03. Juli 2023 | Blog | Joachim Eberhardt

Wem gehören die Bilder?

Nun beginnen wir mit unserem Forschungsprojekt zu 28 Handzeichnungen des 16.-18. Jahrhunderts, die wohl von bekannten Malern wie Tintoretto oder Veronese und anderen Berühmtheiten stammen. Auf die Stücke sind wir bei der Revision und Neuverpackung unserer Graphischen Sammlung aufmerksam geworden. Die Kunstwerke passen so gar nicht zu unserem Bestand und das hat uns neugierig gemacht. Erste Recherchen ergaben, dass die Landesbibliothek nicht Eigentümerin der Stücke ist. Die Blätter sind während des Zweiten Weltkriegs ins Haus gelangt, während der Amtszeit des Bibliotheksdirektors Eduard Wiegand. Wiegand war überzeugter Nationalsozialist und es ist bekannt, dass er keine Hemmungen hatte, beispielsweise Medien aus polizeilichen Beschlagnahmungen in die Sammlung der Landesbibliothek aufzunehmen.

Sein Nachfolger Alfred Bergmann, der  die Bibliothek nach 1945 kommissarisch leitete, ging von einer „dubiosen“ Herkunft der Bilder aus, vermutete etwa einen Raub aus französischen oder niederländischen Museen oder Privatsammlungen. Er meldete den Fund an die Britische Militärregierung, die entschied, dass die Stücke in der Landesbibliothek bleiben sollten, bis rechtmäßige Eigentümer:innen sich gemeldet haben. Dafür standen bereits 1945/46 die Karten schlecht, und auch bis heute ist über die Eigentümer:innen nichts bekannt.

Das will das zum 1. Juli 2023 gestartete Forschungsprojekt ändern. Es trägt den sperrigen Titel „Ermittlung der Provenienz von 28 Handzeichnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts unter Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug in der Lippischen Landesbibliothek“. Finanziell gefördert wird es vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und begleitet von der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW). Das Forschungsvorhaben wird zudem von der Französischen Botschaft (Außenstelle Berlin) in enger Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus Französischen Archiven unterstützt.

Mit Frau Isabelle Christiani konnten wir eine Kunsthistorikerin gewinnen, die bereits Erfahrung mit Provenienzforschung hat und in den nächsten sechs Monaten versuchen wird, mit detektivischem Spürsinn in Archiven und Museen die Herkunft der Bilder zu ermitteln. Erste Anlaufpunkte werden das Bibliotheksarchiv der Landesbibliothek und das Landsarchiv NRW, Abtl. OWL  sein – wir danken den Archivkolleg*innen für ihre freundliche Unterstützung! Im Anschluss sind – falls notwendig – weitere Forschungsreisen in überregionale und auch französische und niederländische Archive geplant.

Wir werden Sie über die Suche nach Geschichte und Eigentümer:innen der Bilder auf dem Laufenden halten!

Offizielle Presseerklärung (PDF)

Gefördert von:

Nachtrag 4.7.2023

Inzwischen haben wir alle Bilder online gestellt. Hier die Liste mit den Links auf die Bilder in unserer Bilddatenbank. Die Benennungen und Zuschreibungen entsprechen dem derzeitigen Kenntnisstand.


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