1. Der junge Schiller 1759-1780
Johann Christoph Friedrich Schiller wurde am 10. November 1759 als zweites Kind des herzoglich-württembergischen Leutnants Johann Caspar Schiller und dessen Ehefrau Elisabetha Dorothea Schiller im württembergischen Marbach geboren. Während des Siebenjährigen Krieges war der Vater im Kriegsdienst; Frau und Kinder folgten ihm jeweils in die Winterquartiere seiner Truppe nach und verbrachten die übrige Zeit in Marbach. 1763 wurde Johann Caspar Schiller als Werbeoffizier nach Schwäbisch Gmünd versetzt, und die Familie wohnte im nahen Lorch. 1766 zog sie in die Residenzstadt Ludwigsburg, wo Schiller Anfang 1767 in die Lateinschule eintrat.
Im Januar 1773 endete für den vierzehnjährigen Schiller die Kindheit. Herzog Carl Eugen hatte angeordnet, dass dieser Offizierssohn in der von ihm gegründeten Militär-Pflanzschule, der späteren Karlsschule, weitergebildet wurde – ein Willkürakt, gegen den kein Widerstand möglich war. In diesem Internat lebten die Zöglinge streng kaserniert ohne Verbindung zu ihrer Familie oder zur Außenwelt. Ihr Alltag war stark reglementiert und ließ keinerlei Freiheiten zu. Ferien gab es nicht. Schiller studierte Jura, allerdings lustlos, und widmete sich vorrangig seinen poetischen Ambitionen. Nach drei Jahren wechselte er über zum Medizinstudium, an dem er mit der Zeit Gefallen fand.
Seine 1779 eingereichte medizinische Dissertation wurde wegen „anstößiger Besserwisserei“ abgelehnt, worauf der Herzog entschied, den Nachwuchsmediziner, für den er ohnehin keine Stelle hatte, noch ein weiteres Jahr studieren zu lassen. Erst nach Wiederholung der Abschlussprüfungen wurde Schiller im Dezember 1780 mit der Anstellung als Regimentsarzt aus der Militärakademie entlassen. Er wurde dem in Stuttgart stationierten Regiment Augé zugeteilt und als Feldscher ohne Offiziersrang völlig unzureichend mit einem Monatsgehalt von 18 Gulden besoldet – begründet damit, dass nur Mediziner mit Tübinger Promotion als approbierte Ärzte angestellt werden könnten. Privatärztliche Betätigung zur Aufbesserung seines Gehalts wurde ihm untersagt.
1a
Schiller
Stahlstich von August Weger.
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
1b
Johann Christian Reinhart:
Friderico Schiller. Ingenio, arte, virtute illustri
D[ono] D[edit] D[edicavit]
Radierung, 1800
Der klassizistische Maler Johann Christian Reinhart (1761-1847) lernte Schiller 1785 in Leipzig kennen. Er lebte 1786-1789 in Meiningen, wo er den Dichter im November 1787 wiedertraf. 1789 ging er nach Rom, blieb aber mit Schiller in brieflicher Verbindung. Aus Rom übersandte er ihm 1801 ein Exemplar dieser über einen Nürnberger Verleger vertriebenen Radierung: „Friedrich Schiller, dem in Geist, Kunst und Tugend Berühmten als Geschenk überreicht und gewidmet“.
Das Blatt zeigt eine heroische Landschaft im Gewittersturm, im Mittelgrund antike Architektur, im Vordergrund jagende Reiter. Schiller wird das Blatt gefallen haben, denn es entspricht ganz seiner Konzeption von ästhetischer Landschaft und idealistischer Ästhetik, die er selbst zuvor theoretisch entwickelt hat.
Graphische Sammlung
2
Johann Caspar Schiller, der Vater (1723-1796)
Stahlstich von August Weger
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
3
Elisabetha Dorothea Schiller, die Mutter (1732-1802)
Stahlstich von August Weger
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
4
Schillers Geburtshaus zu Marbach
Stahlstich nach einer Zeichnung von Ludwig von Gleichen-Rußwurm, 1859
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
5
Die ehemalige Karlsacademie in Stuttgart
Stahlstich nach einer Zeichnung von Karl Philipp Conz
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
2. Auftritt eines Genies 1781-1785
Als Regimentsarzt unterlag Schiller ebensolchen Kontrollzwängen wie als Zögling der Militärakademie. Er musste Uniform tragen und durfte die Kaserne nicht ohne Genehmigung verlassen. Im Frühjahr 1781 zog er aus der Kaserne aus und teilte sich mit einem Bekannten ein Zimmer als Untermieter bei der Hauptmannswitwe Luise Vischer. Sogleich entflammte er in Liebe zu der dreißigjährigen Frau und dichtete sie in seinen exaltierten Oden an Laura poetisch an. Im Kreis seiner Freunde holte er die versäumte Jugend nach, fiel durch Alkoholexzesse und Bordellbesuche auf und erwarb sich binnen kurzem einen Ruf als Kraftgenie.
Schon als Karlsschüler hatte Schiller sich mit einem Dramenprojekt Die Räuber beschäftigt und im Sommer 1780 eine erste Fassung fertiggestellt. Nun wollte er das Drama drucken lassen. Der Mannheimer Verleger Christian Friedrich Schwan lehnte jedoch wegen „Unzumutbarkeit des Stoffes“ ab. Daraufhin nahm Schiller verschiedene Kredite auf und ließ Die Räuber im Juni 1781 im Selbstverlag erscheinen. Die literarische Welt nahm zunächst kaum Notiz davon. Schwan, von der Bühnenwirksamkeit des Stückes überzeugt, interessierte aber Wolfgang Heribert von Dalberg, den Intendanten des Mannheimer Nationaltheaters, dafür. Die Uraufführung einer in dessen Auftrag stark überarbeiteten Bühnenfassung mit wesentlichen inhaltlichen Änderungen fand in Anwesenheit Schillers am 13. Januar 1782 in Mannheim statt. Die Zuschauer verstanden den rebellischen Impuls des Stückes gleichwohl und bezogen ihn auf ihre eigenen gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Erfolg war überwältigend und sprach sich schnell herum; binnen kurzem war Schiller berühmt: „Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Türe. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.“
Wenige Wochen nach der Uraufführung erschien im Stuttgarter Metzler-Verlag Schillers Anthologie auf das Jahr 1782. Der Herausgeber wurde nicht genannt, und es war ein fingierter Druckort namens Tobolsko angegeben. Der Band enthält 83 Gedichte, von denen 48 von Schiller selbst verfasst waren; die anderen Beiträge stammten aus seinem Stuttgarter Freundeskreis. In einer Selbstrezension urteilte Schiller: „Überspannt sind sie alle und verraten eine allzu unbändige Imagination; hie und da bemerke ich auch eine schlüpfrige sinnliche Stelle, im platonischen Schwulst verschleiert. Sehr oft ist der Witz gezwungen und ungeheuer. Im Ganzen sind fast alle Gedichte zu lang und der Kern des Gedankens wird von langweiligen Verzierungen überladen und erstickt.“
Schon zum Debüt der Räuber war Schiller nach Mannheim gefahren, ohne um Urlaub nachgesucht zu haben; als er im Mai 1782 wieder unerlaubt eine Theaterfahrt unternahm, bestrafte ihn Carl Eugen mit 14 Tagen Arrest. Als ihm aber im Spätsommer der Herzog wegen eines Protestes betreffend die Räuber, der vermeintlich außenpolitische Verwicklungen zu zeitigen drohte, das Dramenschreiben ganz verbot, entschloss er sich zur Flucht und entwich mit Hilfe seines Freundes Andreas Streicher am 23. September 1782 über die Grenze nach Mannheim. In den nächsten Monaten lebten die Freunde allein von Streichers Barschaft. Schiller floh nicht nur aus einem ungeliebten Brotberuf in das Dasein eines freien Schriftstellers, sondern war, rechtlich betrachtet, ein Deserteur, der ständig die Verhaftung durch Agenten des Herzogs von Württemberg fürchten musste.
Im Fluchtgepäck hatte der im pfälzischen Nachbarstaat unbequeme Autor sein republikanisches Trauerspiel Die Verschwörung des Fiesko zu Genua, an dem er seit Anfang des Jahres 1782 gearbeitet hatte. Das Mannheimer Nationaltheater wollte das Stück in der vorliegenden Fassung nicht aufführen, doch konnte Schiller es an Schwan verkaufen, der ihm ein sehr geringes Honorar von 50 Talern zahlte und es im April 1783 drucken ließ.
Das erste Halbjahr 1783 verbrachte Schiller im thüringischen Bauerbach, wo ihm Henriette von Wolzogen, die er über Luise Vischer kennen gelernt hatte, eine Zuflucht gab. Hier arbeitete er an seinem bürgerlichen Trauerspiel Kabale und Liebe, für das sich nun der Mannheimer Intendant von Dalberg heftig interessierte. Er bot Schiller eine Anstellung als Dramaturg und Theaterdichter für ein Jahr, und Schiller nahm an. Im Januar 1784 wurde in Mannheim der Fiesko aufgeführt, in einer verharmlosten Fassung, bei der der Titelheld sich am Schluss nicht zum neuen Tyrannen aufschwingt, sondern als überzeugter Republikaner entpuppt und am Leben bleibt. Das Stück, seiner Tragik enthoben, blieb ohne Publikumswirkung; erst in den Jahren der Französischen Revolution wurde es auf deutschen Bühnen ein Erfolg. Im April erntete Schiller mit einer ebenfalls gemilderten Fassung von Kabale und Liebe dann wiederum freundlichen Beifall.
6
Die Räuber, ein Trauerspiel von Friedrich Schiller
Neue, für die Mannheimer Bühne verbesserte Original-Auflage.
Mannheim: Schwan und Götz, 1802
Der Erstdruck einer von Schiller nach der Uraufführung überarbeiteten Fassung erschien 1782 im Verlag des Mannheimer Buchhändlers Christian Friedrich Schwan und wurde seither dort mehrfach wieder neu aufgelegt. Schwan druckte auch nach Auflösung der Geschäftsbeziehung 1785 immer wieder Schillers frühe Dramen ohne dessen Einverständnis nach. In der bearbeiteten Fassung waren die Räuber ein für ihre Zeit beispielloser Bucherfolg.
D 1343e
7
Die Räuber. Zweiter Act, zweite Scene
Stahlstich von Rudolf Rahn nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 11
Die Szene zeigt den alten Moor in seinem Schlafzimmer, nachdem ihm die falsche Nachricht vom Tod seines älteren Sohnes Karl zugetragen worden ist. Karls Braut Amalia liest ihm aus der Bibel die Geschichte von Jakob und Joseph vor, insbesondere die Stelle, an der Josephs Brüder dem Vater gegenüber falsches Zeugnis über Josephs Tod ablegen. Da die biblische Geschichte hier der dramatischen Handlung genau entspricht, sieht man im Hintergrund den verräterischen Franz Moor sich von der Szene schleichen. Das Bild an der Wand zeigt den Brudermord von Kain an Abel.
SW 133e.4°
8
Die Räuber. Trauerspiel in 5 Akten
12 handschriftliche Rollenhefte des Detmolder Hoftheaters
Schillers Drama wurde in Detmold vermutlich erstmals 1820 von der Pichlerschen Truppe aufgeführt. Aus deren Besitz stammen diese Rollenhefte, die später auch mehrfach zur Einstudierung der Räuber auf dem 1825 gegründeten Hoftheater dienten. Auf den Vorderseiten sind die Namen der Schauspieler aufgelistet, die die jeweiligen Rollen gespielt haben.
T 599
9
Die Räuber. Vorstellung in Detmold am 13. Februar 1859
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold
In der Vormärzzeit wurden die Räuber am Detmolder Hoftheater nicht aufgeführt. Erst im Jahr der Säkularfeier von Schillers Geburtstag 1859 wurden sie wieder gespielt.
Tz 168
10
Anthologie auf das Jahr 1782
Gedruckt in der Buchdrukerei zu Tobolsko
Reprint, hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Fedor von Zobeltitz. Berlin: Frensdorff, 1905
In Schillers Anthologie mit eigenen Gedichten und lyrischen Produkten aus seinem Freundeskreis sind die Gedichte mit Chiffren gezeichnet und nicht immer zuzuordnen. Hier aufgeschlagen ist eines seiner Laura-Gedichte.
D 58a, erworben 1917
11
Anthologie auf das Jahr 1782
Herausgegeben von Friedrich Schiller
Stuttgart: Metzler, [1798]
Vignette: Apollokopf, gestochen von Egid Verhelst
Zur Ostermesse 1798 brachte der Verleger Johann Benedikt Metzler die Anthologie in einer Titelauflage unter dem Namen Schillers neu heraus. Er hoffe, schreibt er im Vorwort, den Dank des Publikums zu verdienen, wenn er diese Sammlung der „frühsten Begeisterungs-Produkte eines vortreflichen Schriftstellers“ im Buchhandel wieder verfügbar mache.
D 58
12
Andreas Streicher: Schiller’s Flucht von Stuttgart und Aufenthalt in Mannheim von 1782 bis 1785
Stuttgart, Augsburg: Cotta, 1836
Aus dem Nachlass von Schillers Fluchtgefährten Andreas Streicher (1761-1833) erschien 1836 dieser Bericht über Schillers Flucht aus Stuttgart im September 1782 und die daran anschließende Mannheimer Zeit. Das Buch ist eine der wichtigsten Quellen für Schillers Jugendgeschichte. Als Schiller Ende November 1782 nach Bauerbach aufbrach, blieb Streicher in Mannheim zurück. Er fand eine Anstellung als Klavierlehrer und arbeitete als konzertierender Künstler, war später Klavierfabrikant in Wien.
Lg 1396b, erworben 1933
13
Die Verschwörung des Fiesko zu Genua
Ein republikanisches Trauerspiel von Friederich Schiller
Mannheim: Schwan, 1784
Nachdruck der Erstausgabe aus dem Jahr 1783. Erste Fassung des Dramas, bei der Fiesko am Schluss selbst die Rolle des Tyrannen übernimmt und daraufhin von Verrina ins Meer gestürzt wird.
D 1343a, aus dem Vorbesitz Rost
14
Die Verschwörung des Fiesko zu Genua.
Ein Republikanisches Trauerspiel in fünf Aufzügen
Von Friedrich Schiller. Neu bearbeitet
[Augsburg], 1789
Aus: Deutsche Schaubühne. Bd. 2, S. 311-468
Zweite Fassung mit dem für die Mannheimer Bühne veränderten Schluss, bei dem Fiesko am Leben bleibt.
D 2108, aus dem Besitz des Theaterdirektors Carl Friedrich Wittmann
15
Theater von Schiller
Bd. 2. – Tübingen: Cotta, 1806
In den Jahren 1805 bis 1807 druckte Schillers Verleger Cotta unter dem Titel Theater von Schiller eine fünfbändige Ausgabe von Schillers Dramen. Die frühen Dramen erschienen im zweiten Band mit einem Portrait des Fiesko, Herzog von Lavagna, als Frontispiz.
Das Theater von Schiller war Schillers letztes großes Verlagsprojekt, das er im Hinblick auf Typographie und Ausstattung sehr wichtig nahm. Es sicherte seiner Familie nach seinem Tod über viele Jahre ein regelmäßiges Einkommen aus Cottas Honorarzahlungen.
A 759.1.2
16
Fiesko. Zweiter Aufzug, siebenzehnter Auftritt
Stahlstich von Georges Jaquemot nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 5
Der Maler Romano präsentiert Fiesko, dem 23jährigen Grafen von Lavagna, und dem Republikaner Verrina mit seinen jungen Anhängern sein neuestes Gemälde. Es stellt die Geschichte der Virginia und des Appius Claudius dar – eine unmittelbare Parallele zur dramatischen Handlung, denn der genuesische Tyrann Andrea Doria, den Fiesko und Verrina zu stürzen trachten, hat Verrinas Tochter Bertha vergewaltigt.
SW 133e.4°
17
Die Verschwörung des Fiesko. Trauerspiel in 5 Akten
26 handschriftliche Rollenhefte des Detmolder Hoftheaters
Schillers Dramen gehörten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Repertoire des Detmolder Hoftheaters, wenngleich die Klassiker insgesamt recht wenig gespielt wurden. Diese Rollenhefte dienten zur Einstudierung des Fiesko in den Jahren 1839/40 und danach. Auf den Vorderseiten sind die Namen der Schauspieler aufgelistet, die die jeweiligen Rollen gespielt haben.
T 604
18
Kabale und Liebe, ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen von Fridrich Schiller
Neue Original-Auflage
In: Trauerspiele von Fridrich Schiller, zum erstenmal aufgeführt auf der Mannheimer National-Schaubühne. Mannheim: Schwan und Götz, 1786
Der Mannheimer Verleger Schwan druckte Schillers frühe Dramen, deren Erstausgaben in seinem Verlag erschienen waren, auch nach Schillers Fortgang aus Mannheim immer wieder nach, ohne den Verfasser dafür zu honorieren. Diese neue Auflage von Kabale und Liebe wurde zusammen mit Nachdrucken der Räuber und des Fiesko von 1788 unter dem Titel Trauerspiele publiziert.
A 759.1.1
19
Cabale und Liebe. Dritter Act, sechste Scene
Stahlstich von Xaver Steifensand nach einer Zeichnung von Wilhelm Kaulbach
Aus: Stahlstiche zu Schiller’s Werken in Einem Bande nach Zeichnungen von W. Kaulbach. Stuttgart, Tübingen: Cotta, 1840. Bl. 4
Der Sekretär Wurm hat Luise Miller von der Verhaftung ihrer Eltern unterrichtet und ihr erklärt, nur ein eigenhändig geschriebener Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb könne die Eltern retten. Die Szene zeigt, wie er ihr diesen Brief diktiert. Die heimtückische Intrige gewinnt durch dieses Dokument Oberhand über den Fortgang der Handlung.
SW 133e.4°
20
Kabale und Liebe. Vorstellung in Detmold am 8. Februar 1861
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold
Unter dem Theaterdirektor Gustav Mewes nahm im Detmolder Hoftheater Anfang der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts das Schauspiel eine führende Rolle ein. Die beiden Gastschauspielerinnen Marie Knauff und Bertha Michaelis [hier Druckfehler] spielten 1861 die Paraderollen der Lady Milford und der Luise Millerin.
Tz 236
21
Benefiz-Vorstellung auf dem Hof-Theater zu Detmold am 3. Mai 1877
Theaterzettel des Fürstlichen Theaters in Detmold
Bei einer Benefiz-Vorstellung der Schauspieler Wilhelm und Friedrich von Pachert und der Schauspielerin Johanna Schultes wurde unter anderem eine Einzelszene aus Kabale und Liebe aufgeführt.
Tz 324
3. Freier Schriftsteller: Leipzig und Dresden 1785-1787
In Mannheim gelang es Schiller nicht, dauerhaft zu reüssieren. Er hatte ein gespanntes Verhältnis zu den Schauspielern und erfüllte krankheitshalber auch seine vertraglichen Verpflichtungen als Dramenlieferant nicht. Es war bald absehbar, dass sein Theatervertrag nicht verlängert werden würde; er lief im August 1784 aus, ohne dass Schiller bis dahin eine neue Perspektive gefunden hatte. Zunächst blieb er in Mannheim, arbeitete an seinem in Bauerbach begonnenen Trauerspiel Don Carlos, plante die Herausgabe einer Literaturzeitschrift und steuerte auf die ungesicherte Existenz eines freien Schriftstellers zu.
Eine Lösung fand sich, als ihm persönlich unbekannte Freunde seiner Dichtkunst, der Dresdener Oberkonsistorialrat Christian Gottfried Körner, der Publizist Ludwig Ferdinand Huber und die mit diesen beiden verlobten Schwestern Minna und Dora Stock, ihn zu sich einluden. Im April 1785 reiste er zu ihnen nach Leipzig und wohnte im Vorort Gohlis. In ihrer Gesellschaft fühlte er sich ausgesprochen wohl und unbeschwert. Nach der Eheschließung Körners mit Minna Stock zog er im Spätsommer zu den Freunden nach Dresden.
Noch in Mannheim erschien Mitte März 1785 im Selbstverlag das erste Heft der neu gegründeten Zeitschrift Rheinische Thalia. In der Ankündigung schrieb Schiller: „Nunmehr sind alle meine Verbindungen aufgelöst. Das Publikum ist mir jetzt alles, mein Studium, mein Souverain, mein Vertrauter. Ihm allein gehör ich jetzt an. Vor diesem und keinem anderen Tribunal werd ich mich stellen.“ Doch fand die mit Krediten finanzierte Zeitschrift kaum Abnehmer, und das Unternehmen wäre in Kürze gescheitert, wenn nicht der Leipziger Buchhändler Georg Joachim Göschen auf Betreiben Körners Schiller die Zeitschrift abgekauft und ihren Druck und Vertrieb in seinen neugegründeten Verlag übernommen hätte. Schiller, auf die Einnahmen angewiesen, bestritt den Inhalt der Thalia, die es bis 1791 auf 12 Hefte brachte, weitgehend allein. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Zeitschrift gewährleisteten aber mitnichten materielle Sicherheit, und Rücksichten auf den Publikumsgeschmack waren auch erforderlich.
Von Anfang September 1785 bis Ende Juli 1787 wohnte Schiller, von Körner finanziell unterstützt, in Dresden. In Körners Weinberghaus im Vorort Loschwitz entstand im Herbst 1785 Schillers wohl berühmtestes Gedicht, die Ode An die Freude, als Ausdruck eines emphatischen Freundschaftskults. Sie wurde von Körner in Musik gesetzt und mit den Noten in der Thalia publiziert. Noch zu Schillers Lebzeiten ist sie immer wieder neu vertont worden, unter anderem von Carl Friedrich Zelter, Johann Friedrich Reichardt und Johann Rudolf Zumsteeg. Insgesamt gibt es mehr als hundert Vertonungen; am bekanntesten ist sicherlich diejenige Beethovens in der Neunten Sinfonie von 1823, doch hat auch Albert Lortzing, von 1826 bis 1833 Schauspieler und Sänger der Detmolder Hoftheatergesellschaft und später Kapellmeister in Leipzig, 1840 einen Chorsatz komponiert.
22
Friedrich Schiller
Druck nach einem Gemälde von Anton Graff, 1786
alt gerahmt
Im Mai 1786 saß Schiller in Dresden dem Maler Anton Graff Modell für ein Portrait, das später eines der am häufigsten reproduzierten Schiller-Bildnisse wurde. Graff berichtet über diese Sitzungen: „Das war ein unruhiger Geist, der hatte, wie wir sagen, kein Sitzfleisch.“
Graphische Sammlung
23
Thalia
Herausgegeben von Schiller
Leipzig: Göschen, 1785-1791. – Bd. 3, Heft 9-12
Schiller widmete die Zeitschrift dem Herzog Carl August von Sachsen-Weimar, der ihm im Januar 1784 den Titel eines „Weimarischen Rats“ verliehen hatte. Das erste Heft enthielt unter anderem seinen Vortrag Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? und den ersten Akt des Don Carlos. Die Zeitschrift ist im Bestand der Lippischen Landesbibliothek komplett vorhanden.
D 59, aus dem Besitz von H. P. C. Hüllesheim, 1827
24
Allgemeine Literatur-Zeitung vom Jahre 1785
Jena, Leipzig: Allgemeine Literatur-Zeitung. – 1785, Bd. 2. – 1. Mai 1785
Die Jenaer Allgemeine Literatur-Zeitung, erschienen seit 1785, war das wichtigste Rezensionsorgan ihrer Zeit und hatte beträchtlichen Einfluss auf das literarische Leben. Sie ist im Bestand der Lippischen Landesbibliothek komplett bis 1848 vorhanden. Am 21. Mai 1785 erschien eine Besprechung von Schillers Rheinischer Thalia. Schiller selbst arbeitete an der Zeitschrift ab Oktober 1788 als Rezensent mit.
Bb 93.4°, aus der Detmolder Regierungsbibliothek
25
Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste
Leipzig: Dyck. – Bd. 32 (1786), S. 289-323
Auch die Leipziger Zeitschrift Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste widmete Schillers neuer Zeitschrift und dem darin abgedruckten Don Carlos eine ausführliche Rezension.
Bb 88
26
Schiller-Haus in Gohlis
Gezeichnet und gestochen von Leopold Schulz 1859
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Schiller bewohnte zwei Zimmer im oberen Stock des Hauses, Göschen bewohnte das Erdgeschoss. Hier arbeitete Schiller an Don Carlos und an Beiträgen für die Thalia.
Lg 20.2°
27
Christian Gottfried Körner
Nach einem Gemälde von Anton Graff gestochen von Lazarus Gottlieb Sichling
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Lg 20.2°
28
Schiller-Haus in Loschwitz
Stahlstich
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
In Loschwitz wohnte Schiller den Sommer über im Weinberghaus seines Freundes Körner. Hier entstanden die Ode An die Freude und der zweite Akt des Don Carlos.
29
Schillers Linde zu Blasewitz
Stahlstich von Alfred Krausse nach einer Zeichnung von Gustav Täubert
Aus: Schiller-Feier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. 2. Auflage. Leipzig: Baumgärtner, 1859
Von Loschwitz aus setzte Schiller gern auf das linke Elbufer nach Blasewitz über und schaute dann von dieser Linde aus auf die Elbauen. Zur Säkularfeier 1859 wurde an der Linde eine Gedenktafel angebracht.
Lg 20.2°
30
Thalia
Herausgegeben von Schiller
Leipzig: Göschen, 1785-1791. – Bd. 1, H. 1-4
In Heft 2 der Thalia erschien 1786 die Ode An die Freude mit dem Tonsatz seines Freundes Körner.
D 59, aus dem Besitz von H. P. C. Hüllesheim, 1827
31
Sinfonie mit Schluß-Chor über Schillers Ode „An die Freude“
für grosses Orchester, 4 Solo- und 4 Chorstimmen,
componiert … von Ludwig van Beethoven, op. 125
Partitur
Mainz, Paris, Antwerpen: Schott, [1826]. – Erstausgabe
Ludwig van Beethoven (1770-1827) verwendete Schillers Ode 1823 als Textgrundlage seiner Neunten Sinfonie und sicherte ihr damit bis heute eine beispiellose Popularität. Auch das Notenmaterial für die Einzelstimmen ist im Erstdruck vorhanden.
Mus-n 339, aus dem Bestand der Fürstlichen Hofkapelle
32
Schillers Lied an die Freude
Komponiert von Carl Friedrich Schulz
für Chor und Orchester gesetzt von Lortzing
Eigenhändige Handschrift Lortzings, Kompositionspartitur mit zahlreichen Korrekturen, 1840
Der Komponist Albert Lortzing (1801-1851) war ab 1833 am Leipziger Stadttheater engagiert. Dort wurden jährlich Schillerfeste veranstaltet, an denen er als musikalischer Leiter führend mitwirkte. Zum ersten Leipziger Schillerfest am 9. November 1840 komponierte er „Freude, schöner Götterfunken“ für vierstimmigen gemischten Chor und Orchester nach der Melodie von Carl Friedrich Schulz. Veranstaltungsbesprechungen zufolge wurde das Lied vom ganzen Publikum mitgesungen. Die Komposition blieb bis heute ungedruckt.
Mus-L 79a1, Lortzing-Archiv