IV. „Ich stehe gerüstet für Alles“

Rheinische Jahre 1839-1844

Im Herbst 1839 zieht Freiligrath nach Unkel an den Rhein. Dort engagiert er sich für den Wiederaufbau des eingestürzten Bogens der Ruine Rolandseck.

Im Frühling 1840 lernt er die im Nachbarhaus als Erzieherin tätige Ida Melos kennen und heiratet sie 1841. Die Eheleute ziehen nach Darmstadt.

Im November des Jahres erscheint das Gedicht In Spanien, das den so genannten „Parteienstreit“ mit Georg Herwegh auslöst. Diese Auseinandersetzung findet große Beachtung in der Öffentlichkeit.

Freiligraht erhält im Frühjahr 1842 vom preußischen König eine Jahrespension von 300 Talern. Im März zieht er nach St. Goar um. Zahlreiche Freunde, Schriftsteller und Komponisten besuchen das gastfreundliche Dichterehepaar.

Seit 1843 hat Freiligrath wiederholt bei der Veröffentlichung seiner Gedichte Probleme mit der Zensur, was ihn letztlich motiviert, in seinen Gedichten verstärkt politisch Stellung zu beziehen.

Freiligrath zieht 1844 nach Assmannshausen. Dort stellt er im Mai das Manuskript Ein Glaubensbekenntniß fertig.

Bevor der Band erscheint, verzichtet Freiligrath auf die Pension des Königs, um sich politisch nicht zu kompromittieren.

68
Nonnenwerth, Rolandseck und Drachenfels, kolorierter Stahlstich, vor 1850
Album Nr. 23 Bl. 43
Aus dem Stammbuch der Mathilde von Meien, der jüngsten Tochter des Detmolder Regierungsrates Christian von Meien; mit handschriftlicher Widmung ihrer Cousine Lenchen, der Tochter ihres Bruders Julius, der mit seiner Familie in Koblenz lebte: „Zur Erinnerung an Deine Dich liebende Cousine Lenchen Meien, Koblenz den 16ten Oktober 1850.“

69
Ferdinand Freiligrath, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an Franziska Schwiter in Köln, dat. Strolchenfels [d. i. Unkel], 11. Januar 1840. – 1 Dbl., 3 S.
FrS 114

„… Wie so ganz theil’ ich Ihren Schmerz um Rolandseck! Doch kann ich Ihnen zu Ihrem Troste melden, daß nicht die ganze Ruine eingestürzt ist, sondern nur ein Theil derselben, der Schwibbogen nämlich oben in der Mitte. Die beiden Strebepfeiler zu beiden Seiten stehen noch aufrecht da, wie folgt: [folgt die Federzeichnung] …“

Weiterhin kündigt F. die Veröffentlichung seines Gedichts „Rolandseck“ mit einem Spendenaufruf zur Wiederherstellung des Bauwerks in der „Kölnischen Zeitung“ an; er bittet seine Freundin, sich daran zu beteiligen.

70
Rolands-Album : zum Besten der Ruine, hrsg. von Ferdinand Freiligrath. – Köln: DuMont-Schauberg, 1840. – XX, 92 S.
FA 14.1840

71
Rheinisches Jahrbuch für Kunst und Poesie. – Hrsg. von Ferdinand Freiligrath, Christian Matzerath und Karl Simrock. – Jg. 1-2 (1840-1841)
FA 13.1840(1-2)
Das gemeinsam mit dem Dichter und Philologen Simrock und dem Literaten Matzerath herausgegebene literarische Jahrbuch kam aufgrund widriger Umstände nicht über zwei Jahrgänge hinaus. Freiligrath war im Jahrgang 1 mit einem Auszug aus seiner Shakespeare-Übersetzung „Venus und Adonis“, im Jahrgang 2 mit sieben eigenen Gedichten und Übersetzungen vertreten. Weitere Beiträger waren u. a. Immermann, Schücking, Ganzhorn, Müller von Königswinter, Kinkel, Smets, Pfarrius und die Herausgeber Simrock und Matzerath selbst.

72
Ferdinand Freiligrath, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an den Gymnasiallehrer Karl Christian Beltz in Elberfeld, dat. Arx speculationis i. e. Schaumburg a. d. Weser, im Lande Hessen, 2. Juni 1839. – 1 Dbl., 2 S., Adresse u. Siegel auf S. 4
FrS 529
Poetische Beschreibung von Freiligraths Reise durch das Weserbergland, die er mit dem Maler Carl Schlickum für „Das malerische und romantische Westphalen“ im Sommer 1839 unternommen hat:

„Lieber Beltz! Vivat die Strolcherei! – Münster, Osnabrück u. Minden liegen hinter mir, die Fläche ist durchschritten, u. das Gebirge, kühn u. prächtig geklüftet, hat mich aufgenommen in seinen wiederhallenden Schooß. – Vorigen Mittwoch sah ich’s vom Thurm des Wittekindberges, der jenseitigen Pfortensäule, bei brennender Sonnenhitze u. fern sich aufrollenden Gewittern, langgestreckt unter mir liegen, wie ein ermattet hingesunkenes Roß. – Seine Laubflanken zitterten vor Erschöpfung – wär’ ich ein Gigante gewesen, ich hätt’ es bestiegen u. in die Nordsee zur Schwemme geritten! – …“

73
Ferdinand Freiligrath, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an seinen Freund Levin Schücking in Münster, dat. [Barmen], 12. August 1839. – 1 Dbl., 3 S., Adresse auf S. 4
FrS 338
Auf seiner Wanderung durch Westfalen hatte Freiligrath im Juli 1839 auch Bielefeld und Detmold besucht; gern erinnerte er sich an das letzte Treffen mit Schücking auf Gut Niederbarkhausen, gleichfalls an „die närrische Viertelstunde bei der Frau Grabbe“. In Detmold war man bereit, ihm die Leitung der Fürstlichen Landesbibliothek zu übertragen; das lehnte er allerdings ab:

„ … Die Detmolder Bibliothekarstelle hat man mir angetragen. Der Geh. Kammerrat Rohdewald hat deßwegen eine Conferenz mit mir gehabt. Ich schlug das Anerbieten zuerst rund aus, u. motivirte mein Ablehnen offen durch die Mittheilung, daß Du auf die Stelle reflectirtest (…) Ich schlage mich sonst schon durch, u. gehe zuletzt doch noch lieber irgend ein, meine äußere Stellung sicherndes u. mich in der Wahl von Wohnort u. Lebensweise nicht beschränkendes Engagement mit Cotta ein, als daß ich mich durch eine Duodezresidenz u. ihre kleinlichen Verhältnisse binden lasse. – Hübsch ist’s freilich in dem Detmold, u. ordentliche Kerls sind auch drin, aber – …“

74, 75
Freiligrath, Ferdinand, und Levin Schücking: Das malerischen und romantische Westphalen : mit 30 Stahlstichen. – Barmen: Langewiesche; Leipzig: Volckmar, 1841. – 236 S.
FA 16.1842 und K358
Auf Anregung des Verlegers Langewiesche, in dessen Haus Freiligrath in Barmen eine Wohnung gemietet hatte, nahm Freiligrath im Sommer voller Enthusiasmus die Arbeit an dem projektierten Band auf, der die für Westfalen noch vorhandene Lücke in der Reihe „Das das malerische und romantische Deutschland“ schließen sollte, und Karl Simrock im Begriff stand, den entsprechenden Band für das Rheinland vorzulegen. Nach kurzer Zeit verlor Freiligrath das Interesse an dem Vorhaben und konnte sich glücklich schätzen, in Levin Schücking einen Mitherausgeber gewinnen zu können, der sich der Sache tatkräftig annahm und sie gemeinsam mit dem Maler Carl Schlickum zu Ende führte. Freiligrath selbst steuerte nur das einleitende Gedicht „Freistuhl zu Dortmund“ bei. 1872 erschien eine von Schücking redigierte und umgearbeitete Auflage; eine Neubearbeitung und zahlreiche Nachdrucke folgten bis in jüngere Zeit.

LEVIN SCHÜCKING (1814-1883), Schriftsteller und Publizist

Schücking kam nach abgeschlossenem Jurastudium 1837 nach Münster, wo er im Kreis um Elise Rüdiger und Annette von Droste-Hülshoff verkehrte, anschließend arbeitete er mit an Gutzkows „Telegraph für Deutschland“ und am „Morgenblatt für gebildete Leser“. Seit Herbst 1843 war er Redakteur bei der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ und übernahm 1845 die Leitung des „Feuilletons der Kölnischen Zeitung“.

Freiligrath lernte Schücking im Frühjahr 1839 persönlich auf Gut Niederbarkhausen bei Friedrich Ludwig Tenge kennen. Er bat ihn um Unterstützung beim geplanten „Westfalenbuch“, dessen Herausgabe schließlich von Schücking übernommen wurde. Der Briefwechsel mit Schücking ist mit 72 überlieferten Briefen Freiligraths relativ umfangreich und reicht vom ersten Kennenlernen im April 1839 bis zu Freiligraths Lebensende. Über 60 Briefe befinden sich im Besitz der Lippischen Landesbibliothek. Allerdings ruhte das freundschaftliche Verhältnis über zehn Jahre. Anlass gaben Verstimmungen um zwei nachteilige Artikel über Freiligrath in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ und später in der „Kölnischen Zeitung“, für deren Aufnahme jeweils Schücking verantwortlich zeichnete. Darüber hinaus konnte der eher bürgerlich Liberale die politische Neuorientierung des Dichters, besonders seit 1846 im Umfeld der sechs „Ça ira“-Gedichte, nicht nachvollziehen und ging auf Distanz. Der Briefwechsel und die freundschaftliche Verbindung wurden namentlich nach einem Besuch Schückings in London 1857 wieder aufgenommen und endete erst mit Freiligraths Tod.

76
LEVIN SCHÜCKING, Stahlstich, nach einem Originalgemälde gestochen von AUGUST WEGER, Leipzig, Zehl, um 1850
FrS B 123

77
FERDINAND FREILIGRATH, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an seinen Freund LEVIN SCHÜCKING, dat. Unkel, den 7. September 1840. – 1 Dbl., 4 S.
FrS 345

„… – Dann das Cölner Verhältniß [mit der verheirateten Franziska Schwiter], wie leidenschaftlich auch begonnen u. fortgeführt, muß ich ebenfalls abbrechen. Die Sache ist auf eine zu skandalöse Weise im Munde des Publikums, ihre u. meine Ehre erlauben es nicht länger (…), kurz: es geht nicht anders, ich muß mich zurückziehn! – Um so mehr: – als Ida [Melos] seit drei Wochen meine Braut ist!
Kerl, ich bin ungeheuer glücklich! In mir jubelt’s u. singt’s u. jauchzt es! Solch ein Mädchen gibt’s nicht mehr, solch ein gutes, schönes, liebes, gescheidtes, herziges! Ich bin wie im Himmel! – Komm bald, daß ich Dir alles erzähle! Denn schreiben mag der teufel Alles! Es ist ein ganzer Roman! Du wirst Dein blaues Wunder hören! …“

78
FERDINAND FREILIGRATH, „O lieb, solang du lieben kannst“, eigenhänd. Gedichtautograph. – 1 Bl., 1 ¼ S.
FrS 178
Dieses zu den populärsten Gedichten Freiligraths zählende Werk entstand vermutlich im Herbst 1829 im Angesicht des Todes seines Vaters am 23. November. Die Veröffentlichung erfolgte wohl aus Gründen der Pietät gegenüber dem geliebten Menschen erst im Jahre 1841 im „Morgenblatt für gebildete Leser“. Bisher sind mindestens 58 Vertonungen des Gedichts, darunter auch jene von Franz Liszt 1845 komponierte Redaktion, bekannt geworden. – Die Lippische Landesbibliothek verdankt das Autograph einer Schenkung von Freiligraths jüngerer Tochter Louise Wiens im Jahre 1910.

79
FERDINAND FREILIGRATH, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an seinen Freund, den Kaufmann AUGUST BOELLING in Barmen, dat. St. Goar, 20 April 1843. – 2 Dbll., 7 S., Adresse auf S. 8
FrS 556
Freiligrath teilt dem Freund mit, dass sein Immermann-Gedenkbuch gerade jetzt erschienen ist. Ständig in Geldnöten dankt er dem Freund für die Leihe von 300 Talern. Beklagt sich über den Verleger Langewiesche, der Teile seines Vorschusses für das „Malerische und romantische Westphalen“ zurückerstattet haben will, da Freiligrath vertragsbrüchig geworden sei; er lädt Boelling zu einem Besuch in St. Goar ein und dankt für dessen köstliche Beschreibung eines Frauenabenteuers in Köln. Zur Zeit sucht er ein Zimmer für Emmanuel Geibel und für Levin Schücking, die beide den Sommer am Rhein verbringen wollen.

80
FERDINAND FREILIGRATH, „Neu-Strolchenfels“ [d. i. Unkel], eigenhändiges Gedichtautograph mit Unterschrift, dat. 2. Juni 1840
CARL SCHLICKUM, „Siebengebirge“, Blick von Süden auf Oberwinter, Nonnenwerth, Rolandseck und Drachenfels, darunter „Unkel“, zwei Aquarelle, 1840
FrS 325 (2. Stammbuch Ferdinand Freiligraths), S. 10-11
Das Gedicht „Neu-Strolchenfels“ wurde zu Freiligraths Lebzeiten nicht veröffentlicht und fehlt auch in den einschlägigen Werkausgaben. 1910 publizierte seine Tochter Louise Wiens die Verse erstmalig in der „Deutschen Rundschau 37 (1910),1. Okt.“ Mit dem Provenienzvermerk „Aus Ida Melos Album“.

81
St. Goar et ruines de la forteresse Rheinfels, Stahlstich, gezeichnet von VICTOR MARIE FÉLIX DANVIN, gestochen von SAMUEL JEAN JOSEPH CHOLET, 1838
FrS B 81/5

82
Darmstadt, Rathaus und Teil des Marktplatz, kolorierter Stahlstich, gezeichnet von JOHANN FRIEDRICH LANGE, gestochen von FRANZ ABRESCH, Darmstadt, um 1845
FrS B 131

83
Assmanshausen, kolorierter Stahlstich, gezeichnet von LUDWIG LANGE, gestochen von M. Kurz, Darmstadt, Lange, um 1850
FrS B 120

84
Ferdinand Freiligrath und Ida Melos (?), Bleistiftzeichnung von CARL SCHLICKUM, 1841/43
FrS B 2a

Der Parteienstreit zwischen Ferdinand Freiligrath und Georg Herwegh

Freiligraths Gedicht „Aus Spanien“, das er zuerst im „Morgenblatt für gebildete Leser“ am 30. November 1841 veröffentlichte, enthält in der neunten Strophe die Verse:

„Der Dichter steht auf einer höhern Warte,
Als auf den Zinnen der Partei.“

Sie lösen in der Folge den so genannten „Parteienstreit“ mit dem politischen Dichter Georg Herwegh aus. Herwegh bezieht Gegenposition mit dem Gedicht „Die Partei“, in dem es u. a. heißt:

„Partei! Partei! Wer sollte sie nicht nehmen,
Die noch die Mutter aller Siege war.“

Beide Dichter reagierten in der Folgezeit wiederholt mit Gedichten aufeinander, die in der literaturinteressierten Öffentlichkeit gespannt verfolgt wurden. Für Freiligrath, der aufgrund der Literaturfehde gezwungen war, eindeutigere Position zu beziehen, bedeutet die Auseinandersetzung mit Herwegh das Schlüsselerlebnis auf dem Weg zu seiner Entwicklung zum politischen Lyriker.

85
Georg Herwegh, Stahlstich, undatiert und unbezeichnet
FrS B 139

86
August Heinrich Hoffmann (von Fallersleben), Halbporträt von GEORG WITTEMANN, Öl auf Leinwand, 1847
FrS B 157

87
HOFFMANN VON FALLERSLEBEN, AUGUST HEINRICH: Unpolitische Lieder. – Tle. 1-2. – 2. Aufl. – Hamburg: Hoffmann & Campe, 1840-1841
A 798b.2.5
Hoffmann von Fallersleben (1798-1874), Professor für Germanistik in Breslau. Unter großem publizistischem Erfolg prangerte er in seinen „Unpolitische Liedern“ die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland an. Im August 1841 dichtete er auf Helgoland das „Lied der Deutschen“. Auf Betreiben des preußischen Kultusministeriums wurde Hoffmann aufgrund seiner politisch brisanten Gedichte in Breslau entlassen und verbrachte ruhelose Jahre an ständig wechselnden Orten. Bei seiner Reise an den Rhein traf er mehrfach mit Freiligrath zusammen.

88
Heinrich Heine, Radierung von EDUARD MANDEL, nach Zeichnung von FRANZ KUGLER, Berlin, Schroeder, 1854
GA S 9/B 232
Mit faksimiliertem Autograph Heines: „So sah ich aus, heute Morgen, den 6. April 1829
H. Heine“

89
HEINE, HEINRICH: Deutschland : ein Wintermährchen. – Hamburg: Hoffmann & Campe, 1844. – XII, 143 S.
D 943ega
Im Caput XI, das von der Reisestation im Teutoburger Wald handelt, macht sich Heine über Freiligrath lustig: „Der Freiligrath dichtete ohne Reim / Wie weiland / Flaccius Horatius,“ (5, V. 3-4), „In Reimen dichtet Freiligrath / Ist kein Horaz geworden“ (14, V. 3-4)

90
HOFFMANN VON FALLERSLEBEN, AUGUST HEINRICH: Mein Leben : Aufzeichnungen und Erinnerungen. – Bd. 4 – Hannover: Rümpler, 1868. – 390 S.
A 798b.6.5
Aufgeschlagen S. 68/69: Hoffmann berichtet von dem gemeinsamen Augustabend 1843 mit Freiligrath im Koblenzer Restaurant „Zum Riesen“, das letzteren zu dem Gedicht „An Hoffmann von Fallersleben“ animiert und das in die Anthologie „Ein Glaubensbekenntniß“ Aufnahme gefunden hat. Dass Freiligrath unter dem besonderen Einfluss Hoffmanns sich zum politischen Dichter gewandelt hat, wurde von beiden zeitlebens bestritten, dennoch blieb Hoffmann nicht ohne Wirkung in der politischen Entwicklung des Dichters.

91
HERWEGH, GEORG: Gedichte eines Lebendigen : mit einer Dedikation an den Verstorbenen. – Zürich, Winterthur: Verl. d. literar. Comptoirs, 1841. – 171 S.
A 817a.2.3
Aufgeschlagen S. 61: „Die Partei. An Ferdinand Freiligrath“

92
HOFFMANN VON FALLERSLEBEN, AUGUST HEINRICH: „Kein Österreich, kein Preußen mehr“, eigenhändiges Gedichtautograph mit Widmung „für Freiligrath“ und Unterschrift auf der Rückseite zweier Champagneretiketten, Koblenz, 17. August 1843, „2 Uhr 5 ½ Minuten“
FrS 322, S. 5-6
Als Albumblätter eingefügt in Ferdinand Freiligraths 3. Stammbuch.

93
FERDINAND FREILIGRATH, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an Levin Schücking in Augsburg, dat. St, Goar, 3. Februar 1844. – 2 Bll., 1 Dbl., 8 S.
FrS 369
Freiligrath befindet sich in einem wahren Schaffensrausch: neben einem Band mit Übersetzungen von Felicia Hemans will er einen Band politischer Lyrik herausbringen, was für großes Aufsehen sorgen wird. In jüngster Zeit habe er einen politischen Wandel zum linken Oppositionellen durch die Zeitereignisse und eigenes Nachdenken durchlebt. Er lobt Herweghs „Gedichte eines Lebendigen“, ihn werde er aber nicht kopieren. Über Herweghs Spottgedicht über ihn und Geibel „Duett der Pensionierten“ ist er eher amüsiert. Seine eigenen Gedichte entstehen jetzt wie in einem künstlerischen Trance.

94
Ferdinand Freiligrath, nach der Natur gezeichnet und lithographiert von CARL HÜBNER, Frankfurt/Main. P. C. Stern, 1839
FrS B 3

95
Ferdinand Freiligrath, Stahlstich mit faksimilierter Unterschrift, gezeichnet von JOHANN HEINRICH SCHRAMM, gestochen von CARL AUGUST SCHWERDTGEBURTH, 1840
FrS B 5

96
Ferdinand Freiligrath, Bleistiftzeichnung von CARL TROST, um 1848/49
FrS B 2

97
Ferdinand Freiligrath, Lithographie mit Strophe 7 des Gedichts „Trotz alledem! (Variiert)“ und faksimilierter Unterschrift, nach einer Zeichnung von CARL HARTMANN, lithographiert von AUGUST DIRCKS, Düsseldorf, Kampmann, 1848
FrS B 10

Ferdinand Freiligrath: Ein Glaubensbekenntniß, 1844

Freiligrath erhielt Anfang 1842 auf Vermittlung durch Alexander von Humboldt eine Jahrespension des preußischen Königs, was ihn in eine günstigere finanzielle Lage versetzte.

Seit 1843 hatte er wiederholt bei der Veröffentlichung einzelner Gedichte im Feuilleton der „Kölnischen Zeitung“ Probleme mit der staatlichen Zensur: einzelne Strophen seiner Gedichte werden gestrichen, die Veröffentlichung ganzer Gedichte unterbunden. Das veranlasst ihn, eindeutiger politisch Stellung zu beziehen, wenngleich er es gegenüber eher konservativ eingestellten Freunden vermeidet, seine politisch veränderte Position offensiv zu vertreten. Im März 1844, ein halbes Jahr bevor das „Glaubensbekenntniß“ erscheint, verzichtet Freiligrath auf die Pension des preußischen Königs, um sich politisch nicht zu kompromittieren.

Die Sammlung Zeitgedichte versah er mit dem programmatischen Titel „Ein Glaubensbekenntniß“. Die Anthologie erschien im August 1844 in Mainz im Verlag des Victor von Zabern; dort, im Großherzogtum Hessen mussten Bücher mit einem Umfang von mehr als 320 Seiten (=20 Bogen) der Vorzensur nicht vorgelegt werden, wie dies in Preußen der Fall war. Um diesen Umfang zu erreichen, wurde das Buch sehr „luftig“ gedruckt: die Titel der Gedichte wurden z. B. auf einer separaten Seite mit folgender Leerseite vorangestellt. Die Erstauflage betrug ungewöhnliche 8.000 Exemplare, die forciert in den Buchhandel zum schnellen Absatz ging. Verleger hatte die Buchhändlerrechnungen mit dem Hinweis versehen, das Buch umgehend zu verkaufen. Diese Maßnahme unterstützte die erklärte Absicht, möglichst viele Exemplare in sehr kurzem Zeitraum absetzen zu können, bevor eine Beschlagnahme durch die Polizei nach einem zu erwartenden Verbot greifen konnte. Dass diese Befürchtung zu Recht bestand, zeigte sich Anfang Oktober 1844, als kurz nacheinander Verbote in den Städten Köln und Koblenz erfolgten und schließlich auch der preußische Innenminister von Arnim die vorläufige Beschlagnahme verfügte. Dem Verbot in Preußen folgten in kurzen Abständen Verbote in Bayern, Hannover, Frankfurt, Hessen-Darmstadt, Hessen-Nassau und Hamburg, Sachsen Weimar, Wien, Württemberg, Sachsen, Hessen-Kassel und Österreich.

In seinem Brief an Levin Schücking vom 11. Dezember 1844 äußert sich Freiligrath begeistert über die „sensationelle Resonanz“ und den „großen Verkaufserfolg“ trotz des Verbots und hebt ausdrücklich die positive ästhetische Würdigung in England hervor.

98
FERDINAND FREILIGRATH, „Aus Spanien“, eigenhändiges Gedichtautograph, (Vorgetragen von Herrn Baison in der dritten Soireé des Frankfurter Museums, 19. November 1841). – 2 Bll., 1 Dbl., 7 S.
FrS 183
Freiligraths Gedicht „Aus Spanien“ wurde erstmals im „Morgenblatt für gebildete Leser“, 35 (1841), Nr. 286 vom 30. Nov., publiziert. Wenige Tage zuvor erfolgte der öffentliche Vortrag nach dem vorliegenden Autograph in Frankfurt/Main. – Das Gedicht enthält in der neunten Strophe die Verse: „Der Dichter steht auf einer höhern Warte, / Als auf den Zinnen der Partei.“

99, 100
Ferdinand Freiligrath: Ein Glaubensbekenntniß. Zeitgedichte. – Mainz: von Zaber, 1844. – XVI, 319 [325] S.
FA 6.1844 (2 Exemplare)

2. Exemplar aufgeschlagen S. 6: „Aus Spanien“

101
Ferdinand Freiligrath, eigenhändiger Brief mit Unterschrift an seinen Freund Levin Schücking in Augsburg, dat. Brüssel, 11. Dezember 1844. – 3 Dbll., 12 S.
FrS 370
Freiligraths Buch „Ein Glaubensbekenntniß“ ist erschienen und hat eine sensationelle Resonanz; die 8.000 Exemplare werden bald vergriffen sein. Der Brief kündet von den Meinungsverschiedenheiten mit Schücking, vor allem über dessen Ansicht, Freiligrath habe sich nur unter fremdem Einfluss (z. B. Hoffmann von Fallerslebens) zum politisch-oppositionellen Dichter gewandelt. Vielmehr sei dies ein Prozess eigener Einsicht gewesen. Eine Rückkehr nach Deutschland ist für Freiligrath jetzt nicht möglich.

„… Es freut mich herzlich, daß meine jüngsten Gedichte dem Princip nach Deinen Beifall haben. Daß Du dagegen die Rückgabe der Pension p. p. missbilligst, beweis’t mir nur, daß wir noch lange nicht auf Einem u. demselben Standpunkte stehen, daß Du den meinigen überhaupt verkennst u. daß die Couleur Deiner Oppositionsgedanken zur Zeit noch eine sehr matte u. vorsichtige ist. Wäre sie das nicht, so würdest Du einsehen, wie ich einzig so u. nicht anders handeln konnte u. musste! …“

Weiter mit Teil 5: