Ausstellung

Eigenhändig

Neue Autographen

Bei der Frühjahrsauktion des renommierten Auktionshauses Stargardt in Berlin am 25. und 26. März 2014 konnte die Lippische Landesbibliothek – Theologische Bibliothek und Mediothek mithilfe von Spendenmitteln vier schöne und für die lippische Kulturgeschichte bedeutsame Stücke erwerben.

Von Ferdinand Freiligrath (1810-1876), dem in Detmold geborenen Dichter, erwarb die Landesbibliothek ein Konvolut von 14 Briefen Freiligraths an den Verleger F. A. Brockhaus in Leipzig, entstanden zwischen 1853 und 1871, sowie einen Einzelbrief Freiligraths an einen Autographensammler.

Von Ernst von Bandel (1800-1876), dem Schöpfer des Hermannsdenkmals, konnte ein umfangreicher Brief vom 5.1.1846 an den Künstlerfreund Georg Heinrich Crola, einen Ilsenburger Maler, ersteigert werden.

Albert Lortzing (1801-1851) war von 1826 bis 1833 Mitglied der Detmolder Hoftheatergesellschaft. Sein Brief von 1845 zeigt der Theateragentur Sturm & Koppe in Leipzig eine Aufführung seines „Zar und Zimmermann“ in Russland an.

Aufgrund der Beschränkungen der vorläufigen Haushaltsführung im Landesverband Lippe und fehlender weiterer Mittel konnte die Landesbibliothek einen ebenfalls angebotenen Brief Christian Dietrich Grabbes nicht ersteigern.
Der Grabbe-Brief ist in der Werkausgabe veröffentlicht. Die andern Briefe sind bisher unbekannt und werden hier erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Bibliothek dankt ihren Spendern:

Freiligrath

Die Briefe reichen von 1853 bis 1871. Besonders interessant sind die Briefe von 1860 und 1862: Freiligrath wollte den Verleger wechseln. Das Verhältnis zu Cotta in Stuttgart war getrübt, da Freiligrath 1858 einem amerikanischen Verleger eine Lizenz zur Herausgabe „Gesammelter Werke“ erteilt hatte, wodurch Cotta sein Verlagsrecht gebrochen sah. Er schrieb einen wütenden Brief an Freiligrath, indem er ihm Schadensersatzklagen androhte. Am 20. Februar 1860 antwortete ihm Freiligrath, dass Cottas Ton dermaßen „feindlich“ und „beleidigend“ sei, dass er beabsichtige, sein Verlagsrecht für Deutschland einem anderen Verleger zu überlassen.

In dem Brief an F. A. Brockhaus vom 16.4.1860 teilt Freiligrath Brockhaus den Sachstand mit – eine Antwort Cottas hatte er noch nicht erhalten – und beklagt sich außerdem, Cotta habe ihn nicht informiert, dass seine „Gedichte“ seit Monaten vergriffen seien und keine neue Auflage in Arbeit. Es folgt, als Vorbereitung einer Vereinbarung mit Brockhaus, eine Auflistung der von Cotta erhaltenen Honorare; Freiligrath drückt die Hoffnung aus, mit Brockhaus eine ähnliche Vereinbarung treffen zu können.

Wie man in einem Aufsatz von Maria M. Wagner nachlesen kann, die die Beziehung Freiligraths zu Cotta en detail anhand des Briefwechsels aus dem Verlagsarchiv Cotta (heute Deutsches Literaturarchiv Marbach) nachgezeichnet hat, gab Cotta aber nicht nach. Insbesondere verlangte er von Freiligrath eine so hohe Summe zum Rückkauf der gedruckten und nicht verkauften Exemplare, dass Freiligrath nicht wechseln konnte. So teilt er im Brief an Brockhaus vom 23. August 1862 sein Bedauern mit, dass der Wechsel nicht zustande kommt.

Weitere Schreiben beschäftigen sich mit einem möglichen Beitrag Freiligraths zu einer Shakespeare-Ausgabe bei Brockhaus.

Am 9.2.1867 schreibt Freiligrath an Rudolf Brockhaus, dass er durchaus bereit sei, etwas zu übersetzen, allerdings nur etwas Neues: nichts von dem, was Schlegel bereits erfolgreich übersetzt habe. Offenkundig beurteilt Freiligrath also die Übersetzungen nach ihrem poetischen Gehalt und lässt daher die anderen Übersetzungen des 19. Jahrhunderts nicht gelten.

Am 12.4. 1870 schreibt er nochmal, erneuert dabei seinen Hinweis auf das bereits erfolgreich von Schlegel Übersetzte, und bietet die Übersetzung des „Cymbeline“ an. Es gebe aber noch keinen Vertrag. Die von Brockhaus angebotenen Bedingungen erscheinen ihm nicht annehmbar.

Drei weitere Briefe beschäftigen sich mit dem Freiligrath-Artikel im Brockhaus-Konversationslexikon, so schreibt er am 30. Juli 1865 mit Dank an F. A. Brockhaus, dass er Gelegenheit hatte, ein paar faktische Ergänzungen am Artikel vorzunehmen; und 1871 tut er dies erneut. Interessant ist hier die dem Aufenthalt in England geltende Ergänzung. In der Vorauflage heißt es: „Erneute politische Anklagen trieben ihn 1851 wieder nach London, wo er seitdem in gesicherter bürgerlicher Stellung lebte“. Das korrigiert Freiligrath zu: „nach London – wo er, nach mancherlei Kämpfen und Sorgen des Exils, zuletzt in gesicherter bürgerlicher Stellung lebte, bis er dieselbe (1866) durch das Eingehen der von ihm verwalteten Bankagentur plötzlich wieder in Frage gestellt sah, dann aber von der Heimath mit einer, ihm ein sorgenfreies Alter gewährleistenden Nationaldotation bedacht wurde, und darauf (1868) nach Deutschland zurückkehrte. Er lebt seitdem in Stuttgart, und hat sich von dort aus zu Anfang des vorjährigen Kriegs, in manchen sehr populär gewordenen patriotischen Liedern zuletzt vernehmen lassen.“

Nr. 1
Ferdinand Freiligrath an F. A. Brockhaus in Leipzig, 1860
Eigenh. Brief m.U.
General Bank of Switzerland. (Crédit International Mobilier et Focnier), London Agency, 2 Royal Exchange Buildings. 16. April 1860
1 Doppelbl., 1 Bl. (5 beschr. S.). – 26,5:21,5 cm
FrS 637-2

Freiligrath hofft auf Nachricht der Cotta’schen Buchhandlung, mit der er seine Verbindung auflösen will, womit Herr Trübner bereits einverstanden war. Hat von Herrn Volckmar erfahren, dass seine „Gedichte“ seit Monaten im Buchhandel fehlen. Teilt seine von Cotta bewilligten Honorare mit und hofft auf ähnliche Bedingungen. Habe Herrn Bernhard Tauchnitz aus Leipzig seine Zusage zur Redaktion von „Collection of British Authors“ gegeben ohne Kenntnis, dass Brockhaus eine ähnliche Auswahl beabsichtigt.

Nr. 2
Freiligrath, Ferdinand an Fr. Arn. Brockhaus in Leipzig, 1870
Eigenh. Brief m.U.
Stuttgart, 12. Apr. 1870
2 Doppelbl. (5 beschr. S.). – 21,7:13,8 cm
FrS 637-9

Freiligrath nimmt seine gegenüber Herrn Dr. Bodenstedt und Herrn Brockhaus geäußerte Zustimmung zur Mitwirkung an einer neuen Shakespeare-Ausgabe zurück. Er ist bereit sein Versprechen wegen der Übersetzung von Shakespeares „Cymbeline“ zu halten, wenn eine Einigung über die Bedingungen erzielt werden kann. Freiligrath macht Angaben zum Bezug des Honorars, zu Verfügungsrechten und gibt den 1. Oktober als Abgabetermin an.

Nr. 3
Ferdinand Freiligrath an F. A. Brockhaus in Leipzig, 1871
Eigenh. Brief m.U. an „Hochgeehrter Herr“ [F.A. Brockhaus]
Stuttgart, 20.9.[18]71
1 Doppelbl. (1 beschr. S.). – 21,5:14 cm
Beil. 1 Bl. – 44,5:17 cm: Aufgeklebter „Ausschnitt“ mit Freiligraths eigenh. Steichungen und Ergänzungen.
FrS 637-14

Freiligrath sendet nun den ihm zugeschickten und zwischendurch verlegten Artikel über sich aus dem Konversationslexikon mit seinen Ergänzungen wieder zurück. Bedankt sich für die erhaltene Gelegenheit, den Artikel selbst zu vervollständigen.

Bandel

Den Maler Georg Heinrich Crola hatte Bandel 1838 auf der Baustelle des Hermannsdenkmals kennengelernt. Crola hatte eine Wandertour durch den Teutoburger Wald unternommen. Er erinnert sich: „Oben auf der Höhe vernahm ich Arbeitergetös und erreicht bald eine erst kürzlich ausgehauene Lichtung, auf welcher ich eine Anzahl Steinbrecher und Arbeiter beschäftigt fand, einen kreisrunden Grund von ziemlichem Umfang, welcher zum Fundament des zu errichtenden Hermanns-Denkmals dienen sollte, auszugraben. Ein Mann mit mächtig blondrothem Bart und fränkischem Dialekt fiel mir auf. Aus der Begrüßung ergab sich, dass wir par renommee Bekannte waren.“ Bandel lädt Crola ein, bei ihm zu wohnen, und sie freunden sich an. Crola übt z.B. Kritik an den Plänen des Sockels für das Denkmal. In seinen Erinnerungen schreibt er, dass Bandel ihn den ersten Stein für den Sockel habe legen lassen.

Als Bandel 1846 im Januar an Crola schreibt, hat er Detmold satt. Der Brief ist in sehr sauberer und schöner, enger Schrift, ohne Absätze, auf einem Doppelblatt geschrieben. Zunächst nimmt Bandel auf Nachrichten aus Ilsenburg Bezug, dann beschreibt er das Ergehen der Familie und geht die einzelnen Familienmitglieder durch.

Er klagt über die Söhne Arnulf und Fritz, deren Latein zu wünschen übrig lässt, und freut sich über Roderich, der schon Bauzeichnungen fertigen kann wie ein Architekt. Heinrich stehe „in den Flegeljahren“. Dann fährt er fort: „Und nun kommt die Schattenseite meines Lebens. Zur Figur werde ich wohl selbst das Geld schaffen müssen … Hier hilft mir niemand mehr. Ich habe mich hier zulange aufgehalten und bin für Deutschland arbeitend und alles opfernd, heimatlos geworden … Hier bin ich nun 8 Jahre und habe außer Tegeler keinen Freund.“ Das klingt ziemlich bitter. In der Tat verlässt Bandel mit seiner Familie Detmold, um in Hannover weiter an der Denkmalsfigur zu arbeiten.

Erst die nationale Begeisterung nach dem preußisch-österreichischen Krieg 1866 und dann nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und der Reichsgründung ließ die Spendenmittel wieder fließen, und die Stadt Detmold verlieh Ernst von Bandel 1871 die Ehrenbürgerschaft. 1875 konnte das das Denkmal feierlich eingeweiht werden, ein Jahr später starb Bandel.

Nr. 4
Ernst von Bandel an Georg Heinrich Crola in Ilsenburg, 1846
Eigenh. Brief m.U. an „Theuerster Freund!“ [Heinrich Georg Crola]
Detmold den 5ten Januar 1846
1 Dbl. (3 beschr. S. + 2 Zeilen). – 27,9: 22,2 cm
Ba H 35

Lortzing

Der Lortzing-Brief an die Theateragentur Sturm & Koppe in Leipzig liest sich wie eine Pressemitteilung, da Lortzing von sich in der dritten Person schreibt. Er gibt den Bericht wieder, den er vom Theaterdirektor Engelken aus Riga erhalten hat über eine Aufführung seines Zar und Zimmermann. Er listet die beteiligten Sänger und Spieler auf und fasst zusammen: „Die Aufnahme der Oper war brillant, fast alle Nummern wurden mit enthusiastischem Beifalle aufgenommen, mehrere Da Capo verlangt“.

Die Oper wurde in Riga unter dem Titel „Flandrische Abenteuer“ aufgeführt. Lortzing schreibt: „Aus dem Ganzen geht hervor, daß Herr Engelken den Brautzug Kaiser Maximilian’s nach Gent benutzt hat.“

In einem anderen Brief, an Philipp Reger, vom 11.12.1844, beschreibt Lortzing dies genauer: „Statt Russland wird „Deutschland“, anstatt Czar „Fürst“ gesagt, auch die Namen der Gesandten mußten verändert werden, das Ganze spielt in Antwerpen.“ In der Aufführung wurde also nicht der russische Zar Peter der Große als Figur auf der Bühne gezeigt, sondern der deutsche Kaiser Maximilian I. Dies gehorcht der politischen Zensur in Russland, die verbot, dass die Romanows auf der Bühne gezeigt werden. Lortzing schreibt weiter: „Die Idee ist gut und liegt so nahe, daß man sich wundern muß, warum die Herren Direktoren in Rußland, die so lange nach der Oper angelten, nicht früher darauf kamen.“

Der Brief ist undatiert; der oben zitierte Brief an Reger und eine Notiz in der Allgemeinen Musikzeitung Nr. 5 vom Januar 1845, in der auf die Aufführung in Riga hingewiesen wird, datieren den Brief auf Ende 1844 / Anfang 1845.

Nr. 5: Mus-La 2 L 184, 2. Seite

Nr. 5
Albert Lortzing an die Theateragentur Sturm und Koppe Leipzig, 1845
Eigenh. Brief m.U.
o.O. [Anfang 1845]
1 Bl. – 28:22,5 cm. – 1 1/2 S.
Mus-La 2 L 184