7. Weimarer Klassik 1794-1799

Das folgenreichste Zusammentreffen während Schillers Reise nach Schwaben war die Begegnung mit Johann Friedrich Cotta. Mit dem jungen, ehrgeizigen Verleger schloss Schiller im Mai 1794 einen Vertrag über die Herausgabe einer literarisch-philosophisch-ästhetischen Monatsschrift Die Horen, an der nur „die ersten Köpfe der Nation“ mitwirken sollten. Göschen hatte sich für diesen Plan Schillers nie begeistern können, und so wechselte Schiller den Verleger. Eine gedruckte Ankündigung mit der Aufforderung zur Mitarbeit wurde an namhafte Zeitgenossen versandt. Tatsächlich gewann Schiller so bedeutende Autoren wie Herder, Goethe, Fichte, Garve, Alexander und Wilhelm von Humboldt, August Wilhelm Schlegel, Heinrich Meyer, Johann Heinrich Voß, Friedrich Hölderlin und andere als Beiträger zur neuen Zeitschrift. Cotta sicherte die Zusammenarbeit mit dem schon berühmten Schiller das begehrte Prestige; als Hauptverleger der deutschen Klassik partizipierte er nicht nur an der Unsterblichkeit, die Schiller ihm versprochen hatte, wenn er die Horen übernähme, sondern verdiente auch recht gut.

Schillers eigene Veröffentlichungen in den Horen waren die Fortsetzung seiner kunstphilosophischen Studien vom Anfang der neunziger Jahre. In den ersten Heften erschienen seine Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen, im Jahrgang 1795 außerdem seine Abhandlung Über die notwendigen Grenzen beim Gebrauch schöner Formen, zum Jahreswechsel 1796 Über naive und sentimentalische Dichtung und Über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten. In den Heften von September bis Dezember 1795 veröffentlichte er auch eine größere Anzahl neuer Gedichte, darunter so bekannte wie Das Ideal und das Leben, Der Genius, Das verschleierte Bild zu Sais und Der Spaziergang. Goethe publizierte in den Horen seine Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten, die Römischen Elegien, das Märchen und Benvenuto Cellini.

Als Schiller 1787 nach Weimar kam, war Goethe noch auf Reisen in Italien. Auch nach seiner Rückkehr im Juni 1788 kam keine Begegnung mit Schiller zustande, erst im September trafen die beiden Dichter in Rudolstadt im Hause von Lengefeld aufeinander – ohne darauf eine nähere Bekanntschaft zu gründen. Im selben Monat veröffentlichte Schiller seine Besprechung von Goethes Egmont. Eine engere Verbindung der beiden Autoren ergab sich erst nach Goethes Zusage zur Mitarbeit an den Horen und einem kurz darauf folgenden Besuch Goethes in Jena im Juni 1794. Dieser Besuch war der Anfang einer höchst produktiven Arbeitsbeziehung, die sich in häufigen gegenseitigen Besuchen und in einem ununterbrochenen, fast täglichen Briefwechsel niederschlug. Der Austausch über die jeweiligen literarischen Projekte erwies sich für beide Dichter als außerordentlich wichtig und förderlich.

68
Weimar’s goldene Tage
Lithographie von Julius Ernst nach einem Gemälde von Theodor von Oer

Die Lithographie zeigt Schiller deklamierend und Goethe zuhörend in Gegenwart der Weimarer Hofgesellschaft am Musentempel von Schloss Tiefurt, dem Sommersitz der Herzogin Anna Amalia.

Graphische Sammlung

69
Schiller-Goethe-Monument in Weimar
Stahlstich von Alfred Krausse nach einer Fotografie
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859

Das Denkmal von Ernst Ritschel wurde 1857 vor dem Nationaltheater in Weimar eingeweiht.

Lg 20.2°

70
Contract über die litterarische Monathsschrift Die Horen betitelt, welches unter der Aufsicht des Hofr. Schiller erscheinen soll
Marbach: Schiller-Nationalmuseum, 1982 (Faksimiledruck Nr. 25)

Faksimile der Originalhandschrift Schillers vom 28. Mai 1794 im Cotta-Archiv des Deutschen Literaturarchivs Marbach

D 624k (25)

71
Die Horen. 1795
Tübingen: Cotta, 1795

In diesem Jahrgang erschienen Schillers epochale ästhetisch-poetologische Abhandlungen: die Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen, außerdem Über die notwendigen Grenzen beim Gebrauch schöner Formen und Über naive und sentimentalische Dichtung. Goethe steuerte unter anderem seine Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten und die Römischen Elegien bei.

D 60 (2. Exemplar: Z 1795)

72
Die Horen. 1796
Tübingen: Cotta, 1796

In den Heften von April 1796 bis Juni 1797 erfolgte der Vorabdruck von Goethes Künstlerbiographie Benvenuto Cellini. Schiller veröffentlichte im März seine Schrift Über den moralischen Nutzen ästhetischer Sitten.

D 60 (2. Exemplar: Z 1795)

73
Die Horen. 1797
Tübingen: Cotta, 1797

Die Horen stellten hohe Ansprüche an ihr Publikum; so sank die Auflage von 2000 Exemplaren im ersten Jahr auf nur 1000 Exemplare im Jahr 1797, dann wurde die Zeitschrift eingestellt. Zum letzten Jahrgang trug Schiller selbst nur einige Gedichte bei.

D 60 (2. Exemplar: Z 1795)

74
Allgemeine Literatur-Zeitung vom Jahre 1795
Jena, Leipzig: Allgemeine Literatur-Zeitung. – 1795, Bd. 1, Nr. 28/29 vom 31.1.1795

In der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung erschien am 31. Januar 1795 eine peinlich lobhudelnde Besprechung des ersten Horen-Heftes, von der durchsickerte, dass sie von Cotta bestellt und finanziert war. Die anderen literarischen Journale, in der Rezension schlecht weggekommen, rächten sich in der Folge mit vernichtenden Horen-Kritiken.

Bb 93.4°, aus der Detmolder Regierungsbibliothek

75
Egmont. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Goethe.
Musik von L. v. Beethoven
Mainz: Sartorius, 1788. – (Sammlung der besten neuesten Schauspiele, Bd. 1)

Nicht autorisierter Nachdruck aus dem Jahr des Erstdrucks. Das durchschossene Bändchen stammt aus dem Besitz des Hannoveraner Königlichen Hofschauspielers Carl Friedrich Wittmann, der auf dem Vorsatz eingetragen hat, wann er in den Jahren 1857 bis 1865 auf den Bühnen in Coburg, Gotha, Hannover und Darmstadt in welcher Rolle des Egmont aufgetreten ist.

D 844b, aus dem Besitz des Theaterdirektors Carl Friedrich Wittmann

76
Über Egmont, Trauerspiel von Goethe
In: Allgemeine Literatur-Zeitung vom Jahre 1788. – Bd. 3, Nr. 227 vom 20.9.1788

Schiller ist als Verfasser der Besprechung nicht genannt. Er urteilt durchaus kritisch und ambivalent, schildert Goethes Theaterstück als Charaktertragödie ohne eigentliche Tragik, und überlegt, wie man es besser hätte machen können. Goethes Intentionen wird die Rezension nicht gerecht, sie sagt aber viel aus über Schillers Tragödientheorie. Im Jahr 1796 hat er den Egmont im Auftrag des Theaterdirektors Goethe für die Weimarer Bühne bearbeitet.

Bb 93.4°, aus der Detmolder Regierungsbibliothek

77
Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805
6 Bände. – Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1828-1829. – Erstausgabe

Die Korrespondenz zwischen Schiller und Goethe umfasst mehr als 1000 Briefe. Die „Ästhetik der Klassiker in Briefform“ gilt nach wie vor als eines der bedeutendsten literarischen Zeugnisse in deutscher Sprache.

Lg 1815 (2. Exemplar: A 759.3.1)

78
Christian Dietrich Grabbe: Etwas über den Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805
… sowie auch Einiges über die eben genannten beiden Dichter selbst und über unsre Zeit (1830)
In: Grabbes Werke. Hrsg. von Spiridion Wukadinowić. – Bd. 5, Berlin u.a.: Bong, [1913], S. 81-107

„Aber da kommt auch noch der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, und etwas Unbedeutenderes (man möchte sagen Elenderes) ist seit langem nicht gedruckt.“ Die Handschrift der Rezension ist in der Staatsbibliothek zu Berlin erhalten; sie wurde erstmals 1913 in dieser Werkausgabe Grabbes berücksichtigt. Leider besitzt die Lippische Landesbibliothek kein Autograph Grabbes zu dieser Kritik, auch der seltene Erstdruck von 1835 ist nicht vorhanden.

Oskar Blumenthal urteilte 1910, dass der Text „ganz gewiß kein Beitrag zur Charakteristik Goethes, wohl aber ein Beitrag zur Charakteristik Grabbes ist.“

GA 1.1913, aus dem Besitz von Alfred Bergmann

8. Lyrik 1796-1800

Den Musenalmanach gab Schiller in den Jahren 1796 bis 1800 als Lyrikanthologie heraus. Der Mitarbeiterkreis deckte sich weitgehend mit dem der Horen. Der Almanach auf das 1797 machte als Xenienalmanach Furore; in ihm veröffentlichten Schiller und Goethe als Gemeinschaftsarbeit ihre in Epigramme gefasste umfassende Polemik gegen die literarischen Zeitgenossen, die ursprünglich als Strafgericht über die Kritiker der Horen gedacht war. Im Folgejahr 1798 erschien der berühmte Balladenalmanach, in dem Schillers Balladen Der Ring des Polykrates, Der Handschuh, Ritter Toggenburg, Der Taucher, Die Kraniche des Ibykus und Der Gang zum Eisenhammer zu lesen waren; Goethe steuerte die Balladen Der Zauberlehrling, Der Schatzgräber, Die Braut von Korinth, Legende und Der Gott und die Bajadere bei.

1828/29 veröffentlichte Goethe seinen Briefwechsel mit Schiller. Diese Publikation unterzog Christian Dietrich Grabbe 1830 einer respektlosen Kritik. Er erklärte sie für „weiter nichts als ein Sammlung billettmäßiger Lappalien“, störte sich an der vermeintlich gönnerhaft überlegenen Attitüde Goethes gegenüber Schiller und erklärte letzten für den eigentlich genialen „Geist“, Goethe aber lediglich für ein „Talent“. Die Rezension geriet ihm unter der Hand zu einer „Abhandlung über unsere Zeit und Goethe und Schiller“, für die sich damals kein Verleger fand, wurde aber 1835 in der Düsseldorfer Zeitschrift Hermann. Ein Centralorgan für Rheinland-Westphalen gekürzt und anonym abgedruckt.

79
Musen-Almanach für das Jahr 1796
Herausgegeben von Schiller
Neustrelitz: Michaelis, [1795]. Mit Titelkupfer und 7 Musikbeilagen

Der Musenalmanach des ersten Jahrgangs wurde mit Schillers Gedicht Die Macht des Gesanges eröffnet, zu dessen Vertonung auch die Noten abgedruckt wurden. Goethe steuerte unter anderem seine im Frühjahr 1790 entstandenen erotischen Venetianischen Epigramme bei, die im Musenalmanach anonym publiziert wurden; ihretwegen war der Musenalmanach in Österreich verboten. Da der Verleger Michaelis in Zahlungsrückstand geriet, wechselte Schiller mit dem nächsten Jahrgang zu Cotta.

Das Titelkupfer von Johann Friedrich Bolt zeigt einen Kopf des Gottes Apollon.

D 61

80
Musen-Almanach für das Jahr 1797
Herausgegeben von Schiller
Tübingen: Cotta, [1796]. Mit Titelkupfer und 16 Seiten Musikbeilage

Der berühmte Xenienalmanach enthält Goethes Idylle Alexis und Dora sowie zahlreiche Gedichte Schillers, Goethes und anderer. Im Anhang finden sich die von Goethe und Schiller als Satire auf die literarische Welt gemeinsam verfassten 414 Xenien. Mit ihren anonym erschienenen polemischen Epigrammen, nach Schiller eine „wahre poetische Teufeley“, grenzten die beiden Klassiker sich gegen die Spätaufklärer ebenso ab wie gegen die Frühromantiker, gegen literarische Dilettanten, Modedichter, Sprachreiniger, selbsternannte Kunstrichter und geschäftstüchtige Zeitschriftenherausgeber.

Das Titelkupfer von Johann Friedrich Bolt zeigt Terpsichore, die Muse des Tanzes.

D 61

81
Musen-Almanach für das Jahr 1797
Herausgegeben von Schiller
Zweyte Ausgabe. – Tübingen: Cotta, [1796]. Mit Titelkupfer und 16 Seiten Musikbeilage

Bei ihrem Erscheinen verursachten die Xenien nicht unbeträchtlichen Skandal. Dies machte eine zweite und dritte Auflage erforderlich. Viele der Angegriffenen erkannten sich wieder und entgegneten mit Antixenien. Es entstand ein regelrechter „Xenienkampf“, der im Jahr 1797 die literarische Welt in Deutschland beschäftigte.

D 61

82
[Gotthilf Löschin:]
Die Xenien aus Schiller’s Musenalmanach für das Jahr 1797. Geschichte, Abdruck und Erläuterung derselben
Danzig: Ewert, 1833

Das Interesse daran, wer von den beiden Klassikern welches Epigramm verfasst und wer jeweils das Ziel des Spottes war, war nicht nur zum Zeitpunkt des Erscheinens des Musenalmanachs enorm.

D 1350

83
Musen-Almanach für das Jahr 1798
Herausgegeben von Schiller
Tübingen: Cotta, [1797]. Mit Titelkupfer und 9 Musikbeilagen

Der Balladenalmanach von 1798 enthält unter anderem Schillers Ballade Der Taucher.

D 61, aus dem Besitz von Fritz Bode, erworben 1942

84
Der Taucher. Ballade von Schiller mit Begleitung des Pianoforte componirt … von J. H. C. Bornhardt, op. 110
Braunschweig: Spehr, [1810]. – Plattennr. 1123

Johann Heinrich Carl Bornhardt (1773-1844) lebte als Komponist und Musiklehrer in Braunschweig. Er komponierte hauptsächlich technisch leicht ausführbare Vokal- und Instrumentalstücke für den geselligen Kreis im häuslichen Rahmen. Schillers Taucher hat er auch für Gitarrenbegleitung vertont.

Mus-n 5863, aus dem Besitz von Georg Richard Kruse

85
Schillers Gedichte
Jubiläums-Ausgabe mit Photographien nach Zeichnungen von Böcklen, Kirchner, C. Piloty, F. Piloty, Schwind etc. etc. und Holzschnitten nach Zeichnungen von Julius Schnorr in Stuttgart.
Stuttgart: Cotta, 1859-1862

Der Prunkband zur Säkularfeier von Schillers Geburtstag 1859 ist reich illustriert. Leider kann er in der Ausstellung nur an einer Stelle aufgeschlagen werden. Die Ballade Der Taucher ist mit zwei Gemälden von Ferdinand Piloty d.J. (1828-1895) illustriert.

D 176.4°

86
Musen-Almanach für das Jahr 1799
herausgegeben von Schiller
Tübingen: Cotta, [1798]. Mit Titelkupfer

Der Musenalmanach auf das Jahr 1799 enthielt unter anderem Schillers Romanze Die Bürgschaft.

D 61, aus dem Besitz von Fritz Bode, erworben 1942

87
Die Bürgschaft. Ballade von Friedrich Schiller für eine Singstimme und Begleitung des Pianoforte gesetzt …
von August Mayer
Braunschweig: Spehr, [ca. 1820]. – Plattennr. 1159

Mus-n 6081, aus dem Besitz von Georg Richard Kruse

88
Musen-Almanach für das Jahr 1800
herausgegeben von Schiller
Tübingen: Cotta, [1799]. Mit 5 Kupfertafeln

Der Musenalmanach auf das Jahr 1800 enthielt keine Beiträge von Goethe. Schiller nahm von sich selbst Das Lied von der Glocke auf. Es war schon damals umstritten und löste im Kreis der Jenaer Frühromantiker um Ludwig Tieck und August Wilhelm Schlegel wegen der Biederkeit des darin dargestellten bürgerlichen Familienglücks unbändige Heiterkeit aus.

D 61, aus dem Besitz von Fritz Bode, erworben 1942

89
Einladung zum Redeactus am 29. Oktober 1819
Einblattdruck

Am 29. Oktober 1819 fand in Detmold in Gegenwart der Fürstin Pauline, des Erbprinzen, der Fürstin Christine, der Schulleitung und weiterer Interessierter eine Vortragsveranstaltung statt, bei der Schüler des Gymnasiums zeitgenössische Literatur zu Gehör brachten. Christian Dietrich Grabbe, 17 Jahre alt, las als letzter „ein Stück aus dem Liede von der Glocke“.

KA 57 Nr 1

90
Das Lied von der Glocke von Schiller in Musik gesezt von Andreas Romberg, op. 25
Klavierauszug
Bonn: Simrock, [ca. 1810]. – Plattennr. 680

Der Violinist und Komponist Andreas Romberg (1767-1821), den Schiller im Frühjahr 1804 in Berlin persönlich kennen lernte, komponierte 1808 Schillers Lied von der Glocke für vier Singstimmen und Orchester. Die Vertonung gehörte zum Standardrepertoire bürgerlicher Musikvereine in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das Notenmaterial der Lippischen Landesbibliothek zu dieser Vertonung ist sehr umfangreich: außer dem hier gezeigten gedruckten Klavierauszug verfügt sie über einen kompletten Satz des Orchester- und Stimmenmaterials in handschriftlicher Kopie aus dem 19. Jahrhundert, einen späteren Klavierauszug der Edition Peters, das zugehörige Stimmenmaterial aus dem Besitz des Detmolder Oratorienvereins und die Handschrift einer Fantasie von Karl Friedrich Theodor Kaiser über Rombergs Komposition aus dem Jahr 1819.

Mus-n 3612a, erworben 1966 aus dem Nachlass Fritz Woldt

9. Historische Dramen: Wallenstein, Maria Stuart (1799-1800)

Zurückgekehrt aus Schwaben hatte Schiller wieder eine Wohnung in Jena bezogen. Anfang 1797 erwarb er außerdem für 1150 Taler das in idyllischer Ruhe außerhalb von Jena an der Leutra liegende Gartenhaus eines Jenaer Professorenkollegen. Hier schrieb er in den Sommermonaten der nächsten drei Jahre den größten Teil des Wallenstein nieder, hier entstanden auch die Balladen für den Musenalmanach auf das Jahr 1798 und der Anfang der Maria Stuart.

Bezahlt war das Haus teilweise mit einem Vorschuss Cottas auf die in Arbeit befindliche Tragödie Wallenstein, die Schiller noch im selben Jahr beenden zu können glaubte. Der Plan zu diesem Drama stammte noch von 1792, als Schiller an der Geschichte des dreyßigjährigen Krieges arbeitete. Im Herbst 1796 hatte Schiller dann mit der Ausarbeitung begonnen, zehn Jahre nach Abschluss des Don Carlos auf dem Weg über die Kunsttheorie wieder zur dramatischen Kunst zurückgefunden. Seither rückte das eigene dramatische Schaffen ganz in den Vordergrund seiner Arbeit, das Engagement für die schreibenden Zeitgenossen erlahmte, und nach dem Ende der Horen stellte auch der Musenalmanach mit dem Jahrgang 1800 sein Erscheinen ein.

Die Arbeit am Wallenstein erwies sich als ausgesprochen schwierig und kräftezehrend. Schiller schimpfte über den „widerspenstigsten Stoff“, kämpfte damit, die uferlose Materie in Form zu bringen, die Dramenhandlung schlüssig zu motivieren. Ein Durchbruch gelang erst im November 1797, als er sich entschloss, die Prosafassung aufzugeben und den Wallenstein in Blankversen zu dichten. Im September 1798 entschied er sich auf Goethes Rat hin dafür, die immer umfangreicher werdende Tragödie in drei Stücke aufzuteilen. Das Vorspiel Wallensteins Lager wurde im Oktober 1798 zur Eröffnung des umgebauten Weimarer Theaters uraufgeführt, das Schauspiel Die Piccolomini bei einer Festvorstellung für Herzogin Luise im Januar 1799; die Erstaufführung des letzten Teils Wallensteins Tod erfolgte gleichfalls in Weimar im April 1799.

Im Dezember 1799 zog Schiller mit seiner inzwischen fünfköpfigen Familie von Jena nach Weimar um. Herzog Carl August von Sachsen-Weimar hatte ihn dazu aufgefordert und ihm den Entschluss, seinen Wohnsitz in die kostspieligere Residenz zu verlegen, durch eine Gehaltserhöhung erleichtert. Schiller schrieb ihm noch aus Jena: „Solange ich mich mit Philosophie beschäftigte, fand ich mich hier vollkommen an meinem Platz; nunmehr aber, da meine Neigung und meine verbesserte Gesundheit mich mit neuem Eifer zur Poesie zurückgeführt haben, finde ich mich hier wie in eine Wüste versetzt.“ Im Mai 1802, nach dem Verkauf des Jenaer Gartenhauses, erwarb Schiller für 2400 Taler ein eigenes Haus auf der Weimarer Esplanade.

Im April 1799, unmittelbar nach dem Ende der Arbeit am Wallenstein, begann Schiller mit der Ausarbeitung der Tragödie Maria Stuart, zu der er bereits 1783 in Bauerbach Entwürfe gefertigt hatte. Das historische Geschehen aus der elisabethanischen Zeit ist in Schillers Theaterstück souverän umgestaltet und ganz auf die innere dramatische Handlung bezogen. Bis Juni 1800 war das Stück fertiggestellt, es wurde schon eine Woche danach am Weimarer Hoftheater uraufgeführt. Christian Dietrich Grabbe, 1835/36 Theaterkritiker in Düsseldorf, hat Aufführungen beider Dramen auf dem Düsseldorfer Stadttheater besprochen.

91
Schillers Garten bei Jena
Stahlstich
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859

Lg 20.2°

92
Das Schillerhaus in Weimar
Stahlstich von Henry Winkles
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859

Lg 20.2°

93
Wallensteins Lager. Siebenter Auftritt
Stahlstich von Georges Jaquemot nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 7-8

SW 133e.4°

94
Wallenstein’s Tod. Erster Aufzug, erster Auftritt
Stahlstich von Xaver Steifensand nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 7-8

SW 133e.4°

95
Wallensteins Lager. Vorstellung in Detmold am 10. April 1861
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold

Tz 264

96
Wallenstein’s Tod. Vorstellung in Detmold am 19. April 1844
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold

Tz 43

97
Seni vor Wallenstein
Stahlstich von Johann Friedrich Vogel nach einem Gemälde von Carl von Piloty, 1872

In Wallensteins Tod warnt der Astrologe Seni den sternengläubigen Feldherrn noch im letzten Augenblick vor dem kommenden Unheil. Doch Wallenstein revidiert seine Entscheidung nicht und wird ermordet. Seni verkündet auf der Bühne die „blutige, entsetzensvolle Tat.“

Graphische Sammlung

98
Wallenstein, ein dramatisches Gedicht von Schiller
Zwei Teile. – Tübingen: Cotta 1800. – Erstausgabe

Der Druck des Dramas war hinausgeschoben worden, um die Einkünfte aus Theatertantiemen nicht zu beeinträchtigen. Die Erstausgabe des Wallenstein druckte Cotta im Juni 1800 in einer Auflage von 4000 Exemplaren. Bereits im September folgte eine zweite Auflage zu billigerem Preis, um die bereits erfolgten Nachdrucke aus Bamberg und Wien zu unterbieten.

FP 520, aus dem Besitz der Fürstin Pauline (2. Exemplar: A 759.2.3

99
Das Theater zu Düsseldorf mit Rückblicken auf die übrige deutsche Schaubühne
Von Grabbe

Düsseldorf: Schreiner, 1835, S. 66-73

Auf der Düsseldorfer Bühne wurde am 8. März 1835 Wallensteins Tod gegeben. Grabbe, zu dieser Zeit Theaterkritiker in Düsseldorf, besprach die Inszenierung ausgesprochen positiv in der Zeitschrift Hermann. Ein Centralorgan für Rheinland-Westphalen: „Der Abend lieferte uns ein in jeder Weise mit unermüdetem Fleiße, begeistertem Willen, tiefer Einsicht und Kraft eingeübtes und dargestelltes Kunstwerk.“ Er nahm die Besprechung im selben Jahr in seine Abhandlung über das Theater zu Düsseldorf mit auf.Kein Dichter hat so wie hier die fernsten Sterne zur Erde gezogen, so die Sehnsucht nach dem Unerfaßbaren verherrlichet. Es ist Winter in der Natur. Man fühlt’s, wird’s auch nur schwach angedeutet. Winter ist’s in der Menschheit. ... Andere Dichter haben in Sachen anderer Art Größeres geleistet, aber solch einen Blitz zwischen Himmel und Erde schuf nur Schiller.

Eine Handschrift der Theaterkritik ist nicht erhalten.

Ga 17.1835

100
Wallensteins Lager
19 handschriftliche Rollenhefte des Detmolder Hoftheaters

Bei der Aufführung von Wallensteins Lager auf dem Detmolder Hoftheater am 2. März 1829 spielte Albert Lortzing die Rolle des zweiten holkischen reitenden Jägers. Die Rollenhefte dienten auch später mehrfach zur Einstudierung des Dramas auf dem Hoftheater.

Mus L 18-1

101
Wallensteins Tod
22 handschriftliche Rollenhefte des Detmolder Hoftheaters

Diese Rollenhefte dienten zur Einstudierung von Wallensteins Tod auf dem Detmolder Hoftheater in den Jahren 1843 und 1844 und danach.

T 601

102
Maria Stuart, ein Trauerspiel von Schiller
Tübingen: Cotta, 1801. – Erstausgabe

In Detmold unterhielt der 1834 gegründete Naturwissenschaftliche Verein seit 1844 einen Lesezirkel für seine Mitglieder. Zu dessen Beständen gehörte unter der Nummer 504 auch die Erstausgabe der Maria Stuart. Die umgelaufenen Bücher wurden in einem Raum des Museums aufbewahrt und später an die Bildungsvereine in Detmold und Lemgo abgegeben. Maria Stuart wurde 1942 der Lippischen Landesbibliothek vom Detmolder Bildungsverein übereignet.

D 1343f, aus dem Bestand des Detmolder Bildungs-Vereins
(2. Exemplar: FP 521, aus dem Besitz der Fürstin Pauline)

103
The History of Scotland … by William Robertson
Frankfurt am Main: Brönner, 1828

Eine deutsche Ausgabe dieses zuerst 1759 erschienenen Werkes zur schottischen Geschichte erschien 1762 in der Braunschweiger Dependance der Lemgoer Meyerschen Hofbuchhandlung. Schiller hat das Exemplar der Meininger Hofbibliothek bereits 1783 in Bauerbach gelesen, als er sich mit ersten Plänen für ein Drama Maria Stuart trug, er hat die Ausgabe dann auch selbst besessen. Sie war eine der Hauptquellen für seine Arbeit an diesem Drama.

G 2598

104
William Camden: Annales rerum anglicarum et hibernicarum regnante Elizabetha
Amsterdam: Elzevier, 1677

Ebenfalls aus der Meininger Hofbibliothek entlieh Schiller 1783 eine Ausgabe dieser zuerst 1615 erschienenen und seither mehrfach wieder aufgelegten Regierungsgeschichte Elisabeths I. Im April 1799 entlieh er sie von neuem aus der Weimarer Hofbibliothek zwecks Quellenstudien für Maria Stuart.

G 2582

105
Monolog aus dem Trauerspiel „Maria Stuart“ von Fr. Schiller, in Musik gesetzt von [Johann Rudolf] Zumsteeg
Klavierauszug mit Singstimme, handschriftliche Kopie

Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802), Jugendfreund Schillers aus der Karlsschule und seit 1792 Leiter der Stuttgarter Oper, hatte in frühen Jahren bereits die Lieder aus Schillers Räubern vertont. Er beteiligte sich mit Gedichtvertonungen auch am Musenalmanach auf das Jahr 1798. Die Vertonung des Monologs der Maria Stuart aus Schillers Drama veröffentlichte Zumsteeg 1801 im dritten Heft seiner Kleinen Balladen und Lieder.

Mus-n 8198

106
Maria Stuart. Fünfter Act, neunter Auftritt
Stahlstich von August Hoffmann nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 12

SW 133e.4°

107
Maria Stuart
10 handschriftliche Rollenhefte des Detmolder Hoftheaters

Diese Rollenhefte dienten zur Einstudierung von Maria Stuart auf dem Detmolder Hoftheater. Rosine Lortzing, die Frau des Komponisten, spielte 1832 die Titelrolle. Es fehlen acht Rollen.

T 602

108
Christian Dietrich Grabbe:
Kritik der Aufführung in Düsseldorf am 10. März 1836
Originalhandschrift von Grabbe, 1836

Von Dezember 1835 bis Mai 1836 arbeitete Grabbe als Theaterkritiker für das Düsseldorfer Fremdenblatt. Hier besprach er auch eine schlecht besuchte Aufführung von Maria Stuart am 10. März 1836. Offenkundig mochte er das Drama nicht: es sei ein Werk, „welches Schiller in den matteren Momenten seiner sonst so hinreißenden Begeisterung geschrieben hat“, schreibt er, und die Hauptdarstellerinnen „konnten nicht dazu, dass sie aus ihren Rollen, die mehr Rhetorik als von Dramatik enthalten, nicht mehr machten, als was dieselben sind.“ Die Kritik ist nur in der Detmolder Handschrift erhalten.

Das Original aus dem Detmolder Grabbe-Archiv ist bis zum 10. Oktober 2005 in der Weimarer Ausstellung „Die Wahrheit hält Gericht – Schillers Helden heute“ zu sehen.

GA Ms 82

109
Maria Stuart. Vorstellung in Detmold am 24. Januar 1859
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold

Tz 158