24. Januar 2011 | Blog | Joachim Eberhardt

Hugo Ball sieht und liest Grabbe

Hugo Ball (1886-1927), das war für mich bisher vor allem das Gedicht Karawane, dessen Anfang das Bild zeigt und das ich aus den Lesebüchern meiner Schulzeit kenne, und Verwandtes wie die Wolken (Texte z.B. bei zeno.org): Textbilder, in denen Laute sichtbar werden.

Die Landesbibliothek pflegt nun die neue Werkausgabe im Wallstein-Verlag, die Balls Werk als — wenig überraschend — deutlich vielfältiger zeigt. Zum 125. Geburtstag des Autors am 22. Februar lohnt der Blick hinein (Signatur CQCB 123). So hat Ball, wie Wikipedia weiß (von der auch das Bild stammt) seine Berufstätigkeit mit Theaterarbeit begonnen, 1911 das erste Schauspiel veröffentlicht, und in München in der Folgezeit gearbeitet, bevor er 1916 nach Zürich zur „Wiege des Dadaismus“ ging. 1915 hat er Grabbes Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung gesehen, worüber er für Zeit im Bild Jg. 13 (1915) Nr. 19 vom 9.5. eine Rezension schrieb (die hier online ist). Die Rezension nennt ja den Regisseur „Altmann“ der Aufführung, so dass wir anhand unseres Grabbe-Aufführungsverzeichnisses (bitte bis 1915 scrollen) leicht das „Kleine Theater“ in Berlin verorten können. Wer die Rezension liest, ahnt gleich, dass Grabbe für Ball vorbildlich gewesen ist:

Daß er (dieser Grabbe) kein Relativsatz gewesen ist. Noch ein Konditionalsatz. Sondern ein Imperativ. Und ein Superlativ. Sein eigener Herr.

Wie weit die Inspiration geht, zeigt Balls Marionettentheaterstück Des Teufels Erdfahrt (Dank an Frau Dahl für den Hinweis!), wie der Herausgeber des 2. Bandes der Ball-Werkausgabe, Eckhard Faul, in seinem Kommentar festhält: „Die hauptsächliche Anregung für Des Teufels Erdfahrt stammt von Christian Dietrich Grabbes Lustspiel Scherz Satire Ironie und tiefere Bedeutung (…)“. Balls Stück handelt davon, dass der Teufel, weil er mit der Haushaltsführung seiner Großmutter nicht einverstanden ist, auf die Erde kommt, wo er gefangengenommen und schließlich von der Großmutter wieder befreit wird. Das Stück, dessen Manuskript in der Ball-Sammlung der Stadtbücherei Pirmasens bewahrt wird, wurde bisher noch nicht aufgeführt und vor der Veröffentlichung im genannten Band der Werkausgabe auch nur auszugsweise gedruckt. Das Thema „Ball und Grabbe“ dürfte also noch ein unbeackertes Feld sein — gerade richtig in diesem Jahr, in dem ja auch, am 12. September, ein Grabbe-Jubiläum zu begehen ist: vor dann 175 Jahren starb der Dichter in Detmold.


Schreiben Sie einen Kommentar