagen. Bei der Auktion wurden zudem bereits die Künstler-Zuschreibungen angegeben, die heute bekannt sind.

Zwar bleibt damit weiter offen, wo die Bilder zwischen 1905 und 1945 waren und wie sie nach Detmold gelangt sind. Dennoch hat die Forschung auch über die Nazizeit und den seinerzeitigen Umgang mit Kulturgut neue Erkenntnisse gebracht, denn Christiani durchleuchtete Biographien und Beziehungsnetzwerke von möglichen Beteiligten (mehr dazu: hier) Die Erkenntnisse werden nun veröffentlicht. Vielleicht lösen wir dann das Rätsel um die Herkunft der Bilder noch. Die Projektergebnisse wird die Bibliothek außerdem nutzen, um weitere Bestände zu überprüfen, bei denen ein Verdacht auf unrechtmäßigen Entzug in der NS-Zeit besteht.


Schreiben Sie einen Kommentar