09. September 2010 | Blog | Joachim Eberhardt

Neuer Freiligrath-Brief – und ein unbekanntes Gedicht

[Update 24.9.] Für ihre Freiligrath-Sammlung konnte die Landesbibliothek beim Auktionshaus Koller am 25. Juni einen neuen Brief erwerben, den Freiligrath am 12.12.1849 an den „Lieben Herrn Benrath“ schrieb:

„Ich statte Ihnen nachträglich noch meinen aufrichtigen Dank für die mir so freundlich verschafften Notizen ab. Es ist jetzt Alles in bester Ordnung so. Herr Schulz hat sich hoffentlich von seinem neulichen Schrecken vollständig wieder erholt. Ihnen und Ihrer Gemahlin die freundlichsten Grüße“

Bibliographische Daten:
Freiligrath, Ferdinand/ [Autograph]
Benrath, …/ [Empfänger]
1849
Eigenh. Brief m.U. an „Lieber Herr Benrath“. – Köln, 12. Decbr. 1849. – 1 Bl. (1/2 beschr. S.). – 26:21,3 cm
Am linken und rechten Rand eingerissen, teilw. restaurierte Löcher mit unbedeutendem Textverlust.
Signatur: FrS 590
(Koller 153.2010,S.11,Nr.28)

Das Briefrepertorium kennt den Namen Benrath bisher nicht als Empfänger weiterer Briefe. Könnte es sich um den Aachener Buchhändler Heinrich David Benrath (1817-1883) (Quelle: DBA) handeln?

Bei der gleichen Auktion wurde das Autograph eines bisher unbekannten Freiligrath-Gedichts versteigert, das wir leider nicht haben erwerben können. Aber zumindest den Gedichttext kann ich hier wiedergeben, da er netterweise im Katalog abgedruckt ist:

Einem schönen Kinde. (Mit der Miniaturausgabe meiner Gedichte)
Da kommt es wiederum heran
Das Heer von Schiffern und von Mohren
Das in der Nordsee Uferbann
Mein einsam brütend Hirn geboren.
Doch sind es kaum die alten mehr
In Rudermanns-wams(*) und Reiterkleide;
Wie Herren schreiten sie einher
Im Gurt von Gold, im Rock von Seide.
Mag sie entschuld’gen drum ihr Kleid,
Wenn sie mit südlichfinstren Brauen(*)
Der Schönheit und der Lieblichkeit
Ins kindlich off’ne Antlitz schauen…

(*) Die Transkription im Katalog scheint mir fehlerhaft, daher hier korrigiert; das Autograph ist klein faksimiliert mit den ersten 10 Versen. Im Katalog heißt es „südlichfinstrem Braun“, was ja auch schlechter reimt.

Gemeint ist mit dem „Heer von Schiffern und von Mohren“, wie man angesichts des Titelzusatzes vermuten darf, die beigelegte „Miniaturausgabe“, bei der es sich dann wohl um die Gedichte 1838 handeln dürfte. Meer und Mohr sind dort in der Tat bestimmende Motive. Legt sich die Frage nahe, ob „Miniaturausgabe“ wohl eine besondere Ausgabe des vielgedruckten Bändchens meint, die vielleicht eine genauere Datierung erlaubte — das „schöne Kindchen“ zu identifizieren, ist jedenfalls auch noch nicht gelungen; der Koller-Katalog vermerkt keine Provenienz.


Kommentare zu "Neuer Freiligrath-Brief – und ein unbekanntes Gedicht"

Inzwischen konnte Herr Hellfaier auch die Vermutung wahrscheinlicher machen, dass es sich beim Empfänger des Briefes um den Aachener Buchhändler Heinrich Benrath handelt. Der hatte nämlich 1848 Interesse am Vertrieb der Neuen Rheinischen Zeitung, für die Freiligrath ja schrieb, und nahm im April 1848 Kontakt zu Hess auf (siehe Francois Melis in seinem Aufsatz „Zur Gründungsgeschichte der Neuen Rheinischen Zeitung“ von 1998 (MEGA-Studien, H. 1, hier S. 26)).

Detlev Hellfaier vermutet, dass es sich bei dem „schönen Kinde“ des Gedichts um Marie Buchner handelt, Tochter des Justizrats und Publizisten Karl Buchner, mit dem Freiligrath befreundet war. 1841/42 hielten sich Freiligraths in Darmstadt auf, wo Buchners wohnten; die Erstveröffentlichung in Darmstadt passt dazu. Und Marie wurde in der Familie „das Kindle“ genannt.

Besten Dank für den Hinweis; das stimmt. Hätte mir auch auffallen sollen! In der Schröder-Ausgabe ist es überschrieben „An ein schönes Kind“. Dort habe ich auch gelernt, dass es wohl „Ruderwams“ statt „Rudermanns-“ heißt. Bei Schröder heißt es in V. 11: „Der Anmut und der Lieblichkeit“. Da die beiden Verse 11 und 12 im Faksimile-Abdruck fehlen, ist ad hoc nicht zu entscheiden, ob es sich um eine Variante oder um einen Lesefehler beim Katalog handelt. — Danke auch für den Hinweis auf die Miniaturausgaben; dann lässt sich das Gedicht ja sicher auf 1843 datieren: dann veröffentlicht, und nicht früher geschrieben, da erst 1843 die erste Miniaturausgabe erschien.

Nachtrag: es dürfte sich um die Min.-Ausg. von 1843 handeln. Das Gedicht ist lt. Frth-Bibliographie von E. Fleischhack (S. 139, Nr. 924) erstmals in der Ztschrft Das Vaterland. Darmstadt 1843, Nr. 161 vom 10. Juli gedruckt erschienen.
k. Hutzelmann

Das Gedicht ist leider nicht unbekannt. Es ist gedruckt in Frths Slg Zwischen den Garben 1849, S. 172 (Vgl Schröder, F.F. Sämtliche Werke, Bd.4, 71) Bis 1849 gibt es 4 Miniaturausg der Gedichte 1838 (1843, 1844, 1846 u. 1848)
Gruß K. Hutzelmann

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