Straßenbahnen

Serie: Lippische Landesbibliothek stellt historische Bildquellen vor (2)

von Joachim Eberhardt

Druckfassung in: Heimatland Lippe 113 (2020), 5, 126-127.

Knapp 100 Jahre ist es her: Am 22. Juli 1920 fuhr die Linie 2 der Straßenbahn zum ersten Mal vom Hornschen Tor in Detmold nach Horn. Das war ein wichtiger Lückenschluss, denn damit wurden die vorhandenen Strecken (Detmold-Berlebeck und Detmold-Hiddesen) mit der Linie von Horn über Schlangen nach Paderborn verbunden.

In Detmold hatte man schon 1897 die Konzession „zum Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn“ erteilt (Bild 1), die zum 1. Mai 1898 fertig sein sollte. Die Eröffnungfahrt fand schließlich am 1. März 1900 um 13 Uhr statt; die LZ berichtet am Tag darauf, mit welchem Menü man sich 110 Gäste anschließend stärkten (Königin-Suppe, Ragout fin, geb. Fisch, Kartoffelsalat, Salmis von Enten in Blätterteig, Wildrücken, Salat, Kompot, Eis, Butter und Käse – mit Tafelmusik von der Regimentskapelle unter „persönlicher Leitung des Königl. Musikdirektors Herrn Hubert“), während man den salbungsvollen Worten des Direktors der LEAG (Lippische Elektrizitäts AG) lauschte. An der Kasse am Bahnhof in der Hermannstraße wären Fahrkarten für die Einzelfahrt „im Ansichts-Postkarten-Form incl. 5 Pfg. Marke zum Preis von 30 Pfg. zu haben“, warb die LEAG (Bild 2).

In den Folgejahren fand das neue Verkehrsmittel in der Bevölkerung breite Zustimmung. Als nach dem Brand 1912 der Theaterbetrieb im Sommertheater stattfand, warben die Theaterzettel mit der günstigen Verkehrsanbindung (Bild 3): „Sämtliche elektrischen Wagen halten am Sommertheater. Nach dem Theater Anschluss nach allen Richtungen“ – was zu diesem Zeitpunkt noch meinte: nach Detmold Innenstadt in die eine Richtung, nach Hiddesen oder Heiligenkirchen und Berlebeck in die andere. Für die Strecke nach Horn über Spork-Eichholz, Remmighausen, Schönemark und Schmedissen sorgte die PESAG, die Paderborner Elektrizitätswerk- und Straßenbahn AG, die 1918 die LEAG übernommen hatte. Nach der Eröffnung schrieb die LZ: „Mit der Eröffnung der elektrischen Straßenbahn Detmold-Horn ist in der Tat einem allgemeinen Bedürfnis abgeholfen. Alle Orte, die an der neuen Strecke liegen, haben Vorteile davon […] Den Bewohnern von Horn und Umgebung ist nun auch die langgewünschte Möglichkeit gegeben, mehr als bisher das Theater in Detmold zu besuchen. Der letzte Wagen fährt alltags ab Detmold 10.04 Uhr (wartet den Schluss des Theaters ab“. Die Strecke zwischen Paderborn und Schlangen wurde seit 1911 befahren, bis nach Horn ging es dann 1912. Diese Strecke führte durch die Externsteine.

Wenn man sich fragt, wieviele Haltepunkte die Bahnen zwischen den Endpunkten angefahren haben, dann geben darüber die alten Fahrpläne ungenügend Auskunft. Der Blitz-Fahrplan von 1934 (Bild 4) etwa kennt für die 17-minütige Fahrt zwischen „Detmold-Bhf.“ und „Hiddesen“ nur noch den Stop „Centrale“, die sich etwa an der heutigen Einmündung der Friedrich-Ebert-Straße auf die Paderborner Straße befand. Dabei hat die Bahn auch an der Post, am Theater, am Rathaus (Marktplatz), am Lippischen Hof, am Sommertheater bzw. am Neuen Krug, an der Oberen Mühle, an der besagten „Kraft-Centrale“, am „Töterdreh“ (heute etwa Friedenstal), an der „Frischen Quelle“, an der Konservenfabrik Moser (heute: Augustinum), am Hiddeser Hof und am Hülsenweg (an der Sternschanze) gehalten.

Das ist auf alten Aufnahmen dieser Orte nicht zu erkennen, die Haltestellenbeschilderung ist oft nicht zu sehen. Die kolorierte Aufnahme (Bild 5) zeigt das „Hotel Deutscher Kaiser“ mi Straßenbahn um 1912, die Postkarte (Bild 6) zeigt das inzwischen in „Hiddeser Hof“ umbenannte Gebäude in den 30er Jahren mit dem Haltestellen-„H“ über dem hinteren Wagen.

Zwar war das „herausragende Fotomotiv des PESAG-Netzes“, wie Evert Heusinkveld und Ludger Kenning in ihrem ungeheuer informativen und reich bebilderten Buch „Die PESAG“ feststellen, die Externsteine, aber natürlich sind die lippischen Straßenbahnen auf einer Fülle auch von anderen historischen Bildquellen zu sehen – wie hier auf der Radierung vom Neuen Palais (Bild 7), die etwa auf 1910 zu datieren sein dürfte.