02. November 2018 | Blog | Joachim Eberhardt

Herbstblätter: Briefe von Freiligrath, Grabbe, Lortzing und Malwida von Meysenbug

Im Herbst fallen die Blätter, auch die Autographen-Blätter auf den Tischen der Auktionatoren. Jedesmal eröffnet sich damit das Dilemma, ob diese teuren Dinge unser Geld wert sind. Müssen Bibliotheken wie wir Autographen kaufen? Die willkommene Unterstützung der „Gesellschaft der Freunde und Förderer“ mildert vielleicht die Dringlichkeit der Frage.

Vielleicht darf ich in Zeiten knapper Kassen darauf eine emphatische Antwort geben: Ja, das müssen sie, und ja, das ist das Geld der öffentlichen Hand wert. Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels wurde in diesem Jahr an Aleida und Jan Assmann verliehen, zwei Geisteswissenschaftler, die mehr als jeder, jede andere das „kulturelle Gedächtnis“ zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht und dabei die Rolle „externer Speichermedien“ betont haben. Wie reich unser kulturelles Gedächtnis ist, bestimmt den Reichtum unseres Selbstverständnisses. Wollen wir in einer vielfältigen Gesellschaft leben, brauchen wir eine vielfältige und reiche Überlieferung. Also sorgen wir dafür.

Auf den Tisch geweht wurden uns:

FrS 649
Freiligrath, Ferdinand/ [Autograph]

Eigenh. Brief m.U. an „Hochgeehrter Herr“ [Eduard Hallberger]
Stuttgart, 7. Sept. 1873
1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – 21,2:13,5 cm. – Die erste Seite mit Trauerrand
Brief beschädigt: wenige Einrisse
Freiligrath bestätigt den Erhalt der Zuschrift von Hallberger vom 15. August in Walton on the Naze und teilt seine Rückkehr aus England mit.
LA 2018/6. – Bassenge 112/2354

GAMs 637
Grabbe, Christian Dietrich/ [Autograph]

Clostermeier, Louise Christiane/ [Empfänger]
Eigenh. Brief m.U. an „Hochgeehrteste Mademoiselle“ [Louise Christiane Clostermeier]
Detm., 22st. Juli 1831
1 Bl. (1 beschr. S.). – 32:19,7 cm
Im Grabbe-Portal vh., Nr. 322, GAA, Bd. V, S. 345-346, Anmerkungen S. 648-649
Signatur: GAMs 637
LA 2018/3. – Kotte

FrS 648
Freiligrath, Ferdinand/ [Autograph]

Eigenh. Brief m.U. an „Hochgeehrter Herr“
Stuttgart, 28. Dec. 1868
1 Bl. (1 beschr. S.). – 20,8:13 cm
Brief beschädigt: Risse an den Falzungen
Freiligrath bittet einen unbekannten Empfänger um Eintrittskarten.
LA 2018/2. – Kotte

Autogr 530
Meysenbug, Malwida von/ [Autograph]

Eigenh. Brief m.U. an „Geehrte Frau“
Rom, 6. Dec. [1896]
1 Dbl. (3 beschr. S.). – 13,5:10,5 cm
Beil.: Kopie des Nachrufs von Malwida von Meysenbug auf „Graf Rudolf Hoyos“ in: Neue Freie Presse, 20.11.1896

Aus dem Kotte-Eintrag im Katalog: „Geehrte Frau / Es ist mir eine besondere Befriedigung gewesen, dass mein kleiner Nachruf, Ihnen sympathisch gewesen ist. Sie sind mir ja auch längst keine Fremde mehr und ich weiss, dass Niemand dem edlen Geschiednen so nahe gestanden, ihn so gut gekannt hat, wie Sie. Was Sie verloren haben, begreife ich vollkommen, denn auch selbst die reichste Hinterlassenschaft geistigen Lebens kann das warme Wort, den begleitenden Blick, den lebendigen Austausch, nicht ersetzen. Aber nach und nach wird Ihnen dies herrliche Besitzthum, ein unerschöpflicher Trost werden und jemehr Sie davon der Welt mittheilen wollen, jemehr werden Sie Gutes thun in seinem Sinn.
Denn die Welt heutzutage hat in ihrem Elend, noch vielmehr das geistige Almosen nöthig als das materielle, um die Idealität zu retten, ohne die das Leben nur gemein ist und für edle Naturen ohne Werth. – Führt Ihr Weg, nun Sie allein sind, Sie nicht einmal nach Rom? Es würde sich sehr freuen Sie persönlich kennen zu lernen Ihre sehr ergebne M. Meysenbug“

LA 2018/4. – Kotte
Der Nachruf bezieht sich auf den am 8.11. 1896 verstorbenen Dichter Graf Rudolf von Hoyos-Sprinzenstein.

Mus-La 2 L 189
Lortzing, Albert/ [Autograph]

Henri, …/ [Empfänger]
Eigenh. Brief m.U. an „Lieber Henri“ [in Leipzig]
[O.O u. o.D.]
1 Bl. – 22:17,8 cm. – 1 S. – Adresse auf Rückseite
Nicht enthalten in: Lortzing, Albert: Sämtliche Briefe. Hg. von Irmlind Capelle. 1995
Beiliegend: eigenh. Widmung von Charlotte Lortzing . – Leipzig, 17.1.1882. – 1 Bl. – 11:14,3 cm. – 1 S.

Aus dem Kotte-Eintrag im Katalog: „Die Nachricht, dass Sie mit Bremen abgeschlossen, wurde mir schon durch Herrn Heinrich. Mein Herr Direktor ist [ein] Esel; bei Direktoren im Allgemeinen nichts Neues. Wie gut hätte er Sie brauchen können, auch vor der Hand ohne größere Spieloper – aber – na, der gute Mann muß auch erst durch Schaden klug werden. Lassen von Bremen aus von sich hören. Sollte ja noch diesen Winter hier operiert werden (vortrefflicher Witz), so werde ich Sie benachrichtigen. Man kann nicht wissen, wie sich die Verhältnisse hier, wie sie sich dort gestalten werden […].
P. S. Meines Wissens ist der Waffenschmied in Bremen. Sollten Sie etwas von meinen dort noch nicht gegebenen Opussen anbringen können, so unterlassen Sie’s ja nicht. Nochmals herzlichen Gruß […]“.

LA 2018/5. – Kotte 51/358


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