Und Google feiert den Geburtstag mit einem Doodle (Bild oben), das auf die berühmte „Käfer-Geschichte“ verweist. Als Kurt Wolff die 1912 entstandene Erzählung 1916 in seinem Verlag veröffentlichte, traute man sich offenkundig nicht, den Käfer in der Illustration einzusetzen: der Umschlag zeigt einen Mann, der die Hände vor’s Gesicht geschlagen hat (Bild unten). Vielleicht ist das auch Ausdruck einer psychologischen Interpretation der Geschichte. Googles Glückwunsch lässt ebenfalls Raum zur Interpretation: Mit Hut und Aktentasche ist der Käfer mit den Insignien des Büro-Arbeiters (=Kafka selbst, Jurist in den Diensten einer Versicherung) versehen.
Der Apfel über dem „L“ spielt übrigens auf den Tod des zum Käfer gewordenen Gregor Samsa an: der Vater wirft einen Apfel nach ihm, der in seinem Rücken stecken bleibt und zu einer „schweren Wunde“ führt. Vielleicht eine Umkehrung der Schöpfungsgeschichte? — Kafka ist ein Autor, der seine Leser zu den vielfältigsten Deutungsversuchen verführt hat, und daher ein Paradebeispiel, warum es Bibliotheken gibt: nicht nur, um die Werke zur Lektüre (und zum Hören) bereitzuhalten — die aktuellen Ausgaben bei uns mit dem Signaturanfang CPU –, sondern auch die unzähligen Lesarten …