Ausstellung zum 150. Todestag von Georg Weerth: Teil 1
Erste Schritte aus dem Elternhaus. Kindheit in Detmold 1822-1836

Georg Weerth wurde am 17. Februar 1822 als viertes Kind des lippischen Generalsuperintendenten Ferdinand Weerth und seiner Frau Wilhelmine in Detmold geboren. Er wuchs mit seinen älteren Geschwistern Carl, Charlotte und Wilhelm und dem jüngeren Bruder Ferdinand in der Generalsuperintendentur Unter der Wehme auf. Wie seine Brüder besuchte er das Detmolder Gymnasium, war aber kein besonders begabter Schüler.

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Dr. Ferdinand Weerth (1774-1836)

Lithographie von Georg Engelbach
B 6 W

Fürstin Pauline zur Lippe berief 1805 den aufgeklärten Theologen Ferdinand Weerth zum lippischen Generalsuperintendenten. Er bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tod 1836. Besondere Verdienste erwarb er sich um das Kirchen- und Schulwesen.

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Wilhelmine Weerth, geb. Burgmann (1785-1868)

Bleistiftzeichnung von Georg Engelbach
B 5 W

Zu seiner Mutter, die als Pfarrerstochter in Mülheim am Rhein geboren war, hatte Weerth zeitlebens eine enge Bindung. Sie war eine gebildete, vielseitig interessierte und verständige Frau, die ihre fünf Kinder zu toleranten Persönlichkeiten mit ausgeprägtem sozialen Bewusstsein erzog.

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Detmold vom Büchenberge

Lithographie von ca. 1840
Friedrich Wilhelm Stüver im Auftrag des Detmolder Kaufmanns Johann Heinrich Wist
GA B 56

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Detmold von der Lemgoer Straße

Lithographie von ca. 1840
Friedrich Wilhelm Stüver im Auftrag des Detmolder Kaufmanns Johann Heinrich Wist
GA B 57

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Georg Weerths Geburtshaus

Die alte Generalsuperintendentur Unter der Wehme
Fotografie von Ferdinand Düstersiek, ca. 1900
BA DT-8-67

Das 1803/1804 erbaute klassizistische Gebäude war bis 1836 Wohnsitz der Familie Weerth. Georg Weerth hing sehr an diesem Haus. Die Weinstöcke auf der Gartenseite hat er selbst mit gepflanzt.

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Glückwunsch des regierenden Fürsten Leopold II. zur Geburt Georg Weerths

Billett mit eigenhändiger Unterschrift
Detmold, 18.2.1822
A 1 W

„Sie können von unserer aufrichtigen Theilnahme an der Freude, die Sie Gestern erlebt haben, sicher überzeugt seyn, wir haben mit dem wärmsten Antheil in den Stunden der Angst Ihrer gedacht. Möge Gott dem Neugeborenen dauerhafte, und feste Gesundheit geben und der Frau Generalsuperintendentin bald die verlorenen Kräfte wiederschenken, das ist unser innigster Wunsch.“

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Eintrag der Geburt Georg Weerths am 17. Februar 1822

im Kirchenbuch der reformierten Gemeinde in Detmold
StA Detmold: L 112 Detmold Bd. 12, S. 251(Reproduktion)
F 4/1 W

Auch die Taufe am 20. März 1822 ist eingetragen. Paten waren Ludwig Freiherr von Vincke, ein Studienfreund des Vaters, seit 1815 Oberpräsident von Westfalen, und Georg Burgmann, ein Onkel mütterlicherseits, der sich in London niedergelassen und es in den napoleonischen Kriegen zum Generalkommissar der britischen Mittelmeerflotte gebracht hatte.

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Georg Weerth

Daguerreotypie, alt gerahmt
B 1 W

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Dr. Carl Weerth (1812-1889)

Daguerreotypie, alt gerahmt
B 2 W

Der älteste Bruder war ab 1836 als Gymnasiallehrer in Detmold tätig. Er machte sich als Naturforscher auch in der Wissenschaft einen Namen und gründete 1835 mit der Naturhistorischen Sammlung das Lippische Landesmuseum.

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Wilhelm Weerth (1815-1884)

Daguerreotypie, alt gerahmt
B 3 W

Der zweitälteste Bruder war ab 1838 Schulrektor in Horn, ab 1842 Pfarrgehilfe in Oerlinghausen, dann Schulrektor und Hilfsprediger in Blomberg und ab 1845 Pfarrer in Horn. 1852 wurde er auf die Stelle des Pfarrers in Oerlinghausen berufen.

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Ferdinand Weerth (1825-1897)

Daguerreotypie, alt gerahmt
B 4 W

Der jüngste der Weerth-Brüder wurde ebenfalls Kaufmann und war seit 1843 in Berlin tätig.

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Christian Ferdinand Falkmann (1782-1844)

Direktor des Gymnasiums Leopoldinum in Detmold von 1818 bis 1844
Bleistiftzeichnung von I. Geißler, 1845
HS A 22-19

Falkmann erteilte am Detmolder Gymnasium den Deutschunterricht. Er war ein strenger, aber offenbar erfolgreicher Lehrer der deutschen Sprache: nicht nur Weerth, auch Christian Dietrich Grabbe und Ferdinand Freiligrath sind durch seine Schule gegangen.

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„Bis jetzt haben wir 128 gesammelt“

Georg Weerth an Wilhelm Weerth
Detmold, 22.5.1834
A 2 W

Die frühesten erhaltenen Briefe Georg Weerths richtete dieser 1834 als Zwölfjähriger an seinen Bruder Wilhelm, der in Göttingen Theologie studierte. Er berichtet allerlei Neuigkeiten aus Detmold, unter anderem, dass er mit dem Bruder Ferdinand eine Sammlung von Vogeleiern angelegt habe.

14
Vogeleier

128 Eier hatten die Brüder gesammelt, darunter solche der Uferschwalbe und der Bekassine.

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„ich muß gerade jetzt auch in die Turnstunde … „

Georg Weerth an Wilhelm Weerth
Detmold, nach dem 22.5.1834
A 3 W

Begeistert berichtet Weerth dem Bruder, dass jetzt am Gymnasium der Turnunterricht eingeführt und neben der Schule sogar eine Schwimmanstalt eingerichtet wurde.

Nach Abschluss der Obersekunda verließ Weerth seine Heimatstadt. Im Alter von vierzehn Jahren ging er nach Elberfeld, um dort eine kaufmännische Lehre zu beginnen. Vier Wochen später erlag der Vater einem Schlaganfall, und weitere fünf Wochen später starb die Schwester Charlotte mit 22 Jahren am Kindbettfieber. Die Familie räumte das Haus und musste sich fortan finanziell einschränken. Eine unbeschwerte und behütete Kindheit war zu Ende.

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Ferdinand Weerth: Leitfaden für den Religionsunterricht an den Schulen

Lemgo: Meyer, 1829
LP 84c

Ferdinand Weerth vertrat eine rationalistische Aufklärungstheologie. Im Jahr 1811 erschien die erste Auflage seines Leitfadens für den schulischen Religionsunterricht. Als Katechismus stellt er die christlichen Glaubenswahrheiten in leicht fasslicher Form zusammen und vermittelt das Christentum als aufgeklärte Tugendlehre. Die Ausgabe des neuen Gesangbuchs von 1828 machte eine veränderte Neuauflage des Leitfadens notwendig.

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Ferdinand Weerth: Gesangbuch für die kirchliche und häusliche Andacht der evangelischen Gemeinden im Fürstenthume Lippe

Lemgo: Meyer, 1828
LD 10

Auch das 1828 von Ferdinand Weerth eingeführte neue lippische Gesangbuch ist Dokument des kirchlichen Rationalismus. Viele alte Glaubenslieder sind durch ′vernünftige′ Tugendlieder ersetzt. Es bestimmte zusammen mit dem Leitfaden bis in die 1860er Jahre das kirchliche Leben in Lippe.

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Friedrich Georg Althaus: Leichenpredigt auf Ferdinand Weerth

Lemgo: Meyer, [1836]
LC 42

Der Detmolder Pfarrer Friedrich Georg Althaus war ein persönlicher Freund der Familie Weerth. Er folgte dem verstorbenen Ferdinand Weerth in das Amt der Generalsuperintendenten nach.

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„und nun kam die furchtbare Nachricht an“

Wilhelm Weerth an Georg Weerth
Göttingen, 4.11.1836
A 427 W

Wilhelm Weerth berichtet dem Bruder vom frühen Tod des Vaters, der im Oktober 1836 in Detmold gestorben war: „Sein Leichenzug soll sehr groß gewesen sein, wir sind nicht mitgegangen, haben seine Leiche auch nicht gesehen, denn nur sein lebendiges Bild soll vor meiner Seele stehen. […] Die Feierlichkeit seiner Beerdigung wurde noch mehr dadurch gehoben, daß ein volles Geläute bis zur Herabsenkung des Sarges erschallte.“

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„Die einmal angefangene Reise durch das Leben reut mich nicht“
Lehre in Elberfeld 1836-1840