Richard Wagner und die deutsche Romantik

Ausstellung in der Lippischen Landesbibliothek, Detmold
Aus Anlaß der Richard Wagner-Festwoche 1939

(Text des Ausstellungsplans im Bibliotheksarchiv)

Die Ausstellung ist in einem großen und zwei kleineren Räumen aufgebaut, ihr Material in 21 Schaukästen und zahlreichen Wechselrahmen untergebracht. Ihre Hauptgliederung ist die folgende:

  • Raum: Richard Wagner und die Romantik.
  • Raum: Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“
  • Raum: Das alte und das neue Nürnberg

1. Raum: Richard Wagner und die Romantik

Der erste Raum gibt eine übersichtliche Einführung in das Reich der Romantik und zeigt die vielfältigen Verbindungen zwischen Richard Wagner und der Geistesart der Romantik, ihren Neigungen und Motiven.

a. Vitrine 1-3 zeigen die wichtigsten literarischen Werke der Romantik in Erstdrucken.

Vitrine 1 enthält diejenigen Werke, die für die Anfänge der romantischen Bewegung kennzeichnend sind.

Vitrine 2 ist im wesentlichen der jüngeren Romantik gewidmet, in der die romantische Haltung sich dichterisch gestaltet. Die bedeutendsten Romantiker sind mit ihren Hauptwerken vertreten. Darunter befinden sich eine Reihe bedeutender Seltenheiten, wie z.B. Kleists „Phöbus“ mit dem Erstdruck aus „Käthchen von Heilbronn“ oder Ludwig Achim von Arnims Roman „Ariels Offenbarungen“, in dem das Arminius-Motiv behandelt wird.
In der dritten Vitrine belegen „Des Knaben Wunderhorn“, das gemeinsame Werk Arnims und Brentanos, Grimms „Kinder- und Hausmärchen“ und „Deutsche Sagen“ sowie andere Sammlungen die Bemühungen der Romantik um die Wiederbelebung der deutschen und nordischen Vorzeit, während die ausgelegten Übersetzungen Shakespeares und Calderons Zeugnis davon geben, welch unvergänglicher Erfolg ihrem Streben nach Eindeutschung fremden Dichtgutes beschieden war.

Eine ganze Reihe dieser Werke hat auch Richard Wagners Schaffen befruchtet. So hat er in Grimms „Deutschen Sagen“ den Stoff zum „Tannhäuser“ und zum „Lohengrin“ gefunden. Dieser zweiten Oper ist auch das Studium von Jakob Grimms Sammlung der Weistümer vorausgegangen. Die Übersetzung der dramatischen Werke Shakespeares durch Schlegel und Tieck hat ihm zahlreiche Anregungen gegeben und sein Verlangen geweckt, den britischen Dichter auch in der Ursprache zu lesen.

b. Die sechs Mittelvitrinen sind Richard Wagner selbst gewidmet. An Hand seiner Autobiographie werden zunächst die Werke der Dichtung und Wissenschaft gezeigt, die auf seinen inneren Werdegang bestimmenden Einfluß ausgeübt haben. Weiter liegen seine Jugendarbeiten samt ihren Quellen aus. Die den einzelnen Stücken beigefügten Äußerungen und Bekenntnisse Wagners sind gelegentlich von ergötzlicher Drastik. Am Ende dieser Gruppe steht die erste große Oper, der „Rienzi“.

Vitrine 3 ist den drei romantischen Opern „Der fliegende Holländer“, „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ mit ihren Quellen und literarischen Seitenstücken aus dem Bereiche der Romantik gewidmet. Man bemerkt, daß die Sage vom Tannhäuser und dem Sängerkriege auf der Wartburg am häufigsten von den Romantikern behandelt worden ist: Dichter und Maler haben diesen Stoff ihren Werken zugrunde gelegt. Der Plan Carl Maria von Webers, eine Oper „Tannhäuser“ zu komponieren (30 Jahre vor Wagner!), ist nicht verwirklicht worden.

In Vitrine 4 finden sich die zahlreichen dichterischen und literaturgeschichtlichen Werke, die Wagner bei den Studien für den „Ring der Nibelungen“ benutzt hat, sowie die Vorstufen der Trilogie. Die Erstdrucke der Partitur und des Textbuches des „Rings“, die faksimilierte Handschrift Wagners von den Entwürfen der „Walküre“ und eigene Berichte über Aufführungen der Trilogie füllen die nächste (5.) Vitrine.
Den Schluß dieser Gruppe bilden weniger bekannte musikalische und musiktheoretische Werke Wagners in Erstausgaben. (Vitrine 6).

c. In den folgenden vier Vitrinen werden Proben des romantischen Schaffens der Komponisten Schubert, Schumann, Weber und Lortzing gezeigt. Auch hier wieder fallen die engen Beziehungen der einzelnen Künstler der Romantik, der Musiker, Maler und Dichter untereinander und zu Richard Wagner auf. Am lebhaftesten ist die Verbindung Wagners mit Carl Maria von Weber. Hat ihn doch schon als Kind dessen „Freischütz“-Musik so begeistert, daß er beschloß, auch Musiker zu werden. Noch nach vielen Jahren gibt sein Bericht über eine Aufführung dieses Werkes in Paris jener Begeisterung Ausdruck. Zur Beisetzung der aus London überführten Asche Webers schrieb Wagner eine Trauermusik und hielt bei dieser Feier eine Rede voll innerer Wärme.

d. Den Übergang zu dem reichen Wandschmuck in diesem Raume bildet die letzte Vitrine. Hierin sind vor allem Bildnisse der bekanntesten Maler der Romantik ausgelegt, zumeist in Selbstdarstellungen.

Einen besonderen Reiz geben diesem Saale die fünf Reproduktionen von Gemälden Caspar David Friedrichs, Joseph Anton Kochs und Ludwig Richters.

2. Raum: Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“

In den drei Vitrinen werden der Meistersinger Hans Sachs und seine Werke, die Quellen zu Wagners „Meistersingern“ sowie Werke, die das gleiche Thema behandeln, und schließlich die Drucke zu den „Meistersingern“ selbst gezeigt. Wagners eigenhändige Niederschriften des Textes und der Komposition des Vorspiels liegen in Faksimile aus, dazu die ersten Ausgaben der Partitur und des Textbuches.

3. Raum: Das alte und das neue Nürnberg

Im dritten Raum zeigt sich das alte und das neue Nürnberg im Bilde

Ansichten der Stadt vom fünfzehnten bis zum zwanzigsten Jahrhundert sind in reicher Zahl, zumeist in sehr schönen Originalen, vertreten. In einer der Vitrinen sind Werke des größten Nürnbergers, Albrecht Dürer, ausgelegt. Aus ihren eigenen Beständen hat die Lippische Landesbibliothek einen der berühmtesten Kupferstiche im Original beisteuern können. Beim Anblick von Holzschuhers Bildnis hat Richard Wagner einst geäußert: „Der hätte mich verstanden!“

Der größte Teil der ausgelegten Werke stammt aus dem Besitze der Lippischen Landesbibliothek und des Grabbe-Archivs Alfred Bergmann. In besonders entgegenkommender Weise wurden Leihgaben von folgenden Stellen überlassen.

Buchhandlung Gustav Fock, Leipzig
Musikdirektor Willi Schramm, Detmold
Verlag der Piper-Drucke, München
Stadt-Bibliothek, Nürnberg.

Die Ausstellung wurde aufgebaut von den Bibliothekaren der Lippischen Landesbibliothek Dr. Alfred Bergmann und Erika Geest.