Kostbares Nass

Serie: Aus der Bildersammlung der Lippischen Landesbibliothek (5)

von Joachim Eberhardt

Druckfassung in: Heimatland Lippe 113 (2020) 11, 290-291.

Wasser ist ein kostbares Gut, das haben uns die vergangenen sehr trockenen Jahre deutlich vor Augen geführt. Vielleicht ein Grund, sich ein bisschen mit dem Lippischen Wasser zu beschäftigen. Nach der Lippischen Landesbeschreibung von 1786 „eilen alle in der Grafschaft entspringenden Bäche und Flüsse“ der Weser zu, bis auf Strote und Haustenbecke, die „nach der Lippe herab“ fließen. Dabei war Verfasser Christian Gottlieb Clostermeier offenbar entgangen, dass Gewässer im „Amt Oerlinghausen“ Richtung Ems streben – den „hydrographischen Wasserscheidepunkt“ der drei Flüsse Rhein, Ems und Weser markiert der 2009 aufgestellte „Dreiflussstein“ auf dem Kamm des Teutoburger Waldes.

Als Verkehrsweg taugten Gewässer für Lippe nicht; die Weser als einzig schiffbarer Fluss berührt das Gebiet gerade ein bisschen im Norden (Bild 1), wie diese farbige Karte von 1758 zeigt. Trotzdem war Wasser durchaus ein Wirtschaftsfaktor, so etwa für die beiden Heilbäder. Während Pyrmont im benachbarten Niedersachsen schon seit dem 16. Jahrhundert Kurgäste anzog, wurde Meinberg 1767 zum „Curort“ ernannt, Salzuflen erst um 1820. Durch den „Leopoldsprudel“, Anfang des 20. Jahrhunderts erbohrt, wurde Bad Salzuflen zum Thermalbad. Das Foto (Bild 2) zeigt eine Nachbohrung um 1950. Ob Bild 3 eine Wasserbohrung zeigt, wissen wir nicht; das Foto dokumentiert immerhin den Tag und die Ausführenden: am 13.10.1924 war die „Deutsche Tiefbohr-AG Aschersleben“ vor Ort in Detmold.

Die Berlebecker Quellen ließ Grafregent Ernst 1899 in Stein einfassen; dafür dankt die eingelassene Schrifttafel (Bild 4). Früher wurde die Berlebecke als Freibad gestaut, so wie der Werrestau in Detmold (Bild 5), während man in Schlangen schon ein echtes Freibad zur Verfügung hatte (Bild 6) – es wurde 1926 als erstes lippisches Freibad eröffnet. (Die Werre wurde natürlich auch zum Waschen benutzt; die Mühen eines Waschtages vor der Erfindung der Waschmaschine hat Fritz Platenau 1987 in dieser Zeitschrift anschaulich beschrieben.)

Auch vor dem Detmolder Schloss dachte man ans Baden; im Bestand der Bibliothek gibt es einen Entwurf von 1875 für ein „Damen-Badehaus“ (Bild 7), das direkt auf der Ameide zu stehen kommen sollte, etwa dort, wo vor ein paar Jahren die Skulptur eines apokalyptischen Reiters vor dem Landesmuseum stand. Das Wasser wäre wohl aus dem Schlossgraben gekommen, denn für die strengen Wassersatzungen vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ist der Wasserverbrauch eines Freibad noch undenkbar. Die Detmolder „Bestimmungen“ von 1899 warnen, Wasser dürfe „nicht muthwillig oder leichtsinnig vergeudet“ werden; insbesondere sei auch die Abgabe „an unberechtigte Personen … verboten“.

Die gleichen Bestimmungen schreiben übrigens vor, die Hausleitungen seien „aus Bleiröhren von doppelt raffinirtem und besten zinnfreien Blechblei mit gleichmäßiger Wandstärke herzustellen, sie müssen innen mit einer dünnen Schicht von Schwefelblei versehen sein“ – womit ein heutiger Leser gedanklich wieder beim Thema Gesundheit angekommen ist und im Geist drei Kreuze macht, dass die bleiernen Zeiten vorbei sind.

Unser kleiner Rundblick wäre aber – im Sinne der einleitend angeführten „Landesbeschreibung – nicht vollständig ohne den Blick auf Gewässer als landschaftsprägende Elemente. Von Ludwig Menke (1822-1882), der zahlreiche Bilder lippischer Landschaften und Bauwerke geschaffen hat (siehe Vera Scheefs Artikel in dieser Zeitschrift 2004), besitzen wir z.B. mehrere Darstellungen der Berlebecker Quellen. Die gedruckte Lithographie (Bild 8) zeigt zwar mehr Details als die Bleistiftskizze (Bild 9), aber ist sie darum „wahrer“, oder nur die gezeigte Szenerie stärker inszeniert? Glücklich jedenfalls die Bildsammlung, die beide Quellen ihr eigen nennt.