12. März 2009 | Blog | Julia Hiller von Gaertringen

Wir laden ein: Südamerika in den 1680ern. Ein deutscher Missionar im Kampf gegen Sklavenjäger

Deutsche Konquistadoren und Missionare in Südamerika

Die brutale Eroberung Südamerikas wird gemeinhin mit den Namen spanischer Konquistadoren wie Hernan Cortes oder Francisco Pizarro in Verbindung gebracht. Weniger bekannt ist, dass auch eine ganze Reihe deutscher Glücksritter an der Unterwerfung der Eingeborenen und der Suche nach der legendären Goldstadt Eldorado beteiligt waren. Oft änderten sie ihre Namen –aus Stanzel wurde Estancel, aus Sedlmeyer Sotomayor-, um im Tross der spanischen Expeditionen nicht als Fremdlinge zu wirken. Außerdem hielten sich deutsche Jesuitenpater in Südamerika auf und leisteten als Missionare ihren Beitrag zur Unterwerfung der indigenen Kulturen. 
Die Lesung am 26. März wird sich beiden Phänomenen widmen. Im ersten Teil werden Passagen aus den Lebenserinnerungen des Paters Samuel Fritz (1654-1725) vorgelesen. Im zweiten Teil geht es um den Reisebericht des Konquistadoren Nikolaus Federmann (1506-1542) aus Ulm. 

Samuel Fritz: Ein Böhme als Spielball von Tropenfieber und Weltpolitik

Der böhmische Jesuit Samuel Fritz brach mit 30 Jahren nur mit einem Holzkreuz bewaffnet auf, um in den noch unbekannten Gebieten im westlichen Amazonasgebiet Missionsarbeit zu leisten. Sein Werk gedieh; vielseitig, wie er war, unterrichtet er die Indios in verschiedenen Handwerken, erbaute mit ihnen gemeinsam eine Kirche im Dschungel, fungierte als Heilkundiger, wurde als übernatürliches Wesen verehrt und zeichnete nebenbei die erste brauchbare Karte des Amazonas. All dies geschah unter widrigsten Bedingungen. Wochenlang vegetierte er fieberkrank allein auf einer Art Hausboot, hungerte und magerte bis aufs Skelett ab. 

Die größte Bedrohung widerfuhr ihm jedoch durch andere Europäer, als seine Mission zum Spielball spanisch-portugiesischer Konflikte um die Vorherrschaft in der Neuen Welt geriet. Der Kampf begann mit einem Streitgespräch zwischen Fritz und einem portugiesischen Sklavenjäger und endete mit einem militärischen Feldzug, bei dem sich Samuel Fritz vorübergehend mit der ihm fremden und unangenehmen Rolle als Befehlshaber über 60 spanische Soldaten arrangieren musste. Sein authentischer Bericht liest sich wie ein Abenteuerroman und ist zugleich eine überaus wertvolle historische Quelle für die Endphase der Unterwerfung Südamerikas.

Nikolaus Federmann: Aufstieg und Untergang eines Konquistadoren

Der zweite Teil der Lesung führt zurück ins 16. Jahrhundert. Kaiser Karl V, zugleich König von Spanien, gewährte dem Augsburger Handelshaus Welser die zeitlich befristete Herrschaft über die Provinz Venezuela. Nikolaus Federmann aus Ulm, ein skrupelloser Glücksritter, witterte in diesem Rahmen die Chance seines Lebens. Im Auftrag der Welser überführte er europäische Bergarbeiter nach Südamerika. Da die Hoffnung auf den Abbau von Gold jedoch enttäuscht wurde, überließ er sie ihrem Schicksal und organisierte stattdessen eine Expedition ins Landesinnere. Er unterwarf Dorf um Dorf, brandschatzte und betrieb eine zynisch kommentierte „Schwert-oder-Taufe“-Missionierung. 

Sein Bericht schildert die Art und Weise der Unterwerfung recht offen, weil Federmann Brutalität als Beleg seiner Kompetenz als Eroberer betrachtete. Zeitweilig war er Gouverneur von Venezuela, doch schließlich wurde ihm in Europa der Prozess gemacht, und er starb mit 36 Jahren in einem spanischen Gefängnis.

Die Lesereihe Abenteurer, Forscherinnen und Entdecker

Jede Veranstaltung legt den Schwerpunkt auf eine andere Region der Welt und beschäftigt sich mit einer anderen Epoche des Reisens. Die Zuhörer werden dennoch Lesung für Lesung auf Gemeinsamkeiten in den jeweiligen Texten stoßen.

Veranstaltungsort ist der Vortragssaal der Lippischen Landesbibliothek. Der Eintritt beträgt 8 €, inkl. Wein und Imbiss. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Bitte melden Sie sich an unter 05231/92660-0 oder unter llbmail.


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