Das kulturelle Erbe sichtbar machen

Digitalisierung in der Lippischen Landesbibliothek Detmold

von Joachim Eberhardt

Druckfassung in: Digitalisierung in Regionalbibliotheken. Hg. von Irmgard Siebert. Frankfurt am Main: Klostermann, 2012 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderbände ; 107), S. 73-86.

Einleitung

Die Lippische Landesbibliothek Detmold ist eine Regionalbibliothek in Nordrhein-Westfalen (NRW). Wie ihr Name vermuten lässt, geht sie auf eine fürstliche Gründung zurück. 1614 stiftete Graf Simon VII. zur Lippe die Büchersammlung seines Vaters zur „Gräflich öffentlichen Bibliothek“ als Schulbibliothek der Lateinschule in Detmold. Fürstin Pauline zur Lippe legte dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Grundstein zur modernen Gebrauchsbibliothek. Der wachsende Bestand fand 1886 seine neue Bleibe im klassizistischen Palais an der Hornschen Straße, das noch heute das Hauptgebäude der Bibliothek ist. Als universal konzipiert, erhielt das Profil der Bibliothek in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Schärfung sowohl durch erste regionalbibliographische Anstrengungen als auch durch den Beginn der Autographensammlung. Nach der Revolution von 1918 übernahm der Freistaat Lippe die Trägerschaft. Als Lippe im Jahr 1948 als letzter deutscher Kleinstaat seine Selbstständigkeit aufgab und mit dem Land Nordrhein-Westfalen vereinigt wurde, ging die Landesbibliothek auf den zur Verwaltung des lippischen Landesvermögens geschaffenen Landesverband Lippe über; das Land NRW leistet auf gesetzlicher Grundlage einen erheblichen jährlichen Zuschuss zum Unterhalt der Bibliothek.(1) Um die kontinuierlich wachsenden Bestände angemessen unterzubringen, wurden 1964–66 und 1979/80 Erweiterungsmagazine an das historische Hauptgebäude angebaut. 1993 wurde schließlich auch das Hauptgebäude in seinem Inneren modernisiert, ein großzügiger Freihandbereich entstand. Etwa gleichzeitig trat die Bibliothek dem Online-Katalogisierungsverbund des Landes NRW (hbz-Verbundkatalog) bei.

Die nächsten Herausforderungen sind der Neubau des zweiten Magazins (2011/2012), die Integration der Theologischen Bibliothek der Lippischen Landeskirche (2012/13, ca. 100.000 Bände) und die Einrichtung einer zentralen Musikbibliothek durch die Zusammenlegung der Bibliotheken der Hochschule für Musik Detmold, des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Paderborn in Detmold und des musikwissenschaftlichen Bestands der Lippischen Landesbibliothek (2013). Diese Bestände sollen im der Bibliothek benachbarten ehemaligen Kreiswehrersatzamt untergebracht werden, das dafür umgebaut und mit dem Hauptgebäude der Landesbibliothek baulich verbunden wird.

Heute ist die Lippische Landesbibliothek die Regionalbibliothek in Ostwestfalen-Lippe und mit ca. 550.000 Bänden eine Universalbibliothek mit Schwerpunkt im geisteswissenschaftlich-historischen Bereich.

Sammlungsprofil

Über die Bestandsgeschichte informiert der ausführliche Eintrag im Handbuch der Historischen Buchbestände.(2) Hier sei nur bemerkt, dass die Altbestände, wie das für Bibliotheken vergleichbarer Geschichte typisch ist, über das Gründungsdatum hinaus bis ins Mittelalter hineinreichen. So zählt die Bibliothek einige mittelalterliche Handschriften zu ihrem Bestand und fast 100 Inkunabeln. Bemerkenswerte Bestände sind die etwa 3.500 Bände umfassende Büchersammlung Simons VI. († 1613) – der Grundstock der Bibliothek –, die das Interessenprofil des vielseitig interessierten Renaissance-Fürsten sichtbar macht.(3) Die Handbibliothek der Fürstin Pauline (†1820) enthält etwa 860 Bände, vor allem Literatur der Aufklärung.

Als Sondersammlungen sind hervorzuheben die Lippe-Sammlung, die Musiksammlung und das Lippische Literaturarchiv.

Die Lippe-Sammlung entfaltete sich unter Bibliotheksdirektor Otto Preuß, dessen Wirken u.a. 1886 zur ersten Regionalbibliographie Bibliotheca Lippiaca führte. Das Pflichtexemplarrecht für die Region besaß die Bibliothek seit 1754, heute gilt es für die Amtsdruckschriften im Regierungsbezirk Detmold.

Die Lippe-Sammlung(4) umfasst derzeit etwa 75.000 Titel auf die Region bezogener oder in der Region entstandener Literatur; neben den im Verlagsbuchhandel erschienenen Medien wird graue Literatur sowie unselbständig erschienene Literatur gesammelt und in der Datenbank Regionaldokumentation nachgewiesen.

Als Sonderbestände sind die Bandel-Sammlung und das Lippe-Bildarchiv, die Fotosammlung und die Plakatsammlung zu nennen. Die Bandel-Sammlung enthält neben Literatur über das Wirken des Architekten, Bildhauers und Zeichners Joseph Ernst von Bandel Dokumente, Pläne und Werke aus seinem Nachlass. Bandel ist der Erbauer des Hermannsdenkmals, des Wahrzeichens Lippes. Das Lippe-Bildarchiv enthält bildliche Darstellungen von Bau- und Naturdenkmälern, Landschaften und Ortsansichten Lippes, sowohl im Original (Zeichnung, Aquarell, Lithografie etc.) wie auch als fotografische Reproduktion. Die Fotosammlung wurde in den 1930er Jahren begonnen und wuchs schnell, unter anderem durch die Foto-Nachlässe der Fotografen Wilhelm Pecher und Ferdinand Düstersiek.(5) Sie enthält Bilder von Baudenkmälern, Personen und Veranstaltungen. Die Plakatsammlung enthält vor allem Wahl- und Veranstaltungsplakate aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Musiksammlung(6) hat drei historische Schwerpunkte: den historischen Altbestand der Fürstlichen Hofkapelle und des Fürstlichen Hoftheaters mit den Aufführungsmaterialien und Dokumenten (Noten, Rollenbücher, Theaterzettel), weitere Materialien zur regionalen, vor allem lippischen Musikgeschichte und das Lortzing-Archiv. Der Schauspieler, Sänger und Komponist Albert Lortzing war 1826–1833 Mitglied der Detmolder Hoftheatergesellschaft. Als 1941 der Berliner Lortzing-Spezialist Georg Richard Kruse überzeugt werden konnte, seine Sammlung von Autographen und Dokumenten nach Detmold zu verkaufen, wurde damit der Grundstein zum Lortzing-Archiv gelegt.(7)

Das Lippische Literaturarchiv(8) betreut u.a. die handschriftlichen Nachlässe und Sammlungen von etwa 40 Autorinnen und Autoren, die in Lippe geboren wurden oder hier gelebt und gearbeitet haben. Von besonderer Bedeutung sind die Spezialsammlungen zu Christian Dietrich Grabbe, Ferdinand Freiligrath und Georg Weerth. Die Autographen und Erstdrucke sind eingebunden in einen umfangreichen Bestand an Literatur des 19. Jahrhunderts in Erst- und Originalausgaben, der sich der Sammlung des Grabbe-Forschers Alfred Bergmann verdankt.

Bisherige Digitalisierungsprojekte

Die Lippische Landesbibliothek Detmold hat erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit zielgerichteter Digitalisierung begonnen. Das hat verschiedene Gründe; der wichtigste ist sicher die personelle Situation nach der Aufgabe des eigenen analogen Fotolabors gewesen, die keine neuen Dienste zuließ. Auch die finanzielle Ausstattung der Bibliothek erlaubte zu dieser Zeit keine großen Investitionen in die Beschaffung neuer Hardware, etwa teurer Aufsichtscanner, oder in die Vergabe von Digitalisierungsaufträgen an Dienstleister. Hinzu kam schließlich, angesichts des Fehlens einer eigenen EDV-Abteilung, dass der Markt keine etablierten und erschwinglichen Softwarelösungen zur Verwaltung und Präsentation von Digitalisaten bot, die sich ohne großen eigenen Personaleinsatz hätten aufsetzen lassen, zumal in dieser Zeit die Bibliothekswelt gerade damit beschäftigt war, komplexe Metadatenstandards für Digitalisate zu erarbeiten. Die ersten beiden Digitalisierungsprojekte der Lippischen Landesbibliothek tragen diesen Rahmenbedingungen Rechnung.

Die Digitalisierung der lippischen Foto-Sammlung

Die Foto-Sammlung wurde Anfang der 1970er Jahre aus politischen Gründen aus dem Bestand der Landesbibliothek ausgegliedert, 2003–2004 kam sie – wiederum aus politischen Gründen –zurück. Mit dieser „Auszeit“ hatte sie die elektronische Erfassung der Regionalsammlung in der Lippischen Landesbibliothek gleichsam verschlafen , denn seit 1987 wird die Regionalbibliographie, welche die eigenen Bestände verzeichnet, als Datenbank geführt.(9) Als Offline-Datenbank begonnen, wurde der Datenbestand Anfang 2003 zunächst mit BRS/Search ins Web gestellt und dann ab Ende 2004 in einer Sisis-SunRise-Datenbank zugänglich gemacht.(10) Die zurückgekommenen Fotos waren ohnehin zu erschließen; dabei Scans der Fotos in die Datenbank zu integrieren, lag nahe. Das Digitalisat wurde damit „Kataloganreicherung“, das heißt, es wurde nicht als eigenes Medium betrachtet, das (nach RAK-NBM) einer separaten Katalogaufnahme bedürfte.

Die Digitalisate lösen auch ein Problem, das jeder kennt, der schon mit historischen Fotos gearbeitet hat. Da diese meist keinen Titel tragen, erhalten sie Ansetzungssachtitel, die in der Regel vom Motiv abgeleitet sind. Bei ähnlichen Motiven werden dann gleiche Sachtitel vergeben, so auch hier. Manche Sachtitel sind für zwanzig oder dreißig Fotos vergeben worden. Die digitale Vollansicht der Fotos erfüllt daher auch den Zweck, die Medien (über eine Sacherschließung hinaus) unterscheidbar zu machen.

Mit dem Entschluss, die Erfassungsdaten der Fotos in die Datenbank Regionaldokumentation zu integrieren, lag fest, welches Datenformat (MAB) und welches Regelwerk (RAK-WB) verwendet werden würde. Allerdings waren Anpassungen nötig. So erforderte die oben angesprochene Häufigkeit gleicher Sachtitel eine Lösung für die „Kurztrefferanzeige“. Dort wären die Eintragungen nicht zu unterscheiden gewesen, hätte man sich streng an das Regelwerk gehalten. Daher wurden die Fotografierenden als „Verfasser“ eingetragen.

Katalogaufnahme und Scan lagen in einer Hand. Für die Arbeit war eine Fachkraft über einen Werkvertrag aus Sondermitteln des Unterhaltsträgers beschäftigt. Die gelernte Ethnologin besorgte zugleich die sachliche Erschließung mit den Deskriptoren der Regionalbibliographie. Die Scans wurden mit einem Flachbettscanner erstellt, übrigens mithilfe eines BCS-2-Moduls von Imageware, das mit der Sisis-Datenbank kommuniziert, sodass der Scan aus der Titelaufnahme heraus angestoßen und gleich korrekt abgelegt und verlinkt wird.

Angesichts des zur Verfügung stehenden Speicherplatzes entschied man sichdagegen, hochauflösende TIFF-Dateien zu erstellen. Die Scans werden für die Veröffentlichung im Web optimiert (150 dpi, JPG) und sind auf einem Server der Bibliothek gespeichert, der regelmäßige Back-ups erfährt. Wenn Benutzer den Wunsch nach einer höherwertigen Reproduktion eines Bildes haben, wird es für diesen Zweck erneut gescannt. Bis heute sind etwa 15.000 Fotos in die Datenbank aufgenommen.

Die Digitalisierung der Theaterzettel

Die Theaterzettel-Sammlung(11) der Lippischen Landesbibliothek dokumentiert ein gutes Stück lippischer Theatergeschichte. Der älteste “Zettel “ von 1777 stammt noch aus der Zeit durchreisender Theatergesellschaften vor der Eröffnung des Lippischen Hoftheaters in Detmold im Jahr 1825.(12) Zusammen mit den Akten des Hoftheaters, den erhaltenen Aufführungsmaterialien (Rollenhefte) und den lippischen Zeitungen der Zeit geben die Theaterzettel Auskunft über Spielpläne, Aufführungen und beteiligte Personen. Erhalten geblieben sind über 1.400 Zettel.

Die Theaterzettel sind den Fotos insofern ähnlich, als dass sie ebenfalls nur aus einem Blatt bestehen, das lediglich auf einer Seite ein Motiv hat. Sie unterscheiden sich darin, dass sie kein visuelles Motiv, sondern textliche Information bieten. Daher konnte zwar die grundlegende Mechanik der Digitalisierungsarbeit hier dieselbe sein wie beim Fotoprojekt: Digitalisat als Kataloganreicherung; Scan und Katalogisierung im gleichen Arbeitsgang; Speicherung in weboptimierter Form als JPG (farbig) in grober Auflösung. Es stellte sich aber die Frage, in welcher Form die Textinformation der Theaterzettel suchbar gemacht werden könnte. Da die verwendeten Schriften der Texte nicht OCR-tauglich sind, stand bald fest, dass die Suchbarkeit durch Abschreiben und Integration der Informationen in das Katalogisat herzustellen wäre. Dafür wurden die Felder „Zusatz zum Sachtitel“ und „Fußnote“ verwendet. Der Aufführungsort wurde als „beteiligte Institution“ aufgenommen, Regisseur und Autor des Stücks bzw. Komponist wurden als „Verfasser“ zusammen mit ihrer Funktion festgehalten und ihre Namen normiert. Die übrigen Namen aus der angezeigten Rollenbesetzung wurden als schlichter Textstring erfasst, da die Identifikation und Normierung der Personen zeitlich nicht zu leisten war. Das Projekt wurde mit finanzieller Unterstützung der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Lippischen Landesbibliothek e.V.(13) und mit einer Werkvertragskraft bis Herbst 2006 fertig gestellt.(14)

Digitalisierung der Lippischen Intelligenz- und Anzeigenblätter

Der nächste Schritt war, die Digitalisierungskompetenz im Bereich der buchartigen Medien auszubauen. Dabei ging es nicht allein darum, die nötige Hardware zu beschaffen, sondern es mussten auch ein Geschäftsgang entwickelt und die Softwarewerkzeuge aufgesetzt werden, die die Arbeit unterstützen. Dies geschah im Rahmen eines Projekts, von dem der Unterhaltsträger überzeugt werden konnte: Digitalisierung der Lippischen Intelligenz- und Anzeigenblätter.(15) Die Intelligenzblätter sind Vorläufer der heutigen Anzeigen- und Bekanntmachungszeitungen und wurden in vielen Territorien gedruckt. In einer Regionalbibliothek sind sie eine gefragte Quelle, ihre Digitalisierung ist daher sowohl ein Beitrag zum Bestandsschutz als auch zur Verbesserung der Zugänglichkeit regionalhistorischer Information. Für die Digitalisierung und strukturierte Erfassung der ca. 35.000 Seiten, die zwischen 1767–1843 erschienen, musste auf Dienstleister zurückgegriffen werden, ebenso für das Hosting der erwarteten Datenmenge. Die Lippische Landesbibliothek entschied sich für die Lösung scantoweb der Walter Nagel GmbH mit dem Visual-Library-Server von semantics und der Hosting-Lösung des hbz. Die Intelligenzblätter sind seit November 2009 online.(16)

Das Grabbe-Portal

Das Grabbe-Archiv ist in der Lippischen Landesbibliothek sicher der prominenteste Bestand. 1938 wurde es der Lippischen Landesbibliothek von Alfred Bergmann übergeben, der bis 1952 in Detmold als Bibliothekar wirkte und danach die Kritische Grabbe-Ausgabe(17) besorgte. Bis heute konnte die Sammlung um bedeutende Stücke vermehrt werden.(18) Derzeit liegen 8 vollständige Werkhandschriften Grabbes in Detmold, etwa 75 Fragmente und mehr als 250 eigenhändige Briefe – ideale Voraussetzungen für eine Komplettdigitalisierung des Grabbeschen Werks in seinen verschiedenen Entstehungsstufen. Ausgangspunkt sollte der Volltext der Kritischen Ausgabe sein, ergänzt um digitale Faksimiles der Erstausgaben, Handschriften und Briefe. Glücklicherweise fanden sich für dieses Vorhaben mit dem Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften der Universität Trier(19) und dem Heinrich-Heine-Institut der Stadt Düsseldorf(20) erfahrene Kooperationspartner; das Heine-Portal(21) fungiert als Vorbild.

Finanziert wurden die Arbeiten über einen im Sommer 2009 genehmigten DFG-Antrag. Die Volltexterfassung im Double-Keying-Verfahren wurde vom Trierer Kompetenzzentrum koordiniert, anschließend wurden die Textdaten mit XML strukturiert. Für die Strukturbeschreibung der Grabbe-Briefe mussten im Heinrich-Heine-Institut die für das Heine-Portal entwickelten XML-Schemata angepasst und ergänzt werden. Die Handschriften der Lippischen Landesbibliothek wurden von einem Dienstleister (Mikro Univers GmbH) im Haus schonend gescannt; die gedruckten Grabbe-Erstausgaben folgten als Eigenbeteiligung mit dem inzwischen entwickelten eigenen Digitalisierungsworkflow. Das Portal ist seit September 2011 online abrufbar unter www.grabbe-portal.de.

Digitalisierung „im Alltag“

Auftragsdigitalisierung

In Verbindung mit der Arbeit an den Intelligenzblättern und der Einrichtung des scantoweb-Geschäftsgangs wurde 2009 ein Aufsichtscanner des Typs Zeutschel OS 14000 erworben, der optimal mit der Erfassungs- und der Präsentationsebene des Visual-Library-Servers zusammenspielt. Der Zeutschel löste damit einen Imageware-Scanner vom Typ Bookeye A2 ab, der zuvor für die Dienstleistung der Auftragsdigitalisierung verwendet worden war.
Als Gesamtlösung bietet diese Hardware-Software-Kombination zwei Vorzüge:

  1. Mit dem scantoweb-Geschäftsgang werden METS-konforme Metadaten für das Digitalisat erzeugt, die den DFG-Empfehlungen entsprechen.
  2. Die Katalogdaten der Primärform werden aus dem Aleph-Verbundkatalog des hbz automatisch übernommen und in die Metadaten des Digitalisats integriert; das Ergebnis wird dann als Aufnahme für die Sekundärform wieder in den Verbundkatalog exportiert. Für den Geschäftsgang bedeutet dies, dass Primärformen, die noch nicht elektronisch erfasst sind, zunächst in den Verbundkatalog aufgenommen werden, um ihre Metadaten dann für den Import zur Verfügung zu haben.

Für das Digitalisieren konnte 2009 eine halbe Stelle freigestellt werden, die Strukturbeschreibung der Digitalisate wird wie die Katalogisierung von zwei Diplomkräften zusätzlich neben ihren übrigen Aufgaben geleistet. Um die Digitalisate störungsfrei online auf die Festplatten des hbz zu bringen, musste die Lippische Landesbibliothek ihre Upload-Geschwindigkeit für das Internet erhöhen; hier wurde erst im Sommer 2010 ein befriedigender Zustand erreicht.

Die Auftragsdigitalisierung eines ganzen Werks ist ein willkommenes Mittel, die eigene digitale Sammlung zu vergrößern, da die Kundinnen und Kunden zumindest einen Teil der Kosten übernehmen. Damit ihnen dies leichter fällt, wurde bei Einführung der Dienstleistung die Preisklasse der „Serienaufnahme“ geschaffen: 25 Cent pro Seite, wenn mindestens 20 aufeinanderfolgende Seiten in Auftrag gegeben werden (und die Vorlage ein kleineres Format als A3 hat), gegenüber dem Preis von Einzelseiten-Scans für mindestens 1 Euro. Die auszugebende Bildqualität (Farbe, Auflösung, Datenformat) richtet sich nach den Wünschen der Beauftragenden, hat aber keinen Einfluss auf den Preis, weil die Scans für die eigene Nutzung ohnehin in bester Qualität angefertigt und dann gegebenenfalls konvertiert werden. Bisher werden die Auftragsdigitalisate per E-Mail-Attachment oder per Datenträger übermittelt; der FTP-Download ist derzeit nicht möglich .

Vor der Annahme eines Auftrags wird recherchiert, ob das Werk anderswo digitalisiert vorliegt. Wer den Auftrag gab, wird gegebenenfallsdarauf hingewiesen und das Fremddigitalisat im Katalogdatensatz des Werks nachgewiesen. So wird der Effekt der Bestandsschonung auch ohne eigenes Digitalisieren erreicht und die Bearbeitung zukünftiger Anfragen erleichtert.

Prioritäten

Um Personal und Gerät auszulasten, werden Zeiten ohne größeres Projekt kontinuierlich Einzelstücke digitalisiert, bevorzugt aus den historischen Sonderbeständen. Grundlage ist ein im Kreis der AG Regionalbibliotheken bereits Ende der 1990er Jahre vorgestelltes Konzept zur retrospektiven Digitalisierung von Landesbibliotheksbeständen, das die interessierenden Bestände sachlich und formal umreißt. Dabei steht das geistig-kulturelle Profil der Region Ostwestfalen-Lippe im Vordergrund, wie es sich im regional entstandenen bzw. von der Region handelnden Quellenmaterial (z.B. Schulprogramme, Einblattdrucke, Edikte und Erlasse, Adressbücher, Zeitungen), in der regionalen Buchproduktion (Druckereien, Pflichtexemplare) und in den in der Region gewachsenen historischen Beständen (z.B. Adels-, Gelehrten-, Schulbibliotheken) zeigt. Die Handschriften und Autographen – etwa des Lippischen Literaturarchivs oder der Musiksammlung – können ohnehin aufgrund ihrer Einzigartigkeit ohne Rücksicht auf die Digitalisierungsaktivitäten anderer erarbeitet werden. Auch bei den Drucken ist aufgrund der regionalen Konzentration nur wenig Überschneidungen mit den Bibliotheken zu erwarten, die sich der Massendigitalisierung widmen. Die Zusammenarbeit mit Dienstleistern bietet sich ebenfalls weiterhin an, und zwar für größere zusammenhängende Quellenmengen. Gedacht ist an die Nachfolger der lokalen Anzeigenblätter bis 1918 und vergleichbares Serienschrifttum (Landtagsprotokolle, Gesetzesblätter) von regionalhistorischem Quellenwert.

Erschließung, Präsentation, Archivierung

Für die Langzeitsicherung der Digitalisate beobachtet die Lippische Landesbibliothek die Entwicklungen im Projekt Digitales Archiv NRW.(22) Bis die landesweite Plattform einsatzbereit ist, müssen eigene Lösungen gefunden werden. Dabei sind die Themen der Erschließung, der Präsentation und der dauerhaften Archivierung der Digitalisate nicht voneinander zu trennen.

Für Bücher, Zeitschriften und buchähnliche Medien setzt die Lippische Landesbibliothek auf die Erschließung von Quelle und Digitalisat im Verbundkatalog sowie auf die Verwaltung, Präsentation und Sicherung der Digitalisate mit der Portal- und Workflowlösung Scantoweb hosted by hbz.(23) Der Begriff der buchähnlichen Medien muss großzügig interpretiert werden und umfasst auch Inkunabeln und gebundene Handschriften (z.B. Codices, Stammbücher). Betrachtern erscheinen sie als „Blättermedien“ in der Präsentation ähnlich wie Bücher. Für die bibliothekarische Bearbeitung muss in allen Fällen der Zusammenhang der vielen Images als ein „Werk“ in der Erschließung berücksichtigt werden können, und das Metadatenmodell muss fähig sein, die Struktur zu beschreiben. Auch für den Einsatz von Texterkennung und das Angebot einer Volltextsuche ist das Portal vorbereitet.

Digitalisate von Materialien wie den bereits genannten Fotos, Theaterzetteln, Briefen, Archivalien etc. könnten theoretisch auch mit Scantoweb verwaltet werden. Da die Materialien selbst aber nicht im Verbundkatalog erschlossen werden, fällt für sie der Vorteil des Zusammenspiels und des Metadatentauschs zwischen Verbundkatalog und Portallösung fort. Für alle anderen Materialien ist der Speicherplatz bei Scantoweb hosted by hbz aber zu teuer. Daher hat die Bibliothek hier einen eigenen Speicher-Server beschafft, der intern „Storage“ genannt wird. Storage ist als RAID-Server gegen mehrfachen Festplatten-Ausfall gesichert und bietet derzeit etwa 6 TB Speicherplatz. Auf ihm finden die Digitalisate Platz, deren Primärwerke nicht im Verbundkatalog zu erfassen sind. Um im Aspekt der Datenverwaltung günstig zu bleiben, wird kein besonderes Programm zum Dokumentenmanagement eingesetzt. Stattdessen werden die URLs der Digitalisate im Katalogisat des Primärwerks hinterlegt. Die Digitalisate werden also nicht selbst suchbar gemacht. Sie haben dienende Funktion und sollen gefunden werden, wenn das Original gefunden wird.

Zwei Probleme sind in diesem Zusammenhang bedenkenswert. Erstens: Nicht alle Materialien werden derzeit in einer Webdatenbank erfasst. Insbesondere sind die Bestände des Lippischen Literaturarchivs, sofern elektronisch erfasst, nur in einer im lokalen Netzwerk zugänglichen LIDOS-Datenbank nachgewiesen. Eine Migration der Daten ist geplant, womit dann auch die Digitalisate im Web nachgewiesen sein werden. Das zweite Problem ist die gemeinsame Verwaltung von unkomprimierten Master- und komprimierten Präsentationsdateien. Während Fotos und Theaterzettel von vornherein nur in einem webtauglichen komprimierten Datenformat digitalisiert wurden, werden vor allem die Briefe, Notenhandschriften und Graphiken aus dem Bestand in höherer Qualität gescannt, als sie präsentiert werden. Daher werden Präsentations- und Archivdateien in getrennten Ordnern im Storage abgelegt; die Archivordner enthalten zusätzlichen Dateien (z.B. zur Prüfung der Farbechtheit). Über das Rechtemanagement des Servers ist sichergestellt, dass die Archivordner nur intern über das lokale Netzwerk zugänglich sind, während die Präsentationsdateien aus den Katalogdaten verlinkt werden können.

Ausblick

Auf der Hand liegt der Einsatz von Texterkennungstechnologie insbesondere für Medien mit regionalen bzw. regionalhistorischen Inhalten, beispielsweise für historische Adressbücher oder historische Tageszeitungen. Die Volltexte müssen dann durchsuchbar präsentiert werden, um ihren vollen Nutzen zu entfalten. Für die im Storage abgelegten Digitalisate können Texte etwa von Briefen in Transkriptionen auf die gleiche Weise zugänglich gemacht werden wie die Digitalisate. Derzeit ungelöst ist allerdings die Frage, ob solche Volltexte auch durchsuchbar präsentiert werden können.

Bei Beständen von regionalem Interesse liegt die Zusammenarbeit mit weiteren lokalen Gedächtnisinstitutionen nahe, insbesondere wenn dort Materialien gleichen Typs bewahrt werden. Beispielsweise ist zu überlegen, ob die Theaterzettel-Sammlung des Landesarchivs NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe in Detmold nicht virtuell in die Datenbank Regionaldokumentation integriert werden sollte. Auch die Zusammenarbeit mit dem Lippischen Landesmuseum – etwa in Hinblick auf die Bandel-Sammlungen beider Institutionen – erscheint bedenkenswert.

Mittelfristig erwartet die Lippische Landesbibliothek vom Projekt Digitales Archiv NRW und dessen geplanten Schnittstellen zu nationalen und internationalen Portalen den Nebeneffekt, dass die eigenen Bestände in überregionalen Kontexten sichtbar werden.

Anmerkungen
Alle URLs wurden am 20.10.2011 geprüft.

  1. Ausführliche Auskunft über die Geschichte der Bibliothek geben: Hellfaier, Karl Alexander (Hrsg.): Aus Vergangenheit und Gegenwart der Lippischen Landesbibliothek. Detmold: Lippische Landesbibliothek 1970. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1970-1.html; Hellfaier, Detlev (Hrsg.): Die Lippische Landesbibliothek. Bau – Sammlungen – Partner. Detmold: Lippische Landesbibliothek 1993. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1993-1.html.
  2. Hellfaier, Detlev: Detmold, Lippische Landesbibliothek. In: Fabian, Bernhard (Hrsg.): Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Bd. 3: Nordrhein-Westfalen. Hildesheim: Olms-Weidmann 1992, S. 210–217. URL: http://fabian.sub.uni-goettingen.de/fabian?Lippische_Landesbibliothek .
  3. Zu Simon VI. zur Lippe siehe jüngst: Bischoff, Michael: Graf Simon VI. zur Lippe. Ein europäischer Renaissance-Herrscher. Lemgo, Weserrenaissance-Museum Schloß Brake 2010.
  4. URL: https://www.llb-detmold.de/sammlungen/lippe-sammlung.html.
  5. Siehe Jendreck, Frank: Zeitspuren. Die Geschichte der Historischen Fotografischen Bildersammlung. In: Heimatland Lippe 89 (1996), S. 220–227. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1996-1.html.
  6. Siehe Melchert, Dorothee; Veit, Joachim: Handschriften aus der Musikabteilung der Lippischen Landesbibliothek. Detmold: Lippische Landesbibliothek 1984. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1984-1.html.
  7. Melchert, Dorothee: Aus der Arbeit im Lortzing-Archiv der Lippischen Landesbibliothek. In: Heimatland Lippe 78 (1985), S. 336–338.
  8. Hiller von Gaertringen, Julia: Das Lippische Literaturarchiv Detmold. In: Syré, Ludger (Hrsg.): Dichternachlässe, literarische Sammlungen und Archive in den Regionalbibliotheken von Deutschland, Österreich und der Schweiz. (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderbände; 98), Frankfurt/M.: Klostermann 2009, S. 141–156. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/2009-8.html .
  9. Pilzer, Harald: Lippe auf der Silberscheibe. Die Lippische Bibliographie ab 1998 auf CD-ROM. In: Heimatland Lippe 90 (1997), S. 356–360. URL: https://www.llb-detmold.de/?id=301. Die URL der Datenbank ist jetzt: https://www.llb-detmold.de/webOPACClient_lippe/start.do. Mit der Wahl des Dokumententyps „Fotografie“ kann die Suche auf die erfassten Fotos beschränkt werden.
  10. Vgl. Hellfaier, Detlev: Die Lippische Bibliographie: vom Druckwerk zum Online-Portal. In: Syré, Ludger, Wiesenmüller, Heidrun (Hrsg.): Die Regionalbibliographie im digitalen Zeitalter. Deutschland und seine Nachbarländer. Frankfurt/Main: Klostermann 2006, S. 267–277. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/2006-1.html. – Die Integration der Datenbank in die Virtuelle Deutsche Landesbibliographie ist angedacht, dürfte aufgrund der Heterogenität der Datenbestände allerdings nicht einfach werden.
  11. Melchert, Dorothee: Die Theatersammlung in der Musikabteilung der Lippischen Landesbibliothek. In: Heimatland Lippe 80 (1987), S. 291–298. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1987-1.html. – Zur Gattung der Theaterzettel allgemein vgl. jüngst Cepl-Kaufmann, Gertrude: Die Einblatt-Archivalie „Theaterzettel“ als Erinnerungsträger und Medium kulturwissenschaftlicher Forschung. Zum Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf. In: Siebert, Irmgard (Hrsg.): Bibliothek und Forschung. Die Bedeutung von Sammlungen für die Wissenschaft. Frankfurt/M.: Klostermann 2011, S. 45–73.
  12. Zur Lippischen Theatergeschichte siehe auch: Peters, Hans Georg: Vom Hoftheater zum Landestheater. Die Detmolder Bühne von 1825 bis 1969. Detmold: Landesverband Lippe 1972.
  13. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/gesellschaft-der-freunde-und-foerderer.html.
  14. Zur Digitalisierung der Theaterzettelsammlung siehe auch: Böcker, Martin; Hiller von Gaertringen, Julia: „Mit höchster Genehmigung …“ ins Internet gestellt. In: Heimatland Lippe 99 (2006), S. 298–300. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/2006-6.html.
  15. Dazu siehe Hellfaier, Detlev: Per Mausklick ins 18. Jahrhundert. Die Lippische Landesbibliothek stellt „Intelligenzblätter“ online. In: BuB 61 (2009), S. 422–423. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/2009-12.html.
  16. Lippische Intelligenzblätter (1767–1808). URL: http://s2w.hbz-nrw.de/llb/periodical/titleinfo/123264; Fürstlich-lippisches Intelligenzblatt (1809–1842). URL: http://s2w.hbz-nrw.de/llb/periodical/titleinfo/197475.
  17. Grabbe, Christian Dietrich: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe in 6 Bänden. Hrsg. von Alfred Bergmann. Emsdetten: Lechte 1960–1970.
  18. Vgl. Nellner, Klaus: Die Handschriftenerwerbungen für das Grabbe-Archiv der Lippischen Landesbibliothek in den Jahren 1960–1986. Mit vier ungedruckten Grabbe-Autographen und einer Ergänzung. In: Grabbe-Jahrbuch 6 (1987), S. 52–64. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1987-2.html. – Hiller von Gaertringen, Julia: Kanonenstyl und Mädchendiscant. Zwei Neuerwerbungen für das Lippische Literaturarchiv. In: Grabbe-Jahrbuch 24.2005 (2006), S. 43–64. URL: https://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/2006-3.html.
  19. URL: http://www.kompetenzzentrum.uni-trier.de/.
  20. URL: http://www.duesseldorf.de/heineinstitut/.
  21. URL: http://www.hhp.uni-trier.de/.
  22. Siehe die Folien zum Vortrag des Projektleiters Wolf-Dieter Schleidgen am 05.05.2010, URL: http://www.museumsbund.de/fileadmin/fg_doku/termine/2010_Mai/Beitraege/Schleidgen_SachstandsberichtDMB2010-05-05_2.pdf.
  23. URL: http://www.hbz-nrw.de/angebote/hosting/scantoweb/.