04. April 2006 | Blog | Julia Hiller von Gaertringen

Sensationelle Freiligrath-Autographen

Bei der Berliner Auktion des Auktionshauses Stargardt im Februar 2006 konnte die Lippische Landesbibliothek ein Konvolut Briefe Freiligraths aus der Revolutionszeit erwerben. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer hat den Kauf mit einer namhaften Summe unterstützt. Es handelt sich um folgende Briefe:

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Heinrich Zulauff. – Köln, 31. Mai 1849. – 1 Bl. (1 beschr. S.). – Adressat und Siegelspuren auf der Rückseite. – Alle Ränder eingerissen, Textverlust am unteren Rand.

Freiligrath berichtet dem Freund Heinrich Zulauff, Kaufmann in Barmen und politischer Mitkämpfer, von seiner Flucht nach Amsterdam am 20. Mai 1849 sowie seiner Ausweisung aus Holland und Rückkehr nach Köln. Der Brief betrifft hauptsächlich die Finanzierung der Neuen Rheinischen Zeitung mittels Bankkredit und Aktien-Anlagen, Freiligrath bittet Zulauff, eine fällige Differenzzahlung von 100 Talern zu leisten, um den Verkauf der als Sicherheit hinterlegten Aktien durch die Bank zu verhindern. Die Hilfe wird dringlich erbeten, da sich Karl Marx umständehalber nicht selbst um die Geldangelegenheit kümmern kann.
FrS 540

Naut, Stephan Adolf: Eigenh. Brief m.U. an Heinrich Zulauff. – Cöln, 29. Mai 1849. – 1 Bl. (1 beschr. S.). – Alle Ränder eingerissen.
Beil.: zwei Gedichtabschriften von unbekannter Hand:
1. Ob wir rote, gelbe Kragen, Helme oder Hüte tragen … – 7 sechszeilige Strophen, „Mel. Prinz Eugen“, 1 Bl. (2 beschr. S.)
2. Das Hammelfell / [von August Friedrich Ernst Langbein], 5 Bl. (9 beschr. S.), defekt

Naut, Geschäftsführer und verantwortlicher Herausgeber der Neuen Rheinischen Zeitung, antwortet auf einen Brief Zulauffs vom 24. Mai 1849, in dem dieser sich nach ausstehenden Geldern für seine Unterstützung der Neuen Rheinischen Zeitung erkundigt hatte. Es sei den „sich übersteigenden Ereignissen“ nach dem Verbot der Zeitung zuzuschreiben, dass die Rückzahlung an Zulauff noch nicht geleistet worden sei. Bei „der annoch herrschenden Ungewißheit über den weitrem Verlauf und die Zukunft der Zeitung“ könne er momentan nicht sagen, wann eine Rückzahlung möglich sei.
FrS 541

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – D[üssel]dorf, 16.10.[18]48. – 1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – Adresse und Siegelrest auf der Rückseite. – Am rechten Rand eingerissen.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Freiligrath gibt Auskunft über die Druckgeschichte seines Gedichts „Der Löwenritt“ und dankt für die Teilnahme Otterbergs an seiner Freisprechung beim Düsseldorfer Gerichtsprozess am 3. Oktober 1848.
FrS 542

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – C[öln], 18.7.[18]49. – 1 Doppelbl. (2 beschr. S.). – Adresse und Siegelrest auf der Rückseite. – An allen Rändern eingerissen.

An den Barmer Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg, derzeit im Englischen Hof in Köln. Freiligrath berichtet, dass ihn die Weiterbeförderung eines politischen Flüchtlings (Karl Marx?) den ganzen Nachmittag in Anspruch nehme und er deshalb nicht wisse, ob er Otterberg bei seinem Kölner Aufenthalt persönlich werde begrüßen können.
FrS 543

[Update 12.3.2019]: Bei dem Flüchtling handelt es sich nicht um Karl Marx, schreibt François Melis in einer Mitteilung; Marx habe innerhalb von 24 Stunden Preußen verlassen müssen und sich mit Engels am 19. oder 20. Mai nach Frankfurt am Main begeben.

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – [Köln], 24[?]. Okt[ober] 1849. – 1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – Adresse und Siegelrest auf der Rückseite. – An allen Rändern eingerissen, Textverlust.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Freiligrath berichtet, er habe einen Arbeiter namens Carstens für den lokalen Kölner Vertrieb der von Hermann Püttmann in Barmen herausgegebenen Zeitschrift „Der Volksmann“ gefunden: „das Blatt gefällt den Arbeitern sehr; Püttmann hat den richtigen Ton angeschlagen.“ Er bittet Otterberg, ihm jeweils acht Exemplare pro Nummer zu übersenden. Carstens hofft, noch weitere Subskribenten zu finden.
FrS 544

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Köln, 6. Febr[uar] 1850. – 1 Bl. (2 beschr. S.). – An allen Rändern eingerissen, Textverlust. – Beil.: Briefumschlag mit Adresse, an allen Rändern eingerissen, ein Abschnitt abgerissen.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Freiligrath entschuldigt sich für den nicht geziemenden Empfang des Freundes Otterberg in seiner Kölner Wohnung am zurückliegenden Freitagabend. Er berichtet von einem Empfehlungsbrief Otterbergs für einen Dr. Fleischl, den er pünktlich bestellt hat; als Gewährsmann wird in diesem Zusammenhang Hermann Heinrich Becker (der rote Becker) genannt. Ebenfalls erwähnt werden Briefe Friedrich Wilhelm Hühnerbeins an Karl Marx und Stephan Adolf Naut, die Freiligrath weiterbefördert hat. Freiligrath übersendet seine Übersetzung von Shakespeares „Venus und Adonis“, die 1849 erschienen war, und legt zwei weitere Exemplare für Friedrich Wilhelm Hühnerbein und Otto von Mirbach bei.
FrS 545

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Köln, 26. Febr[uar] [18]50. – 1 Doppelbl. (2 beschr. S.). – Adresse und Siegelrest auf der Rückseite. – An allen Rändern eingerissen, Textverlust.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Freiligrath berichtet von seinem Kontakt zu Peter Nothjung und übermittelt Grüße an Peter Nothjung, Friedrich Wilhelm Hühnerbein und Otto von Mirbach. Er bittet Otterberg darum, ihm kurzfristig den Betrag von 30-40 Talern zu leihen.
FrS 546

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Köln, den 3. Juni 1850. – 1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – Adresse auf der Rückseite. – Am rechten Rand eingerissen.

Freiligrath zahlt den geliehenen Betrag von 72 Talern, 20 Sgr zurück, den er am 26. Februar 1850 von Otterberg erbeten und offenbar auch erhalten hatte.
FrS 547

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Bilk, 25.9.[18]50. – 1 Doppelbl. (2 beschr. S.). – Adresse auf der Rückseite. – An den Rändern eingerissen.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Betrifft den bereits im Brief vom 6. Februar 1850 erwähnten Dr. Fleischl, dem Otterberg einen Empfehlungsbrief nach Brüssel ausgestellt hatte. Freiligrath bedauert, dass ihn Otterberg auf seiner Rückreise von London nicht besucht und von den exilierten Freunden berichtet hat. Er berichtet von sich: „Als Dichter (um deine Unterscheidungen festzuhalten) bin ich fleißig, kann aber im Augenblick nichts drucken lassen. Als Wühler habe ich tagtäglich das Vergnügen, von der Polizei chicanirt u. von der ‚Gesellschaft‘ desavouiert zu werden. Als Mensch hab‘ ich am 10. Aug. wieder Vaterfreuden genossen.“ Berichtet von seinem neugeborenen Sohn Otto, dessen Pate Hermann Heinrich Becker (der rote Becker) sein soll.
FrS 548

Freiligrath, Ferdinand: Eigenh. Brief m.U. an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Bilk, 17. Dec[ember] [18]50. – 1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – Adresse auf der Rückseite. – An den Rändern eingerissen.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Betrifft den bereits in Briefen vom 6. Februar und 25. September 1850 erwähnten Dr. Fleischl, dem Otterberg einen Empfehlungsbrief nach Brüssel ausgestellt hatte. Freiligrath bittet Otterberg darum, ihm kurzfristig den Betrag von 250 Talern zu leihen. Er berichtet, dass über seine Ausweisung aus Preußen noch nicht entschieden sei, die Sache aber schlecht stehe.
FrS 549

N.N.: Eigenh. Brief m.U. „W.“ an Friedrich Wilhelm Otterberg. – Berlin, 23.7.[18]49. – 1 Doppelbl. (2 beschr. S.). – Adresse und Siegelreste auf der Rückseite. – An den Rändern eingerissen.

An den Kaufmann Friedrich Wilhelm Otterberg in Barmen. Berichtet von der erbetenen Herstellung eines Liedes für das Schützenfest. Rechtfertigt sich in politischer Hinsicht: „Was die über mich cursirenden Gerüchte hinsichtlich meiner Metamorphose betrifft, so sei versichert, daß ich noch immer der Alte bin u. ich dir u. allen Gleichgesinnten gegenüber dreist mein Auge erheben kann. Ich stehe hol‘ mich der Teufel in einer verfluchten Situation. Hier bezeichnet man m ich als den rheinischen Demagogen u. dort für einen politischen Renegaten. Das tut weh!“ Erwähnt werden die Freunde Altwicker, Siewer, Klein, Stelz sowie Frau und Sohn des Schreibers. Aufschlussreich zur Identifizierung kjönnte auch das Postskriptum sein: „Morgen früh muß ich die Maj. von hier über die Gränze begleiten; deshalb eilig.“
FrS 550

Otterberg, Friedrich Wilhelm: Reisepass für’s Inland, gültig auf ein Jahr, ausgestellt für Friedrich Wilhelm Otterberg am 23. Februar 1835 in Barmen durch den Bürgermeister : für eine Reise in Familienangelegenheiten von Barmen über Düsseldorf nach Aachen. – Barmen, am drei und zwanzigsten Februar 1800 fünf und dreißig. – 1 Doppelbl. (2 beschr. S.). – An den Rändern eingerissen.

Der Pass enthält eine genaue Personenbeschreibung des Empfängers Otterberg im Alter von 24 Jahren sowie die Notiz: „Inhaber ist als Halbinvalide anerkannt“. Er ist von Otterberg persönlich unterschrieben. Auf der Rückseite Eintragungen und Stempel des Barmer Polizeikommissairs vom 16. April 1835 und der Polizei in Aachen am 9. Mai 1835.
FrS 551

Otterberg, Friedrich Wilhelm: Pass-Karte auf das Jahr 1800 zwei und fünfzig für den Fabrikantenb Herrn Friedrich Wilhelm Otterberg von hier. – Barmen, 15. July 1852.

Der Pass enthält eine Personenbeschreibung des Empfängers Otterberg im Alter von 42 Jahren. Er ist von Otterberg persönlich unterschrieben.
FrS 552


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