Oliven, Ouzo und Olympier
Griechenland in alten Drucken
Ausstellung in der Lippischen Landesbibliothek vom 29.5. bis zum 31.7.1998
Atlanten
1
Atlas minor
Das ist: Eine kurtze jedoch gründliche Beschreibung der gantzen Welt. 2 Bände. – Amsterdam 1648.
K 93
Von Gerhard Mercators großen Atlanten leiten sich etliche kleinere Ausgaben ab. Der zweiteilige Atlas minor erschien zuerst 1622 in lateinischer Sprache. Der zweite Band enthält als letztes „europäisches“ Kartenblatt Einzelkarten von Kreta und anderen griechischen Inseln, dazu deren jeweilige geographische Beschreibung. Die Darstellung des griechischen Festlandes mit Makedonien, Epirus, Achaia und der Peloponnes gehört schon zur Beschreibung Asiens, denn diese Gebiete standen unter der Herrschaft der Türken. Aufgeschlagen ist die Karte der Peloponnes.
Graecia oder Griechenland
Graecia ist in gantz Europa der edelsten Länder eins / unnd gleichsam ein Quell und Mutter aller guten Künste. Es war dieses Land wegen vieler berühmten Stätte vor zeiten sehr hoch erhoben / unter welchen Athen / Lacedaemonia, Delphis, Argis, Mycenis und Corinthus die fürnehmste gewesen / und aber nun mehr fast allesampt im Staub und gantz verstört ligen.
Religion
Betreffend ihre / der Griechen / alte Religion / sind sie der Abgötterey gewaltig ergeben gewesen / und haben der Götter und Göttinnen ein unzehlbare menge gehabt: Sintemal der heilige Lehrer Augustinus auß des Varronis Schrifften bezeuget / daß so wol die Römer / als auch die Griechen auff die drey tausent Götter zu gleich verehret / unter welchen drey hundert Ioves oder Jupiter gewesen: Und beneben diesen in einem jeden Hauß ein besonderer Lar oder Numen domesticum, das ist / ein Haußgott genant: Wie gleichfals zu einem jeden Gebrechen deß Leibs / Glück und Unglück / Gefahr und dergleichen ein besonderer Gott verordnet / da ein jeder seine besondere Ceremonien / Götzendienst / Gebet / Priester und Opffer erfordert.
Sitten
Von den Antiquitäten hat das gemeine Volck jetzund nichts mehr im brauch: Der mehrer Theil trägt an dem Hinderhaupt lange Haar / läst sich auff dem vorder Theil beschären / brauchen zwiefache oder sonsten dicke Hüt / haben allesampt / gleich wie die Türcken / wenig Haußrath / und keine Federbett / sondern Kulstern von Woll oder Flock im brauch; haltens für in verhast Werck den Wein mit Wasser zu vermischen / und laden einander auch jetzund offt und viel zum Trunck / zu welchen Gastungen doch ihre Weiber gar nicht erscheinen. Die alte Gewonheit / deren sich die Heyden in dem Beklagen ihrer Abgestorbenen gebraucht / geht bey den Griechen noch jetzund im schwang.
Macedonia
Ist allenthalben zur Fruchtbarkeit sehr genygt / rings herumb mit hohen Bergen verwahrt / ist uber das auch an Gold und Silber gewaltig reich / hatte zu deß Aristotelis Zeiten ein frembde und unbekannte Art von Goldt / in den Adern deß gantzes Erdreichs noch jetzund viel Erdschwefel / und bringt auch den besondern Stein Päantides genannt in grosser menge / von welchem gerühmet wird / das er beydes zur Empfängnis und Gebähren helffe.
Epirus
Die Inwohner dieses Lands reysen nach deß Belloni Zeugnis zur Zeit des Sommers von wegen der grossen Unfruchtbarkeit hauffen weyß in Macedoniam, Romaniam und Natoliam, da sie den Türcken umb Gewins willen / allerley dienste leysten / als etwan Getreyd schneyden / Korn reynen/ unnd anders dergleichen verrichten / nachmals nach verrichter Erndte als zur Zeit des Herbsts wiederumb heim ziehen und bey ihren Weibern und Kindern leben.
Kreta
Die Inwohner waren vor zeiten dem Lügen / Betriegen / Rauben / Geitz und Weinsauffen gewaltig ergeben / und dasselbige entweder wegen ihres besondern Luffts / oder durch den Uberfluß und Reichthumb ihres Gewächs darzu gereitzet / oder von sich selbsten darzu genaturirht / könten durchauß keiner Arbeit gewöhnen / beflissen sich keiner Kunste / sondern lagen dem Fressen und Sauffen am meisten ob.
Peloponnesus
Diese Peninsel ist nach deß Plinii Zeugnüß das Haupt und Schloß deß gantzen Griechenlands / an Fürtreffligkeit fast allen andern Ländern uberlegen / und wegen ihrer grossen Fruchtbarkeit und Uberfluß aller sachen in der gantzen Welt bekannt: hat auff den Hügeln und allen ebenen Feldern einen grossen Vorrath von Geträyd / und ist der bequämen Meerhafen / gleichsam allenthalben voll.
2
Atlas Portabilis
Oder Compendieuse Vorstellung der ganzen Welt in einer kleinen Cosmographie. 3., verbesserte Auflage. – Nürnberg 1745.
K 98
Dieser Taschenatlas von Johann Gottfried Gregorii, „zum Nutzen der fleißigen und Lehr-begierigen Jugend“ zu Unterrichtszwecken herausgegeben, enthält 31 handkolorierte Landkarten. Den Karten sind ausführliche Erläuterungen beigegeben, die außer den geographischen Verhältnissen auch historische Nachrichten zur Kenntnis bringen.
3
Neuwe Archontologia cosmica
Das ist / Beschreibung aller Kayserthumben / Königreichen und Republicken der gantzen Welt / die keinen Höhern erkennen …
Frankfurt am Main 1638.
K 14 4°
Diese Kosmographie von Pierre d’Avigny, im Auftrag Matthäus Merians aus dem Französischen übersetzt und von diesem 1638 mit eigenen Landkarten und Stadtansichten dem Herzog Ernst von Sachsen gewidmet, informiert umfassend über die Geographie aller Länder der Erde, „wie auch von der Alten und Newen Innwohnern Gebräuchen / Rechten unnd Gewonheiten / Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit deß Erdreichs / Item von der Potentaten Rennten unnd Einkommen / Kriegs-Macht zu Wasser und Landt / Religions- und Kirchen-Wesen“ etc. Von Griechenland finden sich nur zwei Stadtansichten: Herakleion auf der Insel Kreta (venezianisch: Candia) und Korfu.
Abenteurer im Venezianisch-Türkischen Krieg
4
Johann Janszon Straußens sehr schwere, wiederwertige und Denckwürdige Reysen …
Aus dem Holländischen von A[ndreas] M[üller]. Amsterdam 1678
K 140. 4°
Der holländische Abenteurer Johann Janszon Strauß verdingte sich 1656 als Segelmacher bei der venezianischen Flotte. Während diese sich bei Kreta sammelte, kreuzte seine Mannschaft in der Ägäis und unternahm einen Raubüberfall auf Lesbos. Nachdem Strauß vorübergehend zum türkischen Galeerensklaven geworden war, nahm er an der ersten Dardanellenschlacht und der Eroberung von Tenedos teil. Auf Samos wurde er erneut von den Türken gefangen, denen es nicht gelang, ihn auf Rhodos oder Chios als Sklaven zu verkaufen. Schließlich wurde er von den Venezianern ausgelöst und war als deren Söldner auch bei der zweiten Dardanellenschlacht dabei.
Strauß‘ großspuriger Bericht, 1677 zuerst in niederländischer Sprache und im folgenden Jahr auf Deutsch veröffentlicht, ist voll von Heldentum, Schlachtgetümmel, Scharmützeln, Seestürmen und Schiffbrüchen; er selbst ist immer in vorderster Linie dabei. Griechenland interessiert ihn eigentlich gar nicht.
„Die venezianische Flotte vor Patmos
Wir kamen erstlich an die Insel Pathmos, wo vorzeiten der Apostel Johannes in den Bann gethan war / und seine Offenbahrungen schriebe. Man zeigete uns in der Höhle eines Berges eine kleine Capelle (wie uns die Griechen berichteten) gestiftet an dem Orte / wo der Apostel seine Gesichten solte empfangen haben: wie auch einen Stein, welcher sich über seinem Bette öffnete und zuschlosse. Von diesem verkaufen die Griechen etliche Stücklein / welche zu Pulver gestossen / vor das dreytägige Fieber eingenommen werden.“
Bestseller
5
Voyage du jeune Anacharsis en Grèce dans le milieu du quatrième Siècle avant l’ère vulgaire.
Von Jean Jacques Barthelémy.5 Bände und Tafeln. – Herve 1789.
FP 166 (aus der Bibliothek der Fürstin Pauline)
In Abbé Barthelémys (1716-1795) vielgelesenem Buch bereist ein junger Skythe aus fürstlichem Geschlecht, der in dieser aufgeklärten Nation sein Glück zu finden hofft, das klassische Griechenland. Die Beschreibung der fiktiven Reise gerät zu einem idyllischen Panorama der antiken Welt, das nicht nur vierzig Auflagen erlebte, sondern auch in alle europäischen Sprachen übersetzt wurde. Die Fürstin Pauline zur Lippe erwarb die 1789 erschienene Erstausgabe.
6
Voyage du jeune Anacharsis en Grèce dans le milieu du quatrième Siècle avant l’ère vulgaire.
Von Jean Jacques Barthelémy. 3. Auflage. – 7 Bände und Tafeln. – Paris 1790.
K 214
Der Abbé ist selber nie in Griechenland gewesen, Stubengelehrsamkeit und Leseeifer ersetzen den Mangel an eigener Anschauung und blähen die vermeintliche Reisebeschreibung mit einer Fülle von Fakten zur griechischen Geschichte ins Monströse auf. Ein umfangreiches Register und ein Tafelband mit Karten, Plänen, Ansichten und Münzabbildungen erlauben die Nutzung als Geschichtskompendium.
Neben der Erstausgabe besitzt die Lippische Landesbibliothek noch die siebenbändige dritte Auflage von 1790, eine neunbändige Ausgabe von 1810 und eine Ausgabe von 1859.
Ethnographie
7
Litterarische Reise nach Griechenland
Oder Briefe über die alten und neuern Griechen nebst einer Vergleichung ihrer Sitten / von Herrn Guys. Band 1. – Leipzig 1772.
H 12238 (aus der Regierungsbibliothek Minden)
Verfasser dieses Buches war der Handelsreisende Pierre Augustin Guys (1720-1799), der Griechenland das erste Mal im Jahr 1748 besuchte und seine letzten Lebensjahre auf der Insel Zakynthos verbrachte. Mit dem Homer in der Hand versuchte er – mit mehr oder weniger Erfolg – im neuen Griechenland das alte wiederzufinden. Sein Buch, 1771 in der französischen Ausgabe erschienen und von Christian Felix Weiße ins Deutsche übersetzt, berichtet in Form von Briefen über das Leben der Griechen seiner Zeit: über ihre Wohnverhältnisse und Nahrungsgewohnheiten, über Kleidung, Schmuck und Körperpflege, ihren Umgang mit Frauen, Kindern und Dienstboten, ihre Feste, ihre Volksdichtung und ihr geselliges Leben. Als Ethnographie Neugriechenlands ist das Buch eine erstrangige Quelle.
Wissenschaftliche Reisen
8
Richard Pocockes Beschreibung des Morgenlandes und einiger anderer Länder.
Aus dem Englischen übersetzt von Christian Ernst von Windheim.
3 Bände. – Erlangen/Leipzig 1754-1755.
K 877. 4°
Eine Mischform aus Orientreise und antiquarischer Reise dokumentiert der Reisebericht des Engländers Richard Pococke (1704-1765), der in den Jahren 1734-1741 die Levante bereiste. Sein gelehrter Bericht ist eine Enzyklopädie des Orients: man erfährt alles über Geographie, Naturgeschichte, Regierungen, Völker, Handel und Landwirtschaft. Das besondere Interesse des Verfassers aber gilt den Altertümern, die er genau beschreibt und in qualitätvollen Kupfern abbildet.
Die Reise beginnt in Ägypten und führt über Palästina, Syrien, Mesopotamien und Zypern nach Kreta, wo Pococke sich drei Monate aufhält. Von dort geht es weiter nach Chios, Lesbos, Samos und Smyrna, durch Kleinasien nach Konstantinopel, zum Athos, nach Thessaloniki und schließlich durch Thessalien und Böotien nach Athen, wo Pococke nur eine Woche bleibt. Schließlich reist er über Eleusis und Megara nach Korinth und Patras. Dort schifft er sich im Oktober 1740 nach Messina ein.
9
Die Alterthümer von Athen.
Beschrieben von James Stuart und Nicholas Revett. Aus dem Englischen übersetzt nach der Londoner Originalausgabe …. 3 Bände. – Darmstadt 1829-1833.
G 1502 – G 151. 2°
Im Auftrag der englischen Society of Dilettanti reisten der Maler James Stuart (1713-1788) und der Architekt Nicholas Revett (1720-1804) 1751 nach Athen, um systematische Vermessungen der klassischen Denkmäler vorzunehmen. Während eines zweieinhalbjährigen Aufenthalts fertigten sie maßgetreue Architekturzeichnungen der antiken Bauwerke und Zeichnungen der vorhandenen antiken Bauplastik an. Ihre Untersuchungen erstreckten sich auch auf weitere Altertümer in Attika. Der erste Band der Antiquities of Athens erschien 1762 in London, in einzelnen Lieferungen lag das Werk bis 1787 vor. Eine deutsche Übersetzung erschien erste 1829-1833.
James Stuart und Nicholas Revett: Die Alterthümer zu Athen (1751/53)
Aquaeduct des Hadrian
Selbst in den blühendsten Zeiten der Republik war die Stadt Athen so schlecht mit Wasser versehen, dass die Einwohner genöthigt waren Brunnen zu graben, um sich mit diesem unentbehrlichen Lebensbedürfnisse zu versehen.
Wir müssen schliessen, dass diese Brunnen sehr zahlreich waren, da, zufolge eines Gesetzes Solon’s, nur diejenigen, die in der Nähe eines Brunnens wohnten, sich seines Wassers bedienen durften. Diesem Mangel wurde endlich, wenigstens mit Rücksicht auf Athen, durch die Freigebigkeit der Kaiser Hadrian und Antoninus Pius abgeholfen. Zu diesem Endzweck wurde am Fusse des Berge Anchesmus ein Wasserbehälter gegraben, welcher mit der Ionischen Vorderseite verziert war, welche Gegenstand dieser Ansicht ist.
Dieser Wasserbehälter scheint offenbar vermittelst einer Wasserleitung von nicht unbeträchtlicher Länge mit Wasser versehen worden zu sein; denn auf unserm Wege nach Cephisia, einem herrlichen Dorfe, welches reichlichere Quellen hat, als ich irgendwo im Attischen Gebiete sah, gingen wir an verschiedenen von einander beträchtlich entfernten Plätzen vorbei, wo wir einige zertrümmerte Bögen derselben sahen.
Auf dem Gipfel des Anchesmus ist eine kleine dem heiligen Georg geweihte Kapelle, welche auf der Stelle zu stehen scheint, welche der Tempel des Jupiter Anchesmius ehemals einnahm, und eine sehr ausgedehnte Aussicht hat. Die Figuren stellen eine Albaneserin vor, welche die Guitarre spielt und einen neben ihr sitzenden alten Hirten, welcher ihr aufmerksam zuhört.
Dorischer Portikus zu Athen
Eine Ansicht der Porticus in ihrem gegenwärtigen Zustande. Durch die mittlere Säulenweite sieht man den Minaret oder Thurm der Haupt-Moschee. Die Türken nennen sie Dschahm oder Dschamih, welches unserem Cathedralkirche entspricht.
Auf der rechten Seite ist die Kirche des heiligen Erlösers, welche jetzt verlassen und in einem sehr baufälligen Zustande ist. Die türkische Regierung macht viele Schwierigkeiten, ehe sie die Ausbesserung einer Kirche gestattet, und die Griechen sind gewöhnlich gezwungen, für eine solche Erlaubniss sehr viel zu bezahlen.
Das Thor gehört zu dem Hause, in welchem Herr Etienne Leouson, der französische Consul, wohnt. Der Brunnen im Vordergrund dieser Ansicht wurde auf Kosten des französischen Consuls wieder hergestellt, und man liest darauf die Buchstaben E. L., die Anfangsbuchstaben seines Namens, mit dem Datum des Jahres, in welchem er beendigt wurde.
Einen öffentlichen Brunnen bauen oder ausbessern wird von den Türken für ein sehr verdienstliches Werk gehalten; und da dieser Band uns keine andere Gelegenheit gibt, einen abzubilden, so hat man sich die Freiheit genommen, diesen Brunnen etwas aus seiner wahren Lage zu rücken, um dem Leser die Ansicht von einem türkischen Bauwerk dieser Art zu gewähren.
Der Parthenon zu Athen
Ansicht der östlichen Porticus des Parthenon. Dieser Tempel wurde erbaut unter der Verwaltung des Pericles, welcher ihn durch die Baumeister Callicrates und Ictinus unter der Oberleitung des Phidias, dem die Aufsicht über alles, was der Schmuck und die Pracht desselben erforderte, übertragen war, ausführen liess.
Einige der berühmtesten Schriftsteller des Alterthums haben die Herrlichkeit dieses Tempels geschildert; und ihre Berichte werden durch die Beschreibungen der Reisenden, die ihn in dem letzten Jahrhundert beinahe vollständig gesehen, erläutert und bestätigt. Selbst der erhabene Anblick der jetzo zertrümmerten Grösse wird den Beschauer nicht wenig ergreifen.
Im Jahr 1687 wurde Athen von den Venetianern unter dem Commando des Proveditore Morosini und des Grafen Königsmark belagert, bei welcher Gelegenheit unglücklicher Weise eine Bombe auf dieses bewundernswürdige Gebäude fiel und es in den Zustand versetzte, in dem wir es sahen.
Diese Vorderseite hatte durch die Pulverexplosion während der bereits erwähnten Belagerung mehr gelitten als die westliche Seite; denn es fehlt ihr bei weitem der grössere Theil des Giebelfeldes. Zwischen den Säulen sieht man die jetzige Moschee, welche innerhalb des Tempelraums des Parthenon steht.
Der Turm der Winde zu Athen
Ansicht des Thurmes der Winde in seinem gegenwärtigen Zustande, aufgenommen aus einem Fenster in dem Hause des Mindirih Effendi. Dieser achteckige Thurm ist von Marmor; auf jeder Seite ist ein Hochbild, welches einen der acht Winde vorstellt, ein Beweis, dass er der achteckige Thurm ist, welchen Andronicus Cyrrhestes zu Athen erbaute.
Der ferne Felsen, mit dem darauf befindlichen Gebäude stellt einen Theil der Acropolis oder Burg von Athen vor.
Dieser Thurm dient nun zu einer türkischen Capelle und wird Teckeh genannt. Er ist gegenwärtig ein sehr geschätzter Andachtsort, wo gewisse Derwische zu bestimmten Zeiten den mohamedanischen Kreistanz verrichten; da aber das Innere dieses Thurmes bis zu einer beträchtlichen Höhe mit Unrath und Gerüll angefüllt war, deren unebene Oberfläche dieser religiösen Uebung einige Hindernisse in den Weg gelegt haben möchte, so hat man den ganzen Platz in der Entfernung von ungefähr sieben Fuss von dem alten Pflaster mit einem Bretterboden bedeckt.
Der Türke mit langem Haar, dessen Rücken gegen den Anschauer gekehrt, ist der Scheik Mustapha, Haupt jener Derwische, welche den Kreistanz im Thurm der Winde verrichten, in dessen Gipfel er als Zierath ein grosses hölzernes Modell seines Turbans angebracht hat.
Tempel der Minerva Polias und der Pandrosus
Ansicht der westlichen Seite des Tempels der Minerva Polias und des Pandrosium. In dem Tempel der Minerva Polias war die alte Bildsäule der Göttin; sie war von Holz, und die Sage meldet, sie sei vom Himmel gefallen.
Das Pandrosium ist das einzige uns bekannte alte Gebäude, dessen Gebälk und Dach von Caryatiden getragen werden. In dem Pandrosium stand der Ölbaum, den Minerva in ihrem Streit mit Neptun hervorgebracht haben soll; er hiess Pankyphos (der Gekrümmte), weil seine Aeste, nachdem sie die Decke erreicht hatten, sich wieder abwärts bogen.
Der türkische Herr mit der langen Pfeife ist der Disdár-Agá, welcher sich auf die Schulter seines Schwiegersohnes Ibrahim Agá lehnt und den Arbeitern zusieht, die aufgraben, um auf die Base und die Stufen der Grundmauer unter den Caryatiden zu stossen. Er pflegte uns von Zeit zu Zeit zu besuchen, um nachzusehen, ob wir das Gebäude nicht beschädigten, oder vielmehr, ob wir keine Schätze wegtrügen; indem er es nicht begreifen konnte, dass wir einen andern Beweggrund haben könnten, um so eifrig dem nachzuforschen, was unter dem Grund seines Schlosses wäre.
Die zwei Türken im Pandrosium waren von ihm dahin gestellt worden, um uns zu bewachen, und ihm Bericht von unsern Entdeckungen abzustatten. Das kleine Mädchen, welches ein Lamm leitet und von einem Negersclaven begleitet wird, ist ein Kind des Ibrahim-Agá. Das Lamm wurde gefüttert, um am Beiramsfeste, welches bald auf die Zeit folgte, als diese Ansicht aufgenommen wurde, gegessen zu werden.
Der Tempel des Theseus
Alle Reisende, welche die Stadt Athen besucht, und alle Schriftsteller, welche ihre Alterthümer beschrieben haben, stimmen darin überein, dass dieser Dorische Tempel, einer der herrlichsten Ueberreste alter Pracht, und gegenwärtig am vollständigsten erhaltenen, dem Theseus zu Ehren erbaut worden sei.
Dieses Gebäude ist nun eine Kirche, welche dem heiligen Georg geweiht ist, welchen die jetzigen Athener eben so sehr verehren als ihre Vorfahren den Theseus verehrt hatten, und daher kommt es wahrscheinlich, dass es in einem weniger verfallenen Zustande ist. Der Boden auf der Nordseite des Tempels ist weggespült und man sieht einen beträchtlichen Theil der Grundmauer.
Es scheint kaum der Mühe werth zu sein, zu erwähnen, dass Herr Vernon, welcher Athen im Jahr 1675 besuchte, und Dr. Spon, nebst Sir George Wheler, die im Anfange des folgenden Jahres dahin kamen, ihre Namen auf die innere Tempelwand aufgeschrieben haben. Ihrem Beispiele sind mehrere andere Personen von Stande gefolgt.
Im Vordergrund sieht man Albanesische Bauern, welche Getreide schwingen, welches dadurch geschieht, dass die Körner leicht in die Höhe geworfen werden, wo dann die Etesischen Winde die Spreu wegführen. Diese Albaneser sind die Landleute Griechenlands; sie sind in der Regel Christen Griechischen Rituals und sprechen eine eigenthümliche Sprache.
Choregisches Monument des Lysikrates
Ansicht des choregischen Denkmahls des Lysicrates in seinem gegenwärtigen Zustande, aufgenommen am fernern Ende des zu dem Hospitium der Capuziner gehörigen Gartens. Mehr als die Hälfte dieses Denkmahls ist vermauert, so dass von den sechs Säulen, welche die kreisförmige Colonade ausmachen, nur zwei und eine halbe an der Aussenseite des Capuzinerhauses zum Vorschein kommen, und nur zwei und eine halbe von den Säulenweiten.
Die neueren Athenienser nennen dieses Gebäude to Phanári tou Demosthéneos, oder die Laterne des Demosthenes, und die gemeine Sage, nach welcher es von diesem grossen Redner erbaut worden, um daselbst in der Einsamkeit zu studiren, ist noch jetzt gangbar, doch, gleich andern Volkssagen, zu abgeschmackt, um eine ernsthafte Widerlegung zu verdienen.
Dieses Denkmahl des Alterthums, welches vortrefflich gearbeitet ist, steht nahe am östlichen Ende der Acropolis, und wird zum Theil vom Hospitium der Capuziner umschlossen. Durch die Thür auf der linken Seite geht man in die Capelle. Die Figur stellt den in seinem Garten sitzenden französischen Capuziner vor.
Die Oberfläche dieses Gartens erhebt sich eilf Fuss über den alten Fussboden, und folglich ist so viel von der Grundmauer dieses Denkmahls durch die auf dieser Seite aufgehäufte Erde bedeckt, während auf der an die Strasse stossenden Seite ungefähr drei Fuss weniger von dieser Grundmauer verschüttet sind.
10
Topographie Athens.
Von William Martin Leake. Übersetzt von J. G. Baiter und H. Sauppe. Zweite Ausgabe. – Zürich 1844.
G 1505 d
Der Colonel William Martin Leake (1777-1860) gilt als Begründer der wissenschaftlichen Topographie Griechenlands. Leake besuchte Griechenland 1802. Im September desselben Jahres befand er sich an Bord von Lord Elgins Schiff Mentor, das mit einer Ladung Marmorkunstwerke vor der Küste von Kythera sank. 1804 sandte ihn die englische Regierung auf eine diplomatische und militärische Mission, auf der er die griechische Westküste erforschen und die türkischen Truppen den Gebrauch moderner Artilleriewaffen lehren sollte. 1815 kehrte er nach England zurück. Leakes Topography of Athens erschien zuerst 1821. Danach veröffentlichte er noch zahlreiche Bücher über Griechenland.
Kriegsgefangener der Türken
11
Pouqueville’s Reise durch Morea und Albanien nach Constantinopel
und in mehrere andere Theile des ottomanischen Reichs in den Jahren 1798, 1799, 1800 und 1801. Aus dem Französischen übersetzt von K. L. M. Müller.
2 Bde. – Leipzig 1805.
K 4374 (aus der Gymnasialbibliothek Lemgo)
Der Mediziner François C. H. L. Pouqueville (1770-1838) war bei der Rückkehr von Napoleons Ägyptenexpedition 1798 von Piraten gefangen worden und hatte sieben Monate als Gefangener der Türken in Tripolis auf der Peloponnes verbracht. Nach einem weiteren Jahr Haft in Konstantinopel konnte er 1801 nach Frankreich zurückkehren. Dort publizierte er 1805 seinen Erlebnisbericht: ein großer Publikumserfolg, der in die meisten europäischen Sprachen übersetzt wurde.
Pouqueville widmete das Buch Napoleon und wurde daraufhin als französischer Konsul an den Hof des Ali Pascha in Jannina im Epirus geschickt. Mit dem Konsulat war der Auftrag verbunden, das Gebiet des Pascha eingehend zu erkunden. Von 1815-1817 amtierte er als Konsul in Patras. 1820-1821 veröffentlichte Pouqueville die Ergebnisse seines langjährigen Griechenlandaufenthalts in der fünfbändigen Voyage dans la Grèce, von der 1824/1825 eine deutsche Übersetzung erschien.
Philhellenen
12
Reise nach Griechenland und der Türkei
auf Befehl Ludwigs XVI. unternommen von C. S. Sonnini. Aus dem Französischen übersetzt … von Ch. Weyland. Berlin 1801. (Magazin von merkwürdigen Reisebeschreibungen. 24)
K 150 (24)
Zeugnis des beginnenden Philhellenismus ist die Reisebeschreibung von Charles N. S. Sonnini (1751-1812). Dieser war als französischer Marine-Offizier von Louis XVI. nach Ägypten geschickt worden. Nach Abschluß der Reise beschloß er, auf eigene Faust nun noch Griechenland kennenzulernen. Über Zypern segelte er 1778 nach Rhodos und bereiste dann zwei Jahre lang die gesamte ägäische Inselwelt sowie einige Orte des Festlands.
Sonnini entwirft ein Bild vom edlen Griechen, dem schönen, geistreichen, gewandten Menschen, einem nur durch tiefste Unwissenheit und Aberglauben verzerrten Spiegelbild des antiken Hellenen. „Dieses interessante Volk seufzt unter dem drückenden Joch des stolzen und wilden Muselmannes; seine Sklaverei ist […] uneingeschränkt und grenzenlos“. Zwar glaubt er nicht, daß eine selbständige Befreiung der Griechen möglich sei, meint aber, daß sich bei Aussicht auf Erfolg, nämlich unter Beteiligung fremder Truppen, das ganze griechische Volk geschlossen gegen die Unterdrücker erheben würde.
Das Ottomanische Reich, dieser ungeheure und unförmliche Coloß, steht auf einem thönernen Fundament, und scheint im Begrif zu seyn, zusammen zu stürzen. Wahrscheinlich wird Griechenland, das jetzt noch unter dem Druck der allerschrecklichsten Tirannei seufzt, bald sich aus dem Staube erheben, und wenn auch nicht zu seinem ehemaligen Rang sich empor schwingen, doch seine Fesseln zerbrechen und wieder eine Stelle unter den übrigen Nationen einnehmen, zu denen es wegen seiner langen und tiefen Sklaverei nicht mehr hat können gerechnet werden.
13
A. L. Castellans Briefe über Morea, und die Inseln Cerigo, Hydra und Zante.
Aus dem Französischen übersetzt von Ch. Weyland.
Berlin 1809. (Magazin von merkwürdigen Reisebeschreibungen. 30)
K 150 (30)
Nur einen Ausschnitt seiner Reise beschreibt Antoine Laurent Castellan (1772-1838), der im Dezember 1796 mit einer französischen Abordnung als Zeichner zum Dockbau nach Konstantinopel reiste. Auf dem Hinweg wurden Kythera, Monemvasia auf der Peloponnes und die Insel Hydra angelaufen. Ein halbes Jahr später fuhr Castellan zusammen mit dem Ingenieur Leveillé zurück, durchquerte von Koroni aus Messenien und segelte weiter nach Zakynthos.
Castellan reist ohne spezifische Interessen, nimmt aber lebhaft Anteil an den Belangen der Bevölkerung. Er glaubt feststellen zu können, daß die Tradition der Griechen seit der Antike nicht abgerissen sei: wo sie sich den Türken entziehen könnten, seien sie die tätigsten Leute und zeigten viel Talent für die schönen Künste. „Endlich ist das innere Gefühl ihres alten Ruhms bei ihnen nicht verloschen; sie erinnern sich des Homer’s; viele von ihnen lesen ihn, und noch erregen die großen Namen ihrer Vorfahren ihren Stolz und ihr Bedauern“ – das ist natürlich eine Fiktion des Reisenden. Griechisches Nationalbewußtsein erkennt und beschreibt Castellan wohl, ergreift aber nirgends Partei für einen unabhängigen neugriechischen Staat.
14
Francois-René de Chateaubriand:
Itinéraire de Paris à Jérusalem et de Jérusalem à Paris. 3 Bände. – Brüssel 1826-1827.
F 598
In erster Linie war die literarische Reise des französischen Schriftstellers Francois-René de Chateaubriand (1786-1848), zuerst im Jahre 1811 veröffentlicht, eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Auf dem Wege dorthin besuchte Chateaubriand Griechenland, er „wollte die Musen in ihrer Heimat besuchen“.
Von Paris im Juli 1806 abgereist, ließ er sich im August in Methoni auf der Peloponnes absetzen. Dort dingte er sich einen italienischen Zinnhändler als Dolmetscher und zog mit diesem weiter nach Sparta. Das war der Höhepunkt seines Griechenlandaufenthalts; die Erhabenheit der „erlauchten Trümmer“ versetzte seine Seele in Aufruhr. Von Lakonien reiste er dann weiter nach Argos und Mykenai. Über Korinth, Megara und Eleusis kam er nach Athen und Sunion.
Bei Sonnenuntergang auf den Trümmern von Sunion sinniert Chateaubriand über das traurige Schicksal Griechenlands und seiner Bewohner und über die Gründe für den Verfall des alten Hellas. Dem Gedanken einer Befreiung Griechenlands steht er allerdings skeptisch gegenüber.
Ich fürchte aber auch, die Griechen werden sobald noch nicht in der Stimmung seyn, ihre Fesseln zu zerbrechen. Selbst wenn sie von dem Drucke, der auf ihnen lastet, befreit wären, würden sie doch nicht sogleich die Spuren ihrer Fesseln verlieren. Sie sind nicht nur unter der Last des Despotismus zermalmt worden, sondern sie leben schon seit zweitausend Jahren als ein veraltetes, herabgewürdigtes Volk.
Ein Lipper in Hellas
15
Ausflug nach Griechenland im Sommer 1860
von Dr. H. K. Brandes. Lemgo und Detmold 1861.
K 786
→ hier online
Bei der Meyerschen Hofbuchhandlung in Detmold erschien die Reisebeschreibung des Lemgoer Schulrektors Heinrich Karl Brandes, der im Sommer 1860 im Alter von 63 Jahren eine vierwöchige Reise nach Griechenland unternahm. Das Buch beginnt auf dem Athener Areopag und auf der Akropolis. Brandes absolvierte eine klassische Bildungsreise: besucht wurden Delphi mit dem Parnaß, Chaironeia, Plataiai, Theben und Marathon; daran an schloß sich ein Ausflug auf die Peloponnes nach Nauplia, Tiryns, Argos, Mykenai und Korinth. Brandes publizierte alle seine Sommerreisen der Jahre 1850 bis 1868 im Verlag der Meyerschen Hofbuchhandlung.
Im Königreich der Wittelsbacher
16
Reisen des Königs Otto und der Königinn Amalia in Griechenland. Aufgezeichnet und gesammelt von Ludwig Roß. 2 Bände (in einem Band). – Halle 1848.
K 784
In den ersten Jahren seiner Regentschaft unternahm der 1832 gewählte König Otto von Griechenland mehrere Reisen in seinem Königreich, um „die Denkmäler und Erinnerungen der Vergangenheit wie die Zustände der Gegenwart, die Schönheiten seiner großartigen Natur wie die Lebensweise, Sitten und Denkart des Volkes durch eigne Anschauung möglichst genau kennen zu lernen“. Ludwig Roß (1806-59), Archäologe und Oberkonservator der griechischen Altertümer, später Professor für Archäologie an der neugegründeten Athener Universität, gehörte dabei immer zur Begleitung.
Außer den Reisen Ottos und Amalies enthält das Buch auch eine Beschreibung der Reise Ludwigs von Bayern im Jahre 1836 nach den Kykladen, der Argolis und Korinth. Ludwig finanzierte die Ausgrabung eines Theaters auf Melos und wollte diese besichtigen.
17
Wanderungen in Griechenland im Gefolge des Königs Otto und der Königin Amalie.
Mit besonderer Rücksicht auf Topographie und Geschichte aufgezeichnet von Ludwig Roß. – Neue, wohlfeilere Ausgabe. 2 Bände (in einem Band). – Halle 1851.
K 4361 (aus dem Nachlaß des Lemgoer Schulrektors Brandes)
Am 15. September 1843 wurde nach der sogenannten Septemberrevolution, die aus der absoluten Monarchie in Griechenland eine konstitutionelle machte, wie alle Ausländer auch Ludwig Roß aus dem Staatsdienst entlassen. Er erhielt eine Professur in Halle, wurde aber noch zwei Jahre für wissenschaftliche Arbeiten in Griechenland freigestellt. Dem König Otto stand er weiterhin als Reisebegleiter zur Verfügung.
18
Reisen auf den griechischen Inseln des ägäischen Meeres.
Von Dr. Ludwig Roß. 3 Bände. Stuttgart und Tübingen 1840, 1843 und 1845.
(Reisen und Länderbeschreibungen der älteren und neuesten Zeit. 20. 25. 31)
K 158 (20. 25. 31)
Besonders intensiv widmete Ludwig Roß sich der Erforschung der ägäischen Inseln. Ein Konglomerat einzelner Reiseskizzen, von denen einige zuvor schon in Zeitungen erschienen waren, sind seine Inselreisen, die in drei Bänden 1840, 1843 und 1845 bei Cotta erschienen. Er habe die Form der Reisebeschreibung gewählt, schreibt Roß im Vorwort, „da mir der Vortheil nicht entging, Manches was der strengern Form einer historisch-geographischen Monographie sich nicht bequemt, und was doch vielleicht der Aufzeichnung nicht unwerth ist, unter diesem freiern Gewande mittheilen zu können“.
Roß bemüht sich um Vollständigkeit der Nachrichten über die verschiedenen Inseln: wirtschaftliche, agrarische, kirchliche Verhältnisse, Geographie, Mineralogie, Biologie, Geschichte – besonders auch des Mittelalters – werden berücksichtigt, ebenso Tracht, Hausbau und Sprache der Bewohner. Vorrangiges Interesse haben natürlich die Altertümer. Roß sammelte Inschriften, die er in den Inscriptiones Graecae Ineditae publizierte, kaufte Altertümer und führte Grabungen durch.
19
Hermann Fürst von Pückler-Muskau:
Südöstlicher Bildersaal. 3 Bände. – Stuttgart 1840-1841.
K 279
Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), bekannt als Landschaftsgärtner und amüsanter Reiseschriftsteller, reiste 1836 in Griechenland. Ausgeprägte und ungenierte Subjektivität ist das Kennzeichen seines Südöstlichen Bildersaals, dessen erster Band in Nordafrika handelt und dessen zweiter und dritter Band seine Griechischen Leiden beschreiben. Deshalb gibt sich Pückler auch nicht als Verfasser zu erkennen: er versteckt sich hinter der Figur eines Herrn von Rosenberg.
Im zweiten Kapitel erzählt Pückler von seiner Tour durch Arkadien im Februar 1836. Durch dichten Schnee stieg er vom korinthischen Golf zum Kloster Megaspileon auf, wurde dort eingeschneit und mehrere Tage festgehalten. Das Kloster wird exemplarisch zum Gegenstand von Pücklers antiklerikaler Tendenz: die Mönche sind zerlumpt, Analphabeten, dazu von einer grenzenlosen Trägheit und Liederlichkeit; alles ist kaputt, überall Unrat, Gestank und eine alles durchdringende Feuchtigkeit: „kurz es übersteigt solche mehr als thierische Schweinerei allen Glauben, wie alle menschliche Erlaubniß“.
Schließlich gelingt es, trotz tiefen Schnees zum Styx, dem Eingang zur Unterwelt, vorzudringen: „die Scene war, abgerechnet ihre Klassizität, auch an sich erhaben und prachtvoll“. Eine Schlüsselstelle für Pücklers Griechenlandbild ist sein Resümmee dieses peloponnesischen Abenteuers: „Dem sey indeß, wie ihm wolle, ich kann doch mit Schillers Worten ausrufen: Auch ich bin in Arkadien gewesen! und gewiß werde ich nie in meinem Leben Schnee und Schmutz wiedersehen, ohne Arkadiens fröstelnd zu gedenken“. Gegen jeden schwärmerischen Klassizismus setzt Pückler schroff das deprimierend Trostlose. Und um recht gründlich zu desillusionieren, übersteigert er manches bis ins Groteske. Sein Antiklassizismus ist das Zentrum seines Griechenlandbildes.
In Sparta faßte Pückler den Plan, ein Landgut mit ca. 1000 Morgen im Tal des Eurotas zu erwerben, sich dort anzusiedeln und eine große Gartenanlage zu gestalten. Im Herbst 1836 steckte er die Grenzlinien seines künftigen Besitzes ab, arbeitete einen Plan für den Park aus und fertigte Zeichnungen für einen Wohn-Pyrgos und ihn umgebende Gartenanlagen. Natürlich ist aus den hochfliegenden Plänen später nichts geworden.
Pückler übt scharfe Kritik an der griechischen Regierungspolitik: nur das Überflüssige wird getan, die wesentlichen Bedürfnisse bleiben unberücksichtigt, so wird z.B. eine Akademie der Künste und Wissenschaften gegründet, obwohl das Volk zunächst einmal alphabetisiert werden müßte. Große Ackerlandflächen in Staatsbesitz bleiben unbewirtschaftet und könnten doch an die zahllosen Flüchtlinge verteilt werden. Es werden hohe Steuern eingetrieben, ohne daß das Geld sichtbar sinnvoll verwendet würde. Alles sei in deutschen Beamtengehirnen erdacht und praktisch gar nicht umsetzbar. „Nachlässigkeit, Indifferenz und schläfriger Betrieb“ kennzeichnen die bayerische Verwaltung.
20
Reisen und Forschungen in Griechenland
von Heinrich Nicolaus Ulrichs. Teil 1. – Bremen 1840.
K 783
Der Altphilologe Heinrich Nicolaus Ulrichs (1807-43) kam als Begleiter König Ottos 1833 nach Griechenland und wurde Lateinlehrer am neugegründeten Gymnasium in Aigina, das 1834 nach Athen verlegt wurde. 1837 wurde er Professor für Latein an der Universität Athen und hatte damit ein durchaus „schwieriges“ Fach zu vertreten. Sein Reisebericht aus den Jahren 1837/38 gilt Delphi, dessen Altertümer ausführlich beschrieben werden, und Böotien. Als Otto 1843 gezwungen wurde, alle Ausländer aus dem Staatsdienst zu entlassen, mußte auch Ulrichs seinen Abschied nehmen. Er starb im selben Jahr in Athen am Fieber.
21
Bilder aus Griechenland.
Altes und Neues von Ludwig Steub. Leipzig 1885.
K 789
Ein Zeugnis fortschreitender Desillusionierung des philhellenischen Griechenlandbildes ist das Buch des humoristischen Reiseschriftstellers Ludwig Steub (1812-1888). Dieser war von 1834 bis 1837 als Regentschaftssekretär in Griechenland. 1884 besuchte er Griechenland noch einmal und gab anschließend eine überarbeitete Fassung seiner 1841 zuerst erschienenen Reisebeschreibung heraus. Sie wurde sogar ins Griechische übersetzt.
Die Reisebeschreibung schildert die Heimreise Steubs 1837, die Strecke von Athen bis Korfu. Die tatsächliche Reiseroute ist aber nur Vorlage für eine weitgehend fiktionale Erzählung. Zwei frei erfundene Kapitel über Das Banket in Corinth lassen den Erzähler auf weitere Heimreisende treffen: den Schreiber Schlafmütius, den Regentschaftssekretär Zöpfelmaier und den Aufschneider Dr. Rittersporn. Hinzu kommt ein vierter Fremder, Herr Fasel, der gerade neu nach Griechenland kommt mit der Einstellung: „Mein Glück soll nicht durch dieses Land, sondern vielmehr das Glück dieses Landes durch mich gemacht werden“. Es kommt zu einer abstrusen Unterhaltung, in der die bayerischen Bürokraten sich immer mehr als bornierte Ignoranten entlarven.
Von klassizistischen Reminiszenzen unbelastet zeichnet Steub eine Vielzahl lebendiger Charaktere und Episoden des täglichen Lebens. Dabei entsteht ein sehr positives Bild von den Griechen als unverbildetem und aufgeschlossenem Volk.
22
Mittheilungen über Griechenland.
Von Christian August Brandis. 3 Bände. – Leipzig 1842.
G 273
Der Bonner Philosophieprofessor Christian August Brandis (1790-1867) kam 1837 als Kabinettsrat König Ottos nach Griechenland. Ergebnis seines zweijährigen Aufenthalts waren seine dreibändigen Mitteilungen über Griechenland. Im ersten Band versammelt er Reiseskizzen, berichtet von seinen Touren in Attika, der Argolis, einer Inselfahrt auf die Kykladen 1838 und der Reise mit dem griechischen Königspaar nach Nordgriechenland 1839. Der zweite Band ist eine historische Abhandlung zur Geschichte des griechischen Befreiungskrieges 1820-1827, der dritte Band enthält Blicke auf die gegenwärtigen Zustände des Königreiches, vornehmlich auf die neugriechische Literatur.