Am nächsten Donnerstag (20. Januar) beginnt im Vortragssaal um 19.30 Uhr die diesjährige Lesereihe historischer Reiseberichte, jeweils vorgetragen von Frank Meier. Das Motto der Lesereihe ist: „Die Fremde. Inspiration und Zuflucht“.
Die erste Lesung gibt Elias Canettis Reise-Miniaturen „Die Stimmen von Marrakesch“ Gehör. Die kleinen Episoden aus dem Alltag der marokkanischen Stadt sind sehr eindringlich, da der Literaturnobelpreisträger von 1981 die exotischen Reiseeindrücke mit tiefer greifenden Überlegungen verbindet: Ein geprügelter, abgemagerter Esel wird zum Abbild der gequälten Kreatur im Allgemeinen, und in der dennoch vorhandenen Lust, die Canetti an dem Tier bemerkt, sieht er die Beharrlichkeit des Lebenswillens im Elend.
Persönlich gehalten ist die Beschreibung der Mellah, des jüdischen Viertels. Die Gemeinden Marokkos entstammen dem sephardischen Judentum, wie Canetti selbst, dem in der Mellah ein sprachlich schwer fassbares Gefühl der Heimkehr widerfährt. Immer wieder geht es um die Frage, inwieweit sich Reiseerlebnisse erzählen lassen: „Eine wunderbar leuchtende, schwerflüssige Substanz bleibt in mir zurück und spottet der Worte.“
Was sich – bei aller Skepsis – gut erzählen lässt, können die Besucher bei Wein, Kerzenschein und Gebäck im abgedunkelten Vortragsraum der Landesbibliothek genießen. Zwei musikalisch unterlegte Bildstrecken runden den Abend mit Frank Meier ab.
Der Eintritt beträgt 8 Euro, inkl. Wein und Gebäck. Wegen begrenzter Teilnehmerzahl bitten wir um Voranmeldung unter Tel. 05231/926600 oder per Email.
[Update 22.1.]: Der Landeszeitung hat’s gefallen. (Update 25.4.2022: Link nicht mehr online)