24. April 2005 | Blog | Julia Hiller von Gaertringen

Sensationelle Erwerbung von Grabbe-Autographen

Die Lippische Landesbibliothek hat heute mit Hilfe der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Lippischen Landesbibliothek e.V. zwei wichtige Grabbe-Autographen erwerben können.

Brief Grabbes an die Meyersche Hofbuchhandlung, Februar 1818

In diesem undatierten Brief bittet der sechzehnjährige Grabbe, die am 10. Februar 1818 bestellte Tragödie „Die Schuld“ von Adolph Müllner nicht zu liefern. Die Bestellung von A. W. Schlegels Shakespeare-Übersetzung soll aber aufrechterhalten und wenn möglich beschleunigt werden.

Die Schicksalstragödie Müllners eroberte nach ihrem Erscheinen 1816 die Bühnen Deutschlands im Sturm und blieb dort über ein Jahrzehnt präsent. Grabbe hat sie vermutlich im Winter 1817/18 im Detmolder Komödienhaus gesehen. Sie beeinflusste Grabbes Erstlingsdrama Herzog Theodor von Gothland im Hinblick auf Motivik und Stil. Das Studium von Shakespeares Werken wurde schon früh wegweisend für den angehenden jungen Dramatiker Grabbe. Er bestellte sich in den folgenden Monaten auch einzelne Bände der bei Hahn in Braunschweig und der bei Fleischer in Leipzig erscheinenden englischen Ausgaben und der Shakespeare-Übersetzung von Voss.

Grabbes Brief kann erst kurz vor dem 3. März 1818 geschrieben worden sein, denn die Meyersche Hofbuchhandlung hat die Stornierung nicht mehr durchgeführt und Müllners „Schuld“ zusammen mit dem Shakespeare-Band an diesem Tag geliefert.
Die Existenz dieses Briefes war aus einem Auktionskatalog der Firma C. G. Boerner in Leipzig bekannt. Dort ist er am 19./20. Februar 1907 versteigert worden. Da im Auktionskatalog auch Angaben zum Inhalt gemacht wurden, konnte Alfred Bergmann ihn in der Historisch-Kritischen Gesamtausgabe der Werke und Briefe Grabbes unter Nr. 20 verzeichnen. Nun ist der Brief im Autographenhandel wieder aufgetaucht.

Brief August Klingemanns an Ludwig Tieck. Braunschweig, 8. September 1823

Grabbes Versuche, an einem Berliner Theater als Schauspieler oder Dramaturg unterzukommen, waren im Frühjahr 1823 fehlgeschlagen: Grund genug für den enttäuschten Dichter, die Stadt zu verlassen und sich  nach Dresden zu begeben, wo er alle Hoffnungen auf Ludwig Tieck setzte. Trotz Tiecks Unterstützung gelang es Grabbe aber nicht, am Dresdner Theater Fuß zu fassen – im Gegenteil, Tieck war über seine schauderhafte Aussprache entsetzt und von der Persönlichkeit des Detmolders eher abgestoßen.

Als klar wurde, dass sich für Grabbe in Dresden keine berufliche Perspektive ergab, schickte Tieck ihn mit einem Auftrag an die Viewegsche Verlagsbuchhandlung nach Braunschweig. Er gab ihm ein Empfehlungsschreiben an August Klingemann mit, den Intendanten des Braunschweiger Nationaltheaters. Nach einem Zwischenaufenthalt in Leipzig kam Grabbe Anfang August 1823 in Braunschweig an. Doch auch August Klingemann bewertete Grabbes Schauspieltalent negativ. In dem jetzt erworbenen Brief an Tieck, der erst nach Grabbes Abreise von Braunschweig geschrieben wurde, äußert sich Klingemann ausführlich über Grabbes Darstellungsdrang und poetische Qualifikation.

Der Brief ist am 24. November 1908 durch das Auktionshaus Stargardt versteigert worden und jetzt erneut in den Autographenhandel gelangt.


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