18. Dezember 2020 | Blog | Christine Rühling

Briefe aus der Fürstin Feder (9): … das Wetter und der Schnupfen…

„… denn das Wetter ist und war unter allen abscheulichen Wettern das Abscheulichste.“

(Fürstin Pauline an Friedrich Simon Leopold Petri, 17. Mai 1818, Slg 74 Nr. 1,27)

In Zeiten der Corona-Pandemie über Atemwegs- und Lungenkrankheiten zu schreiben, ist wahrlich keine Freude. Und auch so: Im Herbst wird es trüber, das Wetter wird kälter und auch die jahreszeitlichen Erkältungsübel treten wieder auf. Klagen über das Wetter und damit zusammenhängende Gebrechen sind uns auch in Normalzeiten nicht fremd, dem (allgemeinen) Gesundheitszustand widmen wir nun aber noch einmal besondere Aufmerksamkeit. Und so wundert es nicht, dass mir bei der Lektüre der Briefe Fürstin Paulines zur Lippe (1769-1820) an Friedrich Simon Leopold Petri (1774-1850) das Thema Wetter und Krankheit besonders aufgefallen ist.

In Paulines Briefen gehört es gerade in der kalten Jahreszeit zur Alltagskommunikation, sich über scheußlichen Regen, stürmische Tage und allgemeines Unwohlsein zu äußern. Die Briefe sind durchzogen von Wünschen nach gutem Wetter, Beschwerden über trübe Tage und Erkundigungen nach dem Befinden des Anderen.
Besonders relevant war für Pauline der Zusammenhang zwischen Wetter und Reisen – und das ist in einer Zeit, in der man längere Wegstrecken mit der Kutsche zurücklegte, nicht verwunderlich. Die Nässe, der Zustand der Straße, die Lichtverhältnisse, alles trug zum guten Gelingen einer Reise bei. Rath Helwings lange Fahrt über Leipzig und Prag nach Wien erschien der Fürstin nur zur milden Jahreszeit erstrebenswert, da „seine Gesundheit die Benutzung des jetzt schönen Nachsommers doppelt wünschenswert macht“ (Slg 74 Nr. 1,5). Der Wunsch für eine „zufallsfreie Reise, gutes Wetter, erträgliche Wege“ (Slg 74 Nr. 1,14) ging jeder bevorstehenden Fahrt voraus, auch wenn er sich nicht immer erfüllte: „der dicke Nebel machte die Rückfahrt abscheulich, überhaupt wollte mir weder Sonne noch Mond scheinen.“ (Slg 74 Nr. 1,36) Umso häufiger finden sich die schließenden Sätze: „Ich wünsche, dass die Reise Ihrer Gesundheit nicht schaden möge.“ (Slg 74 Nr. 1,73)

Der Zusammenhang von Wetter und Krankheit scheint Pauline zu allen Zeiten offensichtlich gewesen zu sein. So schreibt sie am 10. September 1814 an Petri: „Wir haben hier steten Regen, der mir viel Schnupfen veranlasst und viele Unpässlichkeiten begründet“ (Slg 74 Nr. 1,4), und am 27. Januar 1820: „Mir fehlt nichts, wann nur das Tauwetter nicht wäre, doch hat es mich glücklicher Weise immer erst, wann die Reise zurückgelegt war, getroffen.“ (Slg 74 Nr. 1,79) So bekannt uns diese Phänomene sind – der Schnupfen nach Verkühlung, das Unwohlsein beim Wetterwechsel –, Paulines Gesundheit wurde im Jahr 1820 durch eine starke Erkältungs- bzw. grippale Erkrankung erschüttert. Ihre Briefe zeugen von der starken Veränderung, die sie in Bezug auf ihre Gesundheit wahrnahm. Zwischen August und November 1820 berichtete sie Petri wiederholt von ihrem Zustand:

„Sie nehmen gütig Teil an mir, ich bin nie so krank gewesen, man muss es dem Arzt wohl glauben, es gehe noch ein Mal vorüber, aber Sie würden mich in den 8 Tagen sehr verändert finden.“

(Slg Nr. 74,1, 92)

„Für die gütige Teilnahme verbindlich dankend, kann ich sagen, dass es heute Abend besser geht, gestern hatte ich zu viele Experimente gemacht und büßte durch ein heftiges Fieber, heute konnte ich Verse machen, ein wenig zu Mittag essen, spazieren fahren, freilich elend bin ich noch und hustend, aber bei so vielen guten und aufrichtigen Wünschen wird man ja wohl noch besser.“

(Slg Nr. 74,1, 93)

„Gestern bin ich durch Gemütsbewegungen zurückgesetzt, habe gleich und die Nacht sehr starkes Fieber gehabt, und bin heute unglaublich schwach. Hoffentlich dauert der Nachtheil nicht und ist Stillstand von ein, zwei Tagen. Ihre große Teilnahme rührt mich sehr.“

(Slg Nr. 74,1, 95)

„Freilich ist bei mir von Genesung noch keine Rede, aber selbst meine Erhaltung bei den vielen Krankheiten, die sich nun entwickeln, ein Wunder. In vielen Tagen war mir so wohl nicht als heute, und da Sie, lieber Herr Regierungsrat, so treu und innig Teil nehmen, ist mir eingefallen, Sie würden mich gern einmal eine halbe Stunde selbst sehen. Täusche ich mich nicht, wollen Sie darum an Ihrer gewohnten Toilette nichts ändern und ist Ihnen die Zeit bequem, so erwarte ich Sie nach ½ 3 Uhr, aber ich bin ein scheußlich Gerippe.

(Slg Nr. 74,1, 96)

„Vielen Dank für die gütige Teilnahme an meinem Befinden. Ich traf es gestern sehr übel, der Regen, wann er mich gleich nicht unmittelbar traf, hat meinen Husten wieder vermehrt, und die kleine Anstrengung mich wieder um mehrere Tage zurückgesetzt.“

(Slg Nr. 74,1, 100)

Bei schon angeschlagener Gesundheit erscheint der Regen, den Pauline hier als Auslöser ihres Rückfalls beschreibt, nicht mehr ganz so harmlos. Von ihrer Erkrankung hat sich die lippische Fürstin wohl nicht mehr erholt. Sie starb am 29. Dezember 1820 in Detmold an einer Lungenentzündung.

Verwendete Briefe:


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