25. November 2014 | Blog | Joachim Eberhardt

Unbekannter Grabbe-Brief erworben!

Am 28. September 1831 schrieb Christian Dietrich Grabbe aus Detmold an seinen Freund und Verleger Georg Ferdinand Kettembeil in Frankfurt, dass er begonnen habe, „ernstlich“ die polnische Geschichte zu studieren. Den bisher unbekannten Brief konnte die Lippische Landesbibliothek aus dem Lagerkatalog des Auktionshauses Stargardt mit Unterstützung der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Lippischen Landesbibliothek erwerben.

Der Brief ist Teil einer Serie von Schreiben an Kettembeil. Im Juni 1831 hatte Grabbe seinem Verleger gemeldet, er sei auf der Suche nach theatralischen Stoffen; Kettembeil hatte den polnischen Nationalhelden Tadeusz Kościuszko seiner Aufmerksamkeit empfohlen, der 1794 den russischen Truppen unterlag. Grabbe hielt Kościuszko für einen „bornirten Kopf“, begann aber doch mit der Lektüre, nicht zuletzt, da der Stoff durch den Novemberaufstand in Polen 1830/31 europäische Aktualität gewonnen hatte. Im jüngst erworbenen Brief kündigt er an, das Drama in drei Monaten geschrieben zu haben. Dabei hatte gerade Ende September 1831 seine Schaffenskraft einen schweren Schlag erlitten, als Henriette Meyer die Verlobung mit ihm gelöst hatte und aus Detmold abgereist war. Das rasch dahingeworfene, einseitige Schreiben lässt diesen Zusammenhang nur ahnen in Grabbes Hinweis auf seine angegriffene Gesundheit: „das Trauerspiel ‚Kosciuzko‘ soll nicht übel werden, wenn meine Gesundheit es erlaubt“.

Die Neuerwerbung trägt die Signatur GA Ms 634. Die Lippische Landesbibliothek besitzt neben zahlreichen Werkmanuskripten rund 260 Briefe von Grabbes Hand. Grabbes Werk ist vollständig online zugänglich im Grabbe-Portal der Landesbibliothek www.grabbe-portal.de.

Daten:
Grabbe, Christian Dietrich/ [Autograph]
Kettembeil, Georg Ferdinand/ [Empfänger]
1831 Eigenh. Brief m.U. an „Lieber Kettembeil“
Detm[old] d. 28. Sept. 1831 1 Bl. (1 beschr. S.). – 32,8:20,8 cm
Beschädigt: kleines Loch oberhalb des Textes. – Katalog: Abb. auf S. 37. – Nicht in Akademie-Ausgabe.
GAMs 634

„Dank für Deinen Brief. Die polnische Geschichte studire ich ernstlich und das Trauerspiel ‚Kosciuszko‘ soll nicht übel werden, wenn meine Gesundheit es erlaubt. Daß die Stupizkois nach Warschau kamen, wußte ich, und was die Polacken jetzt noch von Ihrer schändlich aus der Hauptstadt geflüchteten Armee und deren Thaten in Plock sprechen, ist dummes Zeug. Der Geist dieses Volkes kommt mir vor, wie der eines tollen Balbiergesellen. Alles – nur kein Verstand, keine Erkenntniß, keine Festigkeit. Dein Grabbe. Bitte, antworte bald, Kosc. ist in 3 Monaten fertig.“


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