Probleme einer Westfälisch-Lippischen Bibliographie

von Karl-Alexander Hellfaier

Druckfassung in: Stadtbibliothek und Regionalbibliographie. Festschrift für Hans Moritz Meyer. Hrsg. von Hedwig Bieber, Siegfried Kutscher und Valentin Wehefritz. – Berlin, Publ.-Abt. des Dt. Bibliotheksverbandes, 1975 – S. 199-207.

Probleme sind schwierige Aufgaben und Streitfragen, Hemmnisse und Hindernisse, die, sollen sie gelöst oder geklärt werden, in die Erörterung eines sachkundigen Kreises gehören. Ein solcher wäre denkbar und möglich, wollte man sich zu einer Westfälisch-Lippischen Bibliographie entschließen.

Hans M. Meyer hat 1962 in einer Studie der bibliographischen Situation in Westfalen seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet.(1) Obwohl seitdem zwölf volle Jahre vergangen sind, hat sich an der von ihm geschilderten Lage im Prinzip nichts geändert. Das gilt sowohl für die von ihm genannten Positiva als auch für die Negativa, obwohl letztere zu überwiegen scheinen. Nach wie vor bildet die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund einen Schwerpunkt westfälischer Schrifttumspflege, von der Anregungen zu bibliographischer Arbeit ausgehen. Obwohl es um die bibliographische Erschließung westfälischen Raumes „nicht schlecht bestellt“ sei, biete dieser – so Hans M. Meyer – doch ein Bild, das nicht befriedigen könne: Statt Zusammenfassung und Kontinuität Zersplitterung, begonnene, steckengebliebene und nach Intervallen wieder neu begonnene Arbeiten seien die Regel. Der Grund für diese Situation:

es fehlt … eine die Arbeiten über die Zeiten tragende landeskundliche Institution, es fehlen wohl mehr noch die Bearbeiter, welche ohne Unterbrechung sich der Dinge annehmen, und es erfreut sich das Unternehmen selbst keiner großen Anziehungskraft, weil es, wohl gern genutzt, wenig ideellen und materiellen Gewinn bringt und zudem noch voller Probleme steckt.(2)

So wertet Hans M. Meyer die bibliographische Situation, der man ernsthaft nicht widersprechen kann. Im Gegenteil, diese Wertung beansprucht deshalb ein besonderes Interesse, weil sie auch in einem entscheidenden Maße die Bemühungen um eine eigene Lippische Bibliographie tangiert, wie noch zu zeigen sein wird. Hinzu kommt, daß die Westfälische Bibliographie auch die Lippische Bibliographie inpliciert. Bereits die erste und auch heute noch in vielen Partien brauchbare bibliographische Arbeit von Peter Florenz Weddigen: Handbuch der historisch-geographischen Literatur Westfalens (Dortmund 1801) ist auch eine Lippische Bibliographie; und auch die mit dem Namen Bömer und Degering verbundene grundlegende Westfälische Bibliographie zur Geschichte, Landeskunde und Volkskunde, hinter der alle anderen bibliographischen Unternehmungen in Westfalen zurückstehen,(3) behandelt das Land Lippe „völIig gleich“ mit der Provinz Westfalen.

Die zitierte Westfälische Bibliographie wird von der Historischen Kommission für Westfalen in Verbindung mit dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens herausgegeben.(4) Dagegen werden die mit der Berichtszeit ab 1945 erscheinenden bibliographischen Jahresberichte Westfälische Bibliographie in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund bearbeitet, die, wie Hans M. Meyer schreibt, zunächst einmal nichts anderes sein wollen, als die erste aktuelle und zuverlässige Unterrichtung über die erschienene Literatur.(5)

Dieser Dortmunder Jahresbibliographie sind die Jahresverzeichnisse der Lippischen Landesbibliothek Detmold Neues Schrifttum überdas Lipperland und seine Bewohner nachgebildet, die seit 1967 in einem hauseigenen Vervielfältigungsverfahren erscheinen. Abgesehen davon, daß es in der deutschen Geographie und Landeskunde ein „Lipperland“ nicht gibt, ist auch der Titel nicht gerade glücklich gewählt, wenn man bedenkt, daß im Untertitel von der „Literatur“ des jeweiligen Jahres die Rede ist. Doch um eine Titeländerung zu vermeiden, gegen die der Verfasser im Interesse des Benutzers eine begründete Aversion hat, ist es bei dieser Titelgebung geblieben. Wie in der Dortmunder Bibliographie ist auch in den Detmolder Verzeichnissen der Umfang des berücksichtigten Titelmaterials sehr weit gespannt, weil auf „KIeinIiteratur“ (Hans M. Meyer), die im Berichtszeitraum oft das einzige Dokument darstellt, ganz einfach nicht verzichtet werden kann. Doch während die Dortmunder Jahresverzeichnisse in ihren späteren Bänden eine Einschränkung vornahmen, ist in der Detmolder Berichterstattung die Titelmasse im wesentlichen geblieben mit dem Ziel, eine Kassierung bzw. Reduzierung erst bei einer Drucklegung vorzunehmen. Letztere dürfte aber nach Lage der Dinge wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Festzuhalten ist lediglich die hier interessierende Tatsache, daß auch die Westfälische Bibliographie der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund Lippe bibliographisch erfaßt. Die Lippische Bibliographie tut das mit Westfalen nicht; weder die von Otto Weerth und Ernst Anemüller aus dem Jahre 1886,(6) noch die von Wilhelm Hansen bearbeitete aus dem Jahre 1957(7) und schon gar nicht die 1967 einsetzenden Jahresverzeichnisse der Lippischen Landesbibliothek, ein Fragenkomplex, der einer Überlegung wert sein sollte.

Allein die Tatsache, daß die beiden „bibIiothekarischen Experten“ (Hans M. Meyer) Bömer und Degering, von 1936 ab Bearbeiter der Westfälischen Bibliographie, die seit 1910 im Arbeitsprogramm der Historischen Westfälischen Kommission stand, die Drucklegung ihres Werkes im Jahre 1955 nicht mehr erlebten, läßt die Probleme ahnen, die in einem solchen Vorhaben stecken. Diese Ahnung darf auch einem gebildeten Laien zugemutet werden, der in einer Bibliographie ein Verzeichnis des „übernommenen Erbes“ sieht, einen „kultureIIen Beitrag“, in dem sich das Leben seiner Landschaft widerspiegelt. Hermann Degering, der ehemalige Direktor der Handschriften-Abteilung der Preußischen Staatsbibliothek Berlin starb 1942, Alois Bömer, der seit 1933 im Ruhestand lebende langjährige Direktor der Universitätsbibliothek Münster, starb 1944. Erst ein reichliches Jahrzehnt später konnte Rudolf Schetter die Drucklegung besorgen, obwohl das gesammelte Material den Tod der beiden Bearbeiter und den Krieg unversehrt überstanden hatte.

Gewiß, wenn sich auch die Geschichte nicht wiederholt, dann doch nur nicht in der gleichen Form, wohl aber im Inhalt; Probleme sind wiederholbar, das zeigt und beweist die Geschichte der bibliographischen Bemühungen nicht nur an der Stadt- und Landesbiblio- thek in Dortmund, wo Hans M. Meyer im Vorwort zu Band 13 der Westfälischen Bibliographie (1968) dankenswerterweise den folgenden Gedanken „aktenkundig“ gemacht hat:

Die wissenschaftliche Kärrnerarbeit der Bibliographen, gleich welcher Art, findet kaum je Erwähnung, wenn sie zu eigener Arbeit genutzt wird. Sie gehört gleichwohl zu der ebenso als selbstverständlich angesehenen stillen Arbeit der Bibliotheken und Bibliothekare. Immerhin gibt es in der deutschen landeskundlichen Bibliographie an Landesbibliotheken heute schon hauptamtliche, nur für diese Arbeit eingesetzte Kräfte. Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund ist nicht in dieser glücklichen Lage. Die Bibliographie muß als Nebenprodukt der selbstgewählten landeskundlichen Aufgabenstellung der Bibliothek und wesentlich in der Freizeit der Bearbeiter geschaffen werden, derzeit unter besonders erschwerten Arbeitsbedingungen.

Es ist gut, daß Hans M. Meyer dieses Problem 1970 an gleicher Stelle wiederholt hat:

Wie die Bezeichnung der Bibliothek als Landesbibliothek vorerst ein Ehrentitel ist, so ist auch die Bearbeitung der Bibliographie eine freiwillig übernommene neben- und ehrenamtliche Aufgabe, nicht personell und materiell institutionalisiert wie inzwischen an einer Reihe von Landesbibliotheken. Diese Tatsache möge die Schwierigkeiten der Arbeit wenigstens andeuten. Wie lange diese Arbeit unter solchen Bedingungen möglich sein wird, liegt nicht bei der Bibliothek allein (1972).

Und doch kann der nach 18 Jahren aus dem Dienst geschiedene Leiter der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund mit dem Erreichten zufrieden sein, auch wenn es noch so schwerfallen sollte, nicht noch mehr erreicht zu haben. Hat er doch für die „Westfalica-Sammlung“, für die die Dortmunder Bibliothek repräsentativ dasteht, zwei Bibliothekare und eine Schreibkraft etatisieren können, freilich nicht speziell für die Westfälische Bibliographie, sondern für diese Spezialabteilung als Ganzes mit Benutzerarbeitsraum und einem Sachkatalog, der den Besitz bis zum Zeitschriftenaufsatz aufschlüsselt, was man von einer Landesbibliothek selbstverständlich erwarten muß.(8)

Die Lippische Landesbibliothek, die zweifellos historisch echteste Landesbibliothek (9) in Nordrhein-Westfalen, besitzt trotz großer in der wissenschaftlichen Welt bekannter und anerkannter landeskundlicher Sammlungen keine etatisierte Lippiaca-AbteiIung. Gewiß, Einzugsgebiet, Vermehrungsetat und Benutzerfrequenz bewegen sich in Detmold nicht in der Dortmunder Größenordnung, doch in der bibliothekarischen Arbeitsintensität, die ausschließlich personalbedingt ist, dürfte es kaum einen merkbaren Unterschied geben. Ein Blick in das Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken verdeutlicht das Gesagte.

Das seit 1967 als Jahresbibliographie erscheinende Neue Schrifttum über das Lipperland und seine Bewohner kann daher nur „nebenbei“ fertiggestellt werden. Als freiwillig übernommene Aufgabe wird sie von einem Mitarbeiter, dem einzigen Stelleninhaber in der Titelaufnahme, besorgt; die Prioritäten sind eindeutig. Es ist ein Versuch auf Zeit, mehr nicht. Die Frage quousque tandem? kann eines Tages nur von der Bibliothek allein verbindlich beantwortet werden. Unter den gegebenen Umständen war auch nicht beabsichtigt, an die von Wilhelm Hansen bearbeitete Lippische Bibliographie anzuschließen, die mit ihrer Berichtszeit bis 1953 z.T. bis 1955 reicht.

Wie die Westfälische Bibliographie von Bömer und Degering so ist auch die Lippische Bibliographie von Wilhelm Hansen außerhalb der Bibliothek entstanden. 1957 erschienen, hat aber die erste Lippische Bibliographie, die Bibliotheca Lippiaca von Otto Weerth und Ernst Anemüller mit ihren 926 Nummern nach 71 Jahren eine Nachfolgerin gefunden, die über 16.300 Titel nachweist. Wohl zeichnet der Landesverband Lippe, der Unterhaltsträger der Lippischen Landesbibliothek, als Herausgeber, doch seine Entstehung verdankt das Werk – ein altes Anliegen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe e. V. – privater lnitiative.(10)

Im Unterschied zur Westfälischen Bibliographie wurde die Lippische Bibliographie nicht von „bibIiothekarischen Experten“ erarbeitet und auch einen „Mitarbeiterstab“, auf den sich Bömer und Degering s.Zt. in Münster hatten stützen können, gab es in Detmold nicht. Ein siebenköpfiger „Arbeitsausschuß“, in dem auch der oben genannte Verein vertreten war, wirkte lediglich „beratend“ mit. Als Bearbeiter zeichnet Wilhelm Hansen verantwortlich, der nunmehr langjährige Direktor des Lippischen Landesmuseums, der die ganze Arbeitslast allein zu tragen hatte, als schon 1952, ein Jahr nach Arbeitsbeginn, nach „Versiegen der laufenden Mittel“ (Erich Kittel), Alfred Bergmann ausschied, der bis dahin zusammen mit Wilhelm Hansen als Bearbeiter gewirkt hatte.

Alfred Bergmann, ausgewiesen als Bibliograph und Bibliothekar,(11) hat die Lippische Bibliographie, 17 Jahre nach ihrem Erscheinen, einer „kritischen Beleuchtung“ unterzogen. Eine Bibliographie besprechen aber heißt, die Arbeit des Bibliographen in entscheidenden Partien nachzuvollziehen. Das ist durch Bergmann geschehen, der die deutsche Literaturwissenschaft im vergangenen Jahr mit einer grundlegenden Grabbe-BibIiographie bereichert hat.

Bergmann stellt sich die Frage:

Ist die ,Lippische Bibliographie‘ wirklich das, was sie nach ihrem Titel zu sein vorgibt, oder ist sie auf dem Wege dorthin, ausgehend von dem ausgebauten Lippe-Katalog der Lippischen Landesbibliothek, auf halben Wege stecken geblieben. Ist man sich überhaupt bei ihrem Beginne über den Unterschied zwischen einem Katalog und einer Bibliographie klar gewesen? (S. 50).

Diese Frage wird untersucht und im Endergebnis verneint. Ja noch mehr: Bei der Schaffung des Werkes habe man sich den Unterschied zwischen Katalog und Bibliographie nicht bis zum letzten klargemacht:

Denn hier waltet der fundamentale Irrtum, daß man nur die Titelaufnahmen des Lippe-Kataloges abschreiben, hintereinander aufreihen und drucken zu lassen brauche, und die verheißene Lippische Bibliographie sei fertig (S. 100).

Dafür, daß es bei der Schaffung der Lippischen Bibliographie an Klarheit über das Wesen von Katalog und Bibliographie gefehlt habe, einer Klarheit, an der sich dann eine feste Haltung und eine verläßliche Richtschnur bei der Arbeit ergeben hätten, weist Bergmann an einer Reihe von Beispielen nach.

So hat denn der Bibliograph der Lippischen Bibliographie erwiesenermaßen den Zeitschriften-Dietrich nicht zu Rate gezogen. Eine Überprüfung von nur sechs Jahrgängen (1911-1916) ergab das Fehlen von 58 Titeln über lippische Ortschaften und Persönlichkeiten (S. 56). Eine Durcharbeitung des Jahresverzeichnisses der deutschen Hochschulschriften bis 1955 förderte 54 Dissertationen mit lippischen Themen zutage, die in der Lippischen Bibliographie ebenfalls nicht enthalten sind (S. 60). Im Kapitel Einzelne Familien und Persönlichkeiten ist nach Bergmann der Bibllograph das Opfer seiner eigenen Planlosigkeit geworden. Es fällt auch auf, daß keine Persönlichkeiten Berücksichtigung gefunden haben, die während der nationalsozialistischen Ära in Lippe eine Rolle gespielt haben: Von allen Kapiteln der ‚Lippischen Bibliographie‘ verdient dieses den Namen einer solchen am wenigsten (S. 78, 80). Das Kapitel Arminius und die Varusschlacht wird mit ähnlichen Fragezeichen versehen.

Grundsätzlich hält Bergmann fest:

Die ‚Lippische Bibliographie‘ von 1957 ist ein Werk von hohem Verdienst, das mit vieler Mühe und Sorgfalt wenn auch gegen Ende mit erlahmender Kraft durchgeführt worden ist. Das dargebotene Material ist so reich, daß keiner sie ohne Gewinn aus der Hand legen wird. Von dem, was man sucht, findet man viel in ihr, doch hüte man sich vor dem Glauben, dies wäre alles. Das, was zu sein sie vorgibt, eine „Bibliographie“, vermag ich in ihr nicht zu erkennen; nur einen Ansatz dazu. Woran dies liegt, hoffe ich in meiner Studie an den Tag gelegt zu haben. Selbstverständlich konnte eine wirkliche Bibliographie niemals das Werk eines Einzelnen sein, sondern nur von einer Arbeitsgemeinschaft zu Stande gebracht werden (S. 107-108).

Zur Bibliographie-Theorie sind aber auch die folgenden abschließenden Bemerkungen aufschlußreich:

Wer es unternimmt, eine bibliographische Arbeit in der Art der hier besprochenen durchzuführen, der muß bibliographischen Sinn, muß einige bibliographische Erfahrung und einen langen Atem haben, aber auch etwas von dem furor bibliographicus besitzen, der ihn nicht damit sich begnügen läßt, gewissenhaft das Gut zu sammeln, das an der Straße liegt, der ihn vielmehr auch einmal dazu verlockt, einer verdeckten Spur nachzugehen, die in ein unbetretenes Gebiet führt. Dies sei keine Geldfrage, meint Bergmann, sondern eine „Geistfrage“. Geld aber sei immer da, es müsse nur richtig verteilt werden (S. 108).

Nach Bergmann haben wir es also bei der Lippischen Bibliographie nicht mit einer „wirkIichen Bibliographie“ zu tun. Bergmann hat für seine Behauptung genügend Tatsachen angeführt, die bekanntlich ein hartnäckig Ding sind.

Probleme und Fehler sind wiederholbar und auch Konzile können wiederholt irren, was gewiß nicht tröstlich ist. Und da auch der materielle Preis, der für jeden Irrtum bezahlt werden muß, erfahrungsgemäß nicht hoch genug sein kann und Zeit ohnehin nichts kostet – obwohl der teuerste Faktor – scheitert alles ideelle Bemühen lediglich an menschlicher Unzulänglichkeit.

Gleich nach Erscheinen der Lippischen Bibliographie schrieb ein kluger Mann, es wäre erwünscht, die Fortsetzung der Bibliographie von berufener Hand sofort in Angriff zu nehmen: Keine Stelle wäre aber eher für diese Arbeit geeigneter als die (Lippische) Landesbibliothek.(14) Diesem verständlichen Wunsch ist folgende Feststellung nachzutragen:

Voraussetzung für jede Art der regelmäßigen Bearbeitung von Regionalbibliographien ist die ausreichende Ausstattung der Bibliothek mit Personal.

(R. Oberschelp in seinen „Kölner Thesen“. 1972.)

Mit Wünschen und Initiativen, Aufträgen und Anordnungen allein sind Aufgaben noch nie gelöst und Irrtümer und Fehler noch nie beseitigt worden.

„Arbeitsaufwand und Kosten“ sind die entscheidenden „neuralgischen Punkte“. Die bibliographische „Kärrnerarbeit“ könne daher weder in Dortmund noch in Detmold „nebenbel“ geleistet werden. Diese „legitime landesbibliothekarische Verpflichtung“ müsse vielmehr entsprechend gefördert werden, wie es z.B. in Dresden der Fall ist.(15)

Beispielgebend scheint mir das Verfahren in Baden-Württemberg zu sein: Die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe und die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart als die bearbeitenden Institutionen und die Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg als die Auftraggeberin der Bibliographien sind übereingekommen, daß die bisher getrennt geleistete bibliographische Arbeit an einer an der Württembergischen Landesbibliothek lokalisierten „Arbeitsstelle Regionalbibliographie Baden-Württemberg“ konzentriert werden solle.(16)

Die Probleme der westfälischen und der lippischen Bibliographie, die sich durch fehlende Kontinuität, Zersplitterung, begonnene, steckengebliebene und nach Intervallen wieder neu begonnene Versuche auszeichnen und sich nur schleppend und mühsam voranquälen, kulminieren in einem westfälisch-lippischen Bibliographie-Problem. Es sollte nach dem Beispiel von Baden-Württemberg einer landeskundlichen Institution, einer „Arbeitsstelle westfälisch-lippische Regionalbibliographie“, an der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund oder an der Lippischen Landesbibliothek Detmold als ständige Aufgabe übertragen werden. Wenn der Bibliotheksplan II und der Strukturplan Nordrhein-Westfalen als wesentliche Aufgabe einer Landesbibliothek die Erarbeitung der landeskundlichen Bibliographie nennen,(17) so brauchte doch diese Zukunftsthese der Einrichtung einer „Bibliographischen Arbeitsstelle für WestfaIen-Lippe“, oder wie man sie sonst nennen mag, nicht im Wege zu stehen. Im Gegenteil, gerade diese „Arbeitsstelle“ sollte ein integrierender Bestandteil eines neugeordneten Bibliothekswesens auch in Nordrhein-Westfalen sein mit dem Ziel, Fehlentwicklungen und Fehlinvestitionen zu vermeiden.

Anmerkungen

  1. Die deutsche landeskundliche Bibliographie mit besonderer Berücksichtigung Westfalens. In: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 58 (1962) S. 93-112.
  2. Ders. S. 93.
  3. Ders. S. 109.
  4. Westfälische Bibliographie zur Geschichte, Landeskunde und Volkskunde. Hrsg. von der Historischen Kommission für Westfalen in Verbindung mit dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens. Bearb. von Alois Bömer und Hermann Degering. Zum Druck gebracht von Rudolf Schetter. Bd. 1 (Abt. A-K) Münster 1955. 663 S. (Veröff. d. Hist. Komm. d. Provinzialinst. f. westf. Landes- u. Volkskunde. 24); Bd. 2 (Abt. L: Schrifttum der einzelnen Orte). Lfg 1 (Achenbach–Detmold). 1961. 128 S. Lfg 2 (Detmold-Habinghorst). 1966 S. 129-240. Lfg 3 (Gütersloh-Lippstadt) 1970. S. 241-368.
  5. Hans M. Meyer: Die deutsche landeskundliche Bibliographie, S. 109.
  6. Otto Weerth und Ernst Anemüller: Bibliotheca Lippiaca. Übersicht über die landeskundliche und geschichtliche Literatur des Fürstenthums Lippe. Detmold 1886. 88 S.
  7. Wilhelm Hansen: Lippische Bibliographie. Hrsg. vom Landesverband Lippe. Mit 113 Abb. Detmold 1957, XXX S. 1640 Sp.
  8. Hans M. Meyer: „Es sollte gehandelt werden!“ In: Mitteilungsblatt N. F. 23 (1973), S. 346.
  9. Ebd.
  10. Vgl. zur Vorgeschichte der Lippischen Bibliographie die Besprechung von Erich Kittel in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 26 (1957), S. 303-305.
  11. Carl-August-Bibliographie. mit einem Geleitwort von Willy Andreas – Jena 1933. 280 S. (Jenaer germanistische Forschungen. Bd. 20) A. Bergmann war von 1928-1937 Bibliothekar am Goethe-Schillerarchiv in Weimar und von 1938-1952 Bibliothekar an der Lippischen Landesbibliothek in Detmold.
  12. Kritische Beleuchtung der Lippischen Bibliographie von 1957. Eine bibliographische Studie. Detmold 1974. Hierin auch zur Vorgeschichte der Lippischen Bibliographie.
  13. Grabbe-Bibliographie. Amsterdam 1973. XIX, 512 S. Mit theoretischen Überlegungen über den Gegenstand einer Bibliographie in der „Einleitung“.
  14. Erich Sandow in den Lippischen Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 26 (1957), S. 305.
  15. Hans M. Meyer: Die Landesbibliothek und ihre Aufgaben im Bibliothekssystem des Landes. In: Verband der Bibliotheken NW. Mitteilungsblatt. N.F. 20 (1970), S. 16.
  16. G. Stegmaier: Bericht über den gegenwärtigen Stand der Regionalbibliographie Baden-Württemberg. Vortrag aufder Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Regionalbibliotheken. Gehalten am 2.10.1973 in Stuttgart.
  17. Vgl. Reinhard Oberschelp: Regionalbibliographien als Aufgabe der Regionalbibliotheken. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 19 (1972) S. 75-88. Vgl. auch vom selben Verfasser: Die Bibliographien zur deutschen Landesgeschichte und Landeskunde im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1957.